Junger Unternehmer aus Lay
Koblenzer will die Luft in Klassenräumen verbessern
Lukas Baus.
Doris Schneider

In der Corona-Zeit saßen Schüler in dicken Jacken in Klassenräumen, die Fenster sperrangelweit offen. Doch das ist lang vorbei, die CO2-Belastung ist wieder enorm hoch, sagt der Koblenzer Chemiker Lukas Baus. Er hat eine Lösung – doch die kostet.

Lukas Baus zeigt an seinem Laptop Kurven, wie die CO2-Belastung in einem normalen Klassenraum rapide steigt, wenn Schüler den Raum betreten. Wie sie enorm hochgeht, je länger der Schulvormittag andauert. Und wie dabei Spitzenwerte erreicht werden, die das Messgerät gar nicht mehr erfasst. Da kann man auch als Nicht-Fachmensch erkennen: Das ist blöd.

Nicht gut für die Konzentration, nicht gut fürs Lernen, auch nicht gut für die Gesundheit. „Es gibt Lösungen dafür“, sagt der 31-Jährige, „und die müssen auch nicht wahnsinnig teuer sein, um die Luft dennoch schon enorm zu verbessern.“ Nicht wahnsinnig teuer – aber doch oftmals zu teuer für die klammen Kommunen, die in der Regel die Träger von Schulen sind.

Die Kurven zeigen: Die Luft wird schnell schlecht.
Doris Schneider

Beim Gespräch in einem Café in Koblenz berichtet der Layer, wie die Luftreinheit im Klassenraum so etwas wie seine Mission wurde. Das Thema Gebäude-Abluft interessierte ihn nach seinem Chemiestudium ohnehin sehr, und auch wenn es derzeit (noch) nicht energetisch sinnvoll ist, das CO2 daraus nutzbar zu machen, verfolgte er das Thema weiter. „Wir Menschen produzieren ja auch enorm viel CO2, etwa ein Kilo pro Person und Tag“, sagt Lukas Baus, „das ist so etwas wie unser Abgas.“

In diesem Zusammenhang machten er und seine Kollegen von der Wirtschafts-Hochschule Köln, bei der er beschäftigt war, Luftmessungen in Gebäuden des Bundes-Umweltministeriums, aber auch bei der Debeka – und in Schulen. „Und es ist wirklich erschreckend, dass ausgerechnet die Schulen stark belastet sind“, sagt Baus. Während der Corona-Zeit wurde fleißig gelüftet, viele Schulen hatten CO2-Ampeln, die es anmahnten. Klausuren wurden in Winterjacken geschrieben – aber das ist lang vorbei.

„Niemals würde man in einem Büro arbeiten, in dem 30 Kollegen auf 70 Quadratmetern zusammensitzen.“
Lukas Baus

Dazu kommt, so Baus, der selbst sein Abitur am Max-von-Laue-Gymnasium abgelegt hat: Fensterlüftung stößt bei einem Raum wie einem Klassenzimmer an Grenzen. „Niemals würde man in einem Büro arbeiten, in dem 30 Kollegen auf 70 Quadratmetern zusammensitzen“, sagt er, „in einem normalen Klassenraum ist das aber genau so.“

Und so zeigt auch die Messung in einer Schule in der Nähe von Aachen: Die CO2-Belastung steigt in dem Moment enorm an, in dem die Kinder oder Jugendlichen den Raum betreten, geht in einer Fünf-Minuten-Pause leicht herunter, erreicht dann gegen 10, halb 11 Uhr Spitzen mit Werten über 5000 ppm (parts per million; Anteile pro Million: Das ist die Einheit, in der CO2 üblicherweise angegeben wird). Bis 1000 ppm werden in der Forschung in der Regel als recht gute Raumluft angesehen, 2000 eigentlich schon als inakzeptabel. Die sind aber in einem Klassenzimmer bereits um kurz nach 8 Uhr überschritten. Und zu CO2 kommen bei Fensterlüftung außerdem noch Schadstoffe wie Partikel, Stickoxide und Pollen sowie Lärm in den Raum. Gleichzeitig geht wertvolle Wärmeenergie oder angenehme Kühle verloren.

Krankenstand an Schulen und Kitas ist enorm hoch

„Natürlich macht sich das bemerkbar“, sagt Lukas Baus. Kein Wunder, wenn die Schülerinnen und Schüler in der fünften oder sechsten Stunde sich nicht mehr konzentrieren können. Kein Wunder, wenn es nach einer Doppelstunde Sport nach Schweiß und zehn verschiedenen Deos riecht und entsprechende Partikel in der Luft sind. Kein Wunder auch, wenn der Krankenstand bei Lehrkräften enorm hoch ist. Bei Kitakräften ist er noch höher.

Was Baus und seine Kollegen von der kleinen Firma Appeal Engineering anbieten, sind passgenaue Lösungen für Klassenräume oder Kitas, beschreibt er. „Denn jeder Raum ist anders.“ Es kommt auf das Gebäude selbst an, auf die Lage im Gebäude und vieles mehr. Die Luft im Raum wird eine Woche lang gemessen, daraus werden möglichst kosteneffiziente Lüftungskonzepte entwickelt. Mit einer Herstellerfima arbeitet das kleine Unternehmen zusammen, ebenso mit einer Firma, die die Geräte einbaut. „Fensterlüftung ist danach keinesfalls verboten“, sagt Lukas Baus. Tatsächlich seien die Lüftungsgeräte aber viel effektiver, als wenn man das Fenster öffnet.

Es ist schwer, weil die Kommunen kein Geld haben

Knapp 10.000 Euro kosten die Untersuchung und Umrüstung eines Klassenraums – enorm viel Geld für Schulen und die klammen Kommunen, die in der Regel die Schulträger sind, weiß Baus. Volkswirtschaftlich gesehen rechne sich dies aber, wenn man die Kosten des Krankenstands von Lehrern oder Erziehern dagegen rechne, ist er überzeugt. Und die Lösungen seien erheblich besser als zentrale Lüftungen, die nun in verschiedenen Schulen nachgerüstet werden – „bei Neubau ist das eine super Lösung“, sagt Baus, bei Altbauten sei dies aber nicht unbedingt der Fall.

Doch immer wieder stößt das junge Unternehmen, das Baus gemeinsam mit Sascha Nehr gegründet hat und dessen Operativer Vertriebsleiter er ist, an Grenzen. „Manchmal kommt man sich vor wie ein Vorwerk-Vetreter“, sagt er und lächelt ein wenig gequält. Denn die, die er von seiner Sache überzeugen will, haben in der Regel kein Geld. Und zwar auf Jahre nicht. „Dabei ist das volkswirtschaftlich gesehen viel sinnvoller, Geld in Lüftung zu investieren als Fehltage von Lehrern oder Kita-Personal zu akzeptieren und nebenbei die Straße zu heizen“, ist der 31-Jährige überzeugt.

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