Von unserem Redakteur Hartmut Wagner
Sie nannten sich Michael Schwanz oder Lena Lust, sie hatten kein Geld – aber gingen groß einkaufen: Der Koblenzer (34) und seine Frau (30) bestellten bei Telefonica, 1&1 und Kabel Deutschland für rund 100 000 Euro Computer, Videorekorder und rund 150 Handys. Nur bezahlt haben sie nicht. Jetzt hat das Ehepaar vor dem Landgericht Koblenz zugegeben: Wir hatten nie vor, die Geräte zu bezahlen. Wir lebten von den Betrugstaten.
Kaum zu glauben: Der Mann hatte eine Vorliebe für das Handy Samsung Galaxy, bestellte oft drei oder vier auf einmal. Doch im Prozess erklärte er: „Ich kann gar nicht telefonieren. Ich mag das nicht.“ Telefonate – dafür sei seine Frau zuständig. Der 34-Jährige machte nie einen Schulabschluss, nie eine Ausbildung. Er hat einen Sohn und eine Tochter, weiß aber nicht, wo sie leben. Er hat keinen Kontakt zu seinen Eltern, ebenso zu seinen Geschwistern. Er war zeitweise Hilfsarbeiter, meist aber arbeitslos. Er musste von etwas leben, brachte es jedoch nie auf die Reihe, Hartz IV zu beantragen. Also startete er eine Karriere als Betrüger.
Der Mann und seine Frau verübten laut Anklage von 2007 bis 2012 106 Betrugstaten. Ihre Masche war immer die gleiche: Sie bestellten im Internet unzählige Elektronikgeräte, einige behielten sie oder verschenkten sie an Freunde. Die meisten verhökerten sie über das Auktionshaus Ebay, ein neues 700-Euro-Handy für 350 Euro. Sie orderten die Geräte bei verschiedenen Unternehmen, damit ihre „Geschäftsidee“ nicht so schnell aufflog. Und sie bestellten unter falschem Namen, änderten regelmäßig das Schild an ihrer Wohnungstür, damit der Postbote die Lieferung zustellen konnte. Später, wenn die Unternehmen Mahnungen schickten, waren diese meist nicht zustellbar. Denn das Paar hatte sein Türschild längst wieder getauscht.
Zu Prozessbeginn legen der Mann und die Frau ein Geständnis ab. Aber sie zeigen weder Reue noch Unrechtsbewusstsein. Als die 30-Jährige von ihren Taten erzählt, lümmelt sie in ihrem Stuhl, kichert vor sich hin. Bis ihr die Vorsitzende Richterin Monika Fay-Thiemann die Leviten liest: „Das ist hier kein nettes Gespräch bei Kaffee und Kuchen!“ Doch das Paar lässt sich seine gute Laune nicht vermiesen. In einer Prozesspause fallen sich beide um den Hals, küssen sich ausgiebig.
Die Angeklagten hauten nicht nur Elektronikkonzerne übers Ohr, sondern nach eigener Aussage auch ihre Vermieter. Sie wohnten in Urbar, in Weitersburg und Koblenz – aber bezahlten nie ihre Miete. Wenn der Streit mit dem Vermieter eskalierte, suchten sie sich einfach eine neue Wohnung. Sie zahlten auch nie eine Telefonrechnung. Sie telefonierten, bis die Gebühren vierstellig wurden, die Mahnungen immer zahlreicher – dann beantragten sie unter falschem Namen einen neuen Telefonanschluss.
Im Prozess zeigte sich: Nicht nur die Angeklagten lebten von Betrügereien – möglicherweise auch einige ihrer Angehörigen. Als die Richterin diesen Verdacht ansprach, zog es die Angeklagte vor, zu schweigen. Wir werden weiter über den Prozess berichten.