Schule will Profil ändern
Koblenzer Görres-Gymnasium vor der Existenzfrage
Das Koblenzer Görres-Gymnasium soll zu einem neusprachlichen Gymnasium werden.
Doris Schneider

Das Koblenzer Görres-Gymnasium soll zu einem neusprachlichen Gymnasium werden. Das wollen 70 Prozent der Schulgesamtkonferenz, Stadtverwaltung und die Mehrheit der Politik. Das Argument: Bleibt die Schule altsprachlich, ist ihre Existenz gefährdet.

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Die finale Entscheidung wird der Koblenzer Stadtrat wohl in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag, 26. Juni, treffen (Beginn: 15 Uhr, Historischer Rathaussaal). Bereits jetzt zeichnet sich eine längere Debatte ab in der Frage, ob das Görres-Gymnasium vom altsprachlichen zum neusprachlichen Gymnasium werden soll. Die Befürworter dieses Schritts sehen sonst die Existenz der altehrwürdigen Einrichtung gefährdet.

Der Grund sind die seit mehr als zehn Jahren sinkenden Anmeldezahlen. Im aktuellen Abijahrgang sind nur noch 34 Schüler. Hauptursache dafür, so vermutet es auch Schulleiterin Ute Mittelberg, ist die verpflichtende dritte Fremdsprache, die von der achten bis zur zehnten Klasse ein versetzungsrelevantes Hauptfach ist. In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erläuterte Mittelberg erneut ihre Sicht und die der meisten Kollegen und Eltern auf die Dinge.

Das Görres-Gymnasium gibt es seit rund 450 Jahren.
Doris Schneider

Für die Zukunft hat eine 20-köpfige Arbeitsgruppe aus Lehrern, Elternvertretern und Schülern nun folgendes Modell entwickelt: Demnach soll es bereits für das Schuljahr 2026/27 ein zweigliedriges System geben. Ein Zweig fängt mit Englisch als erster Fremdsprache ab der fünften Klasse an, gefolgt von Latein oder Französisch ab der sechsten. Und ein anderer beginnt – wie bisher – mit Latein ab der fünften Klasse und zusätzlich mit Englisch. In beiden Zweigen wäre die dritte Fremdsprache, sei es Altgriechisch oder Französisch, nicht mehr obligatorisch, weshalb das Görres seinen Status als altsprachliches Gymnasium verlieren würde.

Der Stadtrat muss nun entscheiden, ob die Verwaltung beauftragt wird, beim Mainzer Bildungsministerium einen Antrag auf eine Profiländerung des Görres-Gymnasiums zu stellen. Dafür zeichnet sich eine Mehrheit ab, auch wenn es im Hauptausschuss keine Beschlussempfehlung gab. Die CDU sieht noch weiteren Beratungs- und Klärungsbedarf.

Das sagen die Vertreter der Fraktionen

Die Frage, die über diesem Beschluss schwebt, stellte Stephan Wefelscheid (Freie Wähler): „Wenn wir es nicht machen, wann geht dann das Licht aus?“ Dazu erläuterte Kultur- und Bildungsdezernent Ingo Schneider (SPD): „Wir erleben eine sehr unsichere Lage für die Zukunft. Die jetzigen Klassen 7 und 9 laufen Gefahr, von drei auf zwei zusammengelegt werden.“

Das hätte vielfältige Auswirkungen: Auf die Lehrer, weil nicht mehr alle benötigt und einige abgezogen würden. Auf die Oberstufe: Je weniger Schüler, desto weniger Kurse, desto stärker ist der Stundenplan auseinandergezogen. Und es könnten weniger Fächerkombinationen in der Oberstufe angeboten werden. An den Schülerzahlen würden neben den Lehrerzahlen auch die Raumgrößen hängen. Bei diesen Voraussetzungen beziehungsweise dieser Abwärtsspirale würden sich Eltern dreimal überlegen, ob sie ihr Kind dort anmelden würden.

„Ich sehe auch nicht den geringsten Grund, gegen ein 70-Prozent-Votum anzugehen.“
Kultur- und Bildungsdezernent Ingo Schneider

Schneider machte klar: „Wenn wir die Schule zukunftssicher machen wollen, müssen wir auf diese Tendenzen reagieren. Wir brauchen diesen gymnasialen Platz auf jeden Fall in Koblenz. Ich sehe auch nicht den geringsten Grund, gegen ein 70-Prozent-Votum anzugehen.“

Gegen eine Veränderung sprach sich zu Beginn der Debatte zunächst vor allem Joachim Paul (AfD) aus: „Im altsprachlichen Zweig sind Klassen nie voll. Wer antike Sprachen lernt, lernt zu denken. Ich verstehe den Grund nicht, umsatteln zu wollen.“

Er fragte: „Kann man nicht etwas mehr Werbung machen? Ist das nicht ein Einstieg in den Ausstieg?“ Dazu sagte Mittelberg: „Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Aber wir hatten 2024 sechs Infoveranstaltungen, und es haben sich nur 60 Kinder angemeldet.“ Der Ertrag sei zu gering, und das seit mehr als zehn Jahren. Die Schülerschaft sei heute „ganz heterogen. Das ist eine Riesenherausforderung.“

Marion Lipinski-Naumann (SPD) sagte: „Manche Leute wollen keine Veränderung und sind dann überrascht, dass der Fortschritt nicht kommt.“ Früher habe man mit Latein viele Begriffe verstehen können, etwa bei ihrer Bankausbildung. Das sei heute keineswegs mehr der Fall.

Kim Theisen (Grüne) meinte: „Es ist sehr deutlich geworden, warum die Entscheidung notwendig ist. Wir finden es erfreulich, dass an Latein festgehalten wird.“ Es sei ein demokratischer Prozess gewesen, und es sei „sehr schwierig, sich dem entgegenzustellen“. Stephan Otto (CDU) sagte: „Es zeigt, wie schwierig die Beurteilung insgesamt ist.“

Schulleiterin Mittelberg betonte abschließend: „Latein-Unterricht fällt vielen Schülern sehr schwer. Ich unterrichte selbst Latein.“ Die Anforderungen blieben gleich: „Latein light geht nicht.“

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