Menschen im Alter ab 65 Jahren leben häufiger allein und haben unter den Einpersonenhaushalten im Schnitt am meisten Wohnraum zur Verfügung (pro Kopf 82,9 Quadratmeter in 2022). Das geht aus dem Sozialbericht 2024 der Bundeszentrale für politische Bildung hervor. In Koblenz beschäftigte den Stadtrat dieses Thema. „Viele ältere Menschen leben in Wohnungen oder Häusern, die für ihre aktuellen Bedürfnisse zu groß sind“, heißt es in einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, Freien Wählern und Die Linke-Partei. Das Problem daran aus Sicht der Fraktionen: Vorhandener Wohnraum wird nicht optimal genutzt.
Die Parteien schlagen deshalb vor, zu prüfen, ob die Verwaltung in Koblenz eine Wohnraumbörse für ältere Menschen einrichten kann. „Ziel ist es, älteren Menschen, die bereit sind, sich zugunsten von Familien zu verkleinern, entsprechende Angebote zu unterbreiten.“
Hilfe beim Verkleinern
Anna Köbberling (SPD) begründete die Idee der Wohnraumbörse im Stadtrat wie folgt: „Ich glaube, jeder von uns kennt mindestens eine Person, die ein bisschen älter ist und eigentlich in einem zu großen Haus wohnt. Und eigentlich ist schon der Wunsch da, anders zu wohnen: kleiner, einfacher.“ Doch auf dem Weg dorthin gebe es einige Hindernisse: „Wie finde ich denn eine kleinere Wohnung? Das ist ja bekanntermaßen in Koblenz ein großes Problem.“ Außerdem stelle es gerade ältere Menschen vor eine große Herausforderung umzuziehen, sich zu verkleinern, zu entrümpeln. Eine Wohnraumbörse könnte bei alldem helfen, glaubt Köbberling.
Als Beispiel nennt die Landtagsabgeordnete der SPD das Projekt „Zuhause in Mainz“. Die Mainzer Wohnbau GmbH hat mit Partnern Wohnprojekte umgesetzt, die vor allem älteren Menschen lebensphasenorientiertes Wohnen ermöglicht. Senioren finden hier etwa barrierefreie Wohnungen und Gemeinschaft in einem Nachbarschaftscafé.
Wohnraum soll bedarfsgerecht verteilt werden
Ob solch ein Projekt so oder so ähnlich auch in Koblenz möglich ist, soll die Verwaltung aus Sicht der Antragsteller prüfen. „Dabei sollte geprüft werden, ob den Betroffenen die Übernahme des Umzugs inklusive Entrümpelung durch professionelle Kräfte angeboten werden kann. Die Übernahme dieser Einmal-Kosten sind gut investiert, wenn dadurch langfristig insgesamt weniger Neubauten entstehen müssen, sondern vorhandener Wohnraum bedarfsgerecht genutzt wird“, heißt es im Antrag.
Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU) sagte zu dem Vorschlag, innerhalb der Koblenzer Wohnbau GmbH habe man bereits einen Blick darauf, dass der Wohnraum zur Anzahl der Menschen, die dort leben, passt. Hier versuche man, über Gespräche den Bedarf zu optimieren. Zur Idee der Wohnraumbörse ergänzte Mohrs: Die Börse verstehe die Verwaltung sowohl für Menschen in Mietwohnungen als auch für Menschen in Eigentumswohnungen als hilfreiche Anlaufstelle.
Sie könne ein Raum sein, in dem Menschen miteinander in den Austausch kommen, um jeweils für ihre Situation bessere Lösungen zu finden. Zum Beispiel eine Seniorin, die nicht mehr in ihrem Haus allein wohnen will, könnte über die Börse bei der Suche nach einer kleineren Wohnung unterstützt werden und gleichzeitig eine Familie finden, die ihr Haus übernimmt.
Zweifel an der Umsetzbarkeit
Mohrs betonte, natürlich sei es letztlich eine Frage der Freiwilligkeit, ob sich ein Mensch an ein solches Angebot wenden würde. Der Vorschlag des Antrags soll nun verwaltungsintern diskutiert werden: „Den Prüfauftrag nehmen wir gerne an“, sagte Mohrs.
Kritisch auf eine Wohnraumbörse sah derweil Christoph Schöll, FDP-Ratsmitglied und Vorsitzender des Vereins Haus und Grund Koblenz, der sich für private Immobilieneigentümer einsetzt. Er sehe „mannigfache rechtliche Probleme“ in der Umsetzung. „Den freien Markt kriegen Sie damit nicht erfasst, weil es viel zu kompliziert ist.“ Bei möglichen Wohnungstauschen müsste dann mit zwei Vermietern gesprochen werden. Sinnhaft hält Schöll eine Wohnraumbörse höchstens innerhalb einer Wohnungsbaugesellschaft.