WGS hatte beantragt, dass Frauen in Koblenzer Schwimmbädern kein Bikinioberteil tragen müssen
Koblenzer Rat entscheidet: Oben ohne bleibt in den Schwimmbädern tabu
Ohne Bikinioberteil schwimmen, bleibt für Frauen in den Koblenzer Schwimmbädern verboten. Die WGS-Fraktion hatte beantragt, das zu ändern.
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Auch in Zukunft müssen Mädchen und Frauen einen Bikini, einen Badeanzug oder etwas Ähnliches tragen, wenn sie in Koblenzer Schwimmbädern ins Wasser gehen. In jedem Fall: ihre Brüste bedecken.

Viele Frauen dürften mit einem Schulterzucken darauf reagieren, auf die Idee, oben ohne in ein öffentliches Schwimmbecken zu steigen, kommen wohl die wenigsten. Und doch ist die Entscheidung, die der Stadtrat am Donnerstag getroffen hat, interessant – denn dabei ging es (auch) um Gleichberechtigung.

Diese war der vorrangige Grund für seinen Antrag, betonte Torsten Schupp (WGS): Für ihn ist es ein Verstoß gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau, wenn Männer mit freiem Oberkörper schwimmen gehen dürfen, Frauen aber nicht.

Er findet es nicht mehr zeitgemäß, dass solche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht werden. Auf der Liegewiese im Freibad Oberwerth sei es schon jetzt möglich, oben ohne zu sein. Und eine Pflicht soll es natürlich nicht geben, jede Frau entscheide für sich selbst. „Es soll nur denen ermöglicht werden, die gern oben ohne schwimmen wollen“, so Schupp.

Bürgermeisterin Ulrike Mohrs war aus Gründen der Gleichberechtigung erst einmal für dieses Ansinnen, gab aber auch zu bedenken, dass das Schamgefühl der Mehrheit der Besucher verletzt werden könnte. Aus diesem Grund empfahl die Stadt, den Antrag abzulehnen – bis jetzt sei auch kein Interesse zu erkennen gewesen, dass einige Frauen oben ohne schwimmen gehen wollen.

„Vielleicht sind Sie zu verklemmt, um über dieses Thema zu diskutieren.“

Torsten Schupp (WGS) zu den kichernden Koblenzer Ratsmitgliedern

Im Stadtrat sorgte der Antrag jedenfalls vor allem für Gekicher, ein verärgerter Torsten Schupp mutmaßte: „Vielleicht sind Sie zu verklemmt, um über dieses Thema zu diskutieren.“ Diskutiert wurde aber letztlich ohnehin nicht über den Antrag.

Laura Martín Martorell (Grüne) sagte, dass es bei der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau andere Themen gibt, die viel wichtiger seien und diskutiert werden müssten, etwa die ungleiche Bezahlung, Unterrepräsentanz in Führungspositionen und Gewalt gegen Frauen. Es sei widerlich, über Frauenkörper zu diskutieren, und der WGS gehe es ohnehin nur um Schlagzeilen.

„Es geht auch nicht darum, wer prüde und wer emanzipiert ist, wir sollten nicht auf dieses Niveau begeben“, so Martín Martorell. Bei der Abstimmung über den Antrag stimmte dann auch eine große Mehrheit dagegen, die Haus- und Bäderordnung der Stadt so zu ändern, dass Frauen auch oben ohne schwimmen gehen können.

Hintergrund: Seit Anfang Mai dürfen Frauen in Göttingen in einer Testphase ohne Bikinioberteil in städtische Schwimmbäder – allerdings nur am Wochenende. Die Stadt Siegen folgte dem Beispiel, der Stadtrat erlaubte das Oben-ohne-Schwimmen in fünf städtischen Bädern, und vor gut einer Woche zog Freiburg nach.

Noch im Juni 2021 hatten die unbedeckten Brüste einer Frau in einem öffentlichen Park in Berlin einen Polizeieinsatz ausgelöst, was eine deutschlandweite Diskussion anstieß. In Göttingen wurde im Frühjahr eine non-binäre Person aus dem Schwimmbad verwiesen, weil sie mit unbedeckten Brüsten schwimmen wollte. Später wurde die Badeordnung hier entsprechend angepasst.

Umfrage im Freibad Oberwerth: So stehen Bürger zu der Oben-ohne-Idee

Auch im Freibad Oberwerth hätte es bald soweit sein können, dass Frauen oben ohne schwimmen gehen dürfen. Auch wenn der Antrag dazu gescheitert ist, wollten wir mit einer Umfrage unter Besuchern des Freibads ein Stimmungsbild einfangen. Befragt haben wir vor allem Frauen, aber auch Männer in unterschiedlichen Altersklassen.

Der Großteil der Befragten zeigte sich positiv oder neutral dem Antrag gegenüber. „Wenn Männer ihre Nippel zeigen dürfen, sollen Frauen das auch können“, findet Mareike, 30. Wer sich frei ausleben will, soll das machen, findet die Mehrheit.

„Am Strand laufen Frauen schließlich auch schon oberkörperfrei rum, warum also sollten sie im Freibad nicht auch die Möglichkeit haben?“, hinterfragt Caro, 19. Die Beseitigung der Einschränkung wäre für viele auch ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung gewesen. „Lasst die Brüste frei!“, sagt Sina, 37, überzeugt.

Persönlich würden die meisten von einer solchen Lockerung aber nicht Gebrauch machen wollen. „Jedem das seine, aber persönlich würde ich das nicht machen wollen“, betont Jana, 21. Der Grund dafür: Viele fühlen sich mit einem Badeoberteil einfach wohler.

Doch auch Belästigung und Sexualisierung vor allem durch Männer lassen manche vor der Idee zurückschrecken. Frauen könnten heimlich fotografiert werden, gibt die 19-jährige Katharina zu bedenken. Außerdem wird Nacktheit von vielen als störend empfunden, und auch andere könnten sich durch nackte Brüste belästigt fühlen.

Manche sind aber auch prinzipiell gegen eine Lockerung in öffentlichen Bädern. Mehrfach wird angemerkt, dass es dafür schon FKK-Bereiche und Saunas gibt. Da sei man unter „Gleichgesinnten“, die wissen, was auf sie zukommt, findet Michael, 60. Und Carla, 55, ergänzt, dass es in öffentlichen Schwimmbädern ein breites gesellschaftliches Spektrum gibt, in dem nicht alle die gleichen Werte und Normen teilen.

Es herrscht bei einigen Befragten auch eine gewisse Besorgnis darüber, wie Kinder die Nacktheit aufnehmen könnten. Auch hier würde ein FKK-Bereich mit Alterbegrenzung schützen. Diesen könnte man bei großer Nachfrage auch weiter ausbauen, schlägt Sophie, 19, vor und fügt hinzu, dass so auch alle anderen ungestört ihren Freibadaufenthalt genießen könnten.

Clara Libovsky

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