„Oh, happy day“ oder „We shall overcome“ anstatt Durchsagen wie „Auf Gleis drei erhält jetzt Einfahrt der verspätete Intercity“ – 45 Minuten lang verwandelte der Gospelchor der evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Mitte die Vorhalle des Koblenzer Hauptbahnhofs in einen Konzertsaal. Und unter den Reisenden fanden sich recht schnell zahlreiche Zuhörer – selbst Fußballfans, die auf dem Weg nach Mainz waren, vergaßen kurzzeitig das runde Leder und lauschten den 45 Sängern.
Gewöhnlich treten diese in der Christus- oder in der Florinskirche auf, aber die Akustik in dem in wilhelminischer Zeit gebauten Bahnhofsgebäude war ähnlich wie in den Sakralgebäuden sehr gut. „Die Deutsche Bahn hat uns anlässlich des Gospeltags zu diesem Konzert eingeladen. Und wir haben diese Einladung gern angenommen, denn es ist hier ein ganz besonderes Ambiente“, sagte Christian Tegel, Leiter des Gospelchors.
Das Repertoire des 45-minütigen Konzertes umfasste sowohl sehr schwungvolle, mitreißende Lieder wie „Give me that old time religion“ oder das eher pathetische „You are holy“. Bei den rund 50 Zuhörern, die sicher nicht mit der Intention, ein Konzert zu erleben, den Bahnhof betreten hatten, kam der Gospelmix sehr gut an. „Ist doch eine klasse Aktion, so merkt man kaum die Wartezeit am Bahnhof“, sagte ein 55-Jähriger, der nach Trier unterwegs war.
Und auch den Sängern hat die Aktion viel Spaß gemacht. „Singen befreit einfach die Seele, es macht glücklich. Und die Reisenden hier auf dem Bahnhof waren ein sehr freundliches Publikum, das auch mitgemacht hat“, sagt Ursula Reiners-Franz vom Gospelchor. Insgesamt gaben am Gospeltag in mehr als 250 Orten in Deutschland Chöre ein ganz spontanes Konzert – auf Bahnhöfen, in Einkaufszentren oder vor historischen Monumenten wie dem Brandenburger Tor.
Peter Karges