„Ich habe mich gefragt, was ich jetzt noch tun kann“, erzählt Rebecca Wolf, die selbst oft vor Ort war. Und dann fing die Koblenzerin an zu schreiben.
Innerhalb weniger Wochen haben sie und ihre Freundin Caren Gewitsch ein Kinderbuch über die Flut erstellt. Wolf hat dieses geschrieben und illustriert, Grafikdesignern Gewitsch sich um die Bearbeitung der Bilder und das Layout gekümmert. 3000 Exemplare werden zurzeit vor allem über Schulen und Kitas kostenlos an betroffene Kinder verteilt sowie zugunsten der Hochwasserhilfe des Serviceklubs Round Table verkauft.
Dass sie etwas tun will, war Rebekka Wolf direkt klar, als das Wasser im Juli die Lebensgrundlage Tausender Menschen mit sich riss. Sie selbst stammt aus der Eifel, allein ihre drei Schwestern, ihre Eltern und Schwiegereltern leben hier. Eine gute Freundin wohnt darüber hinaus in Bad Neuenahr – und sie alle sind in irgendeiner Weise von dem Unglück betroffen, vom vollgelaufenen Keller bis zum Haus, das für Monate unbewohnbar war.
Einen wichtigen Anstoß für das Buchprojekt hat auch ihre Arbeit gegeben. Die Grundschule in Metternich, an der Wolf unterrichtet, arbeitet mit der Grundschule in Ahrweiler zusammen – und als Adventskalender für die Klassen an der Ahr bestückt wurden, fiel der Lehrerin auf, dass es gar keine Bücher über das Unglück gibt, die sich an Kinder richten.
Ich habe gedacht: Es müsste doch etwas geben, das Kindern hilft, das Erlebte zu verarbeiten, und das ihnen Raum gibt, um darüber zu sprechen und Fragen zu stellen“, sagt Wolf. Kindern sollte ermöglicht werden, einen Zugang zu den Geschehnissen zu bekommen, was für viele schwierig ist, sagt sie.
Und so fing Wolf in der Halloweennacht Ende Oktober an, die Geschichte der kleinen Ente Emma aufzuschreiben, die die Flutnacht und die Geschehnisse danach miterlebt. Auch Erklärungen sowie Platz für eigene Gedanken, Erinnerungen und Wünsche sollten Raum finden. Während ihre Kinder einen Disneyfilm schauten, hat sie also losgelegt, „und ich habe geschrieben, geschrieben, geschrieben“ – bis morgens um 3 Uhr.
Eigentlich sollte gar kein Buch dabei herauskommen, „die Idee war, ein Heftchen für Kinder aus dem Freundeskreis und der Familie zu machen, vielleicht noch für die Kinder aus der Grundschule Ahrweiler“. Am nächsten Morgen schickte sie ihre Geschichte aber an ihre Freundin in Bad Neuenahr „und die war völlig überwältigt“.
Dann ging alles ganz schnell: Wolf machte die Zeichnungen für das Buch, doch ein Verlag teilte ihr schnell mit, dass ein Buch auf keinen Fall schon vor Weihnachten erscheinen kann. Das wollte die Koblenzerin aber unbedingt, und so machte sie zusammen mit Caren Gewitsch selbst aus dem Manuskript eine druckfertige Datei und brachte das Buch kurzerhand in Eigenregie heraus.
Gedruckt wurde dieses letztlich in einer Auflage von 3500: 3000 davon werden gespendet, 500 sind die selbst bezahlte Reserve der beiden Koblenzerinnen. Möglich wurde dies über eine Fundraising-Aktion, die kurzfristig im Internet gestartet wurde. „Das erste Spendenziel waren 2000 Euro, die gesammelt werden sollten, und die haben wir nach einer Nacht erreicht“, erzählt Wolf. „Die Sache explodierte einfach.“
Letztlich kamen 6700 Euro auf diesem Wege zusammen, außerdem zahlte ein Verein aus der Nähe von Gelsenkirchen allein den Druck von 1000 Exemplaren. 2700 Bücher haben mittlerweile vor allem Kitas und Grundschulen für „ihre“ Kinder bestellt, 1255 wurden schon an 37 Einrichtungen verteilt.
Für die Hilfsaktion des Round Table, für den die verbleibenden Bücher über den rasch gemachten eigenen Onlineshop verkauft werden, sind bereits Spenden in Höhe von 2331 Euro zusammengekommen.
Wie die Bücher an die Kinder gehen, wird dabei ganz unterschiedlich gehandhabt. Manche Schulen geben diese an jeden Schüler aus, manche behandeln das Thema im Unterricht, Kitas verkaufen diese über ihren Förderverein und stecken den Erlös in die eigene Einrichtung, ein Traumazentrum setzt diese ein, Arztpraxen haben sie bereits bestellt, in einer Gaststätte konnten Familien die Bücher abholen und, und, und.
Dabei müssen die Koblenzerinnen kreativ werden: Mittlerweile gibt es nicht mehr genügend Exemplare für jedes Kind an einer Schule, aber dann geht eben eins an jede Klasse und wird dort gemeinsam gelesen.
Wenn die laufende Spendenaktion „hoffentlich bis Weihnachten“ abgeschlossen ist, atmen die beiden berufstätigen Mütter auf. „Wir überlegen aber schon, mehr Exemplare drucken zu lassen“, sagt Rebekka Wolf, Spendenangebote gibt es bereits. Und um den Wiederaufbau könnte sich Teil zwei des Buches drehen. Dann würde es darum gehen, „wie Emma wieder ein schönes Zuhause kriegt“.
Auf der Webseite www.kinderbuch-fluthilfe.de kann man das Buch für 12,95 Euro bestellen. Wegen Spendenexemplaren können sich Schulen und andere Einrichtungen über das Kontaktformular auf der Seite melden.