Vorläufige Insolvenzverwaltung
Koblenzer Clemens-Carré in Schieflage
Die ehemalige Oberpostdirektion am Koblenzer Clemensplatz: In dem Gebäude und in einem Neubau daneben will ein Investor schon länger mehr als 80 Eigentumswohnungen errichten.
Matthias Kolk

Beste Koblenzer Innenstadtlage, exklusives Wohnambiente, imposante Pläne: Doch beim Clemens-Carré hakt es schon lange. Jetzt ist ein Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der Projektgesellschaft eröffnet worden – von möglichen Wohnungs-Käufern.

Viele Koblenzer kennen das denkmalgeschützte Gebäude am Clemensplatz als ehemalige Oberpostdirektion. Ein Investor will darin und in einem angrenzenden Neubau schon seit mehreren Jahren mehr als 80 exklusive Eigentumswohnungen errichten lassen. Doch die Pläne sind schon länger ins Stocken geraten. Nun ist ein Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der Projektgesellschaft des Investors, die Objektgesellschaft Clemensplatz 1-5 mbH & Co. KG, eröffnet worden.

Der Antrag beim Amtsgericht Montabaur wurde von 17 vorgesehenen Wohnungseigentümern und einem Architekten gestellt. Das bestätigt Ralf Tries, Direktor des Amtsgerichts, auf Anfrage unserer Zeitung. Dazu sei Alexander Jüchser, Partner der renommierten Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei Lieser, zunächst als Gutachter bestellt worden, seit dem 21. März als vorläufiger Insolvenzverwalter.

Eine Koblenzer Seniorin hat bereits 145.000 Euro investiert

Wie geht es nun weiter? Steht das ambitionierte Wohnbauprojekt damit endgültig vor dem Aus? Bekommen Kaufinteressenten, die bereits Geld angezahlt haben – eine Koblenzer Seniorin spricht gegenüber unserer Zeitung von 145.000 Euro, andere von noch höheren Summen  –, jemals einen Gegenwert? Bekommen Handwerker ihre Rechnungen beglichen?

Zu diesen Fragen teilte der Investor auf Anfrage unserer Zeitung nur mit, dass sich Jüchser aktuell einen Überblick verschaffe und dann über die weitere Vorgehensweise entscheiden werde: „Sein Ziel ist, eine Lösung für das Projekt im Sinne einer Fortführung zu finden.“

Das Gebäude ist denkmalgeschützt.
Matthias Kolk

Die Bank, die das Projekt bisher finanziert habe, sei noch im Dezember 2024 bereit gewesen, das Vorhaben weiter zu begleiten. Sie habe als „Konsortialführerin im Konsortium mit der Raiffeisenbank Hochtaunus eG das Vorhaben finanziert. Leider wurde der Konsortialbank Ende 2024 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ein Kreditverbot auferlegt.“ Daher habe die Gesamtfinanzierung nicht fortgeführt werden können.

Das Projekt Clemens-Carré sei „von einem massiven externen Effekt getroffen worden, der außerhalb des Einflussbereichs der Objektgesellschaft liegt. Nichtsdestotrotz haben wir umgehend weitere Finanzierungswege beschritten. Diese sind aufgrund der hohen Qualität des Projekts aussichtsreich.“

Das Projekt stehe daher nicht vor dem Aus. Alle beteiligten Fachbetriebe seien nach wie vor an einer Fertigstellung des Vorhabens interessiert. Die Nachfrage nach den Wohnungen sei konstant. Abschließend verspricht der Investor: „Wir arbeiten daher weiter daran, das Projekt Clemens-Carré zum Abschluss zu bringen."

„Die unterschiedlichen Interessen von vielen Beteiligten sind in Einklang zu bringen. Ob dies gelingen kann, bleibt abzuwarten.“
Alexander Jüchser, vorläufiger Insolvenzverwalter

Der vorläufige Insolvenzverwalter Alexander Jüchser teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Ich verschaffe mir aktuell einen Überblick über den Stand des Projektes. Dafür sind Gespräche mit allen Beteiligten zu führen und umfangreiche Unterlagen zu sichten.“ Ziel sei es, eine tragfähige Lösung für die Zukunft des Projekts zu finden.

Die bisherigen Gespräche seien von einer „positiven Stimmung geprägt. Gleichwohl weisen alle Gesprächspartner daraufhin, dass es sich um ein sehr komplexes Bauvorhaben handelt, bei dem eine Vielzahl von rechtlichen, aber auch tatsächlichen Schwierigkeiten bestehen.“ Die unterschiedlichen Interessen von vielen Beteiligten seien „in Einklang zu bringen. Ob dies gelingen kann, bleibt abzuwarten.“

Im Wohnzimmer sollte ein Ferrari parken können

Die Pläne für dieses exklusive Wohnprojekt wurden im Herbst 2017 öffentlich. Auf einer Visualisierung war zu sehen, wie ein Ferrari in einer Wohnung parkt; für zwei Wohnungen sollte ein entsprechender Aufzug geplant werden. Davon ist schon länger keine Rede mehr.

Auf der Homepage des Investors wird nach wie vor der Umbau zu einer „Exklusiv-Wohnanlage“ angekündigt, die eine „zeitgemäße Mischung aus Premium-Eigentumswohnungen für Senioren, Familien und Singles bietet“. Die Wohnungen sollen zwischen zwei und fünf Zimmern groß sein, zwischen 32 und 196 Quadratmetern. Besondere Merkmale seien spektakuläre Ausblicke, exklusive Ausstattung, Balkon oder Loggia, eigenes Parkhaus, eigener Garten mit Teich.

Die erste Baugenehmigung erteilte die Stadtverwaltung Ende Januar 2020. Seither verfolgen sie im Bauamt, was sich tut – oder eben nicht. Bisher wurden nur das Gebäude Poststraße 3 abgerissen und Teile des Kellergewölbes. Das Bauamt um Dezernent Andreas Lukas führt in diesen Tagen diverse Gespräche: mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Jüchser und mit Interessenten, die das gesamte Gebäude kaufen wollen.

So gab es am Freitag, 28. März, ein Gespräch mit einem Bauträger, der darauf spezialisiert ist, Bestandsgebäude in Wohnraum umzuwandeln beziehungsweise zu sanieren, teilt Lukas auf Anfrage mit. Den Interessenten seien neben dem Kaufpreis Lastenfreiheit und Rechtssicherheit wichtig.

„Anliegen der Stadt ist es, dass dieses stadtbildprägende Objekt in gute Hände kommt und wir möglichst eine Zwangsversteigerung vermeiden.“
Baudezernent Andreas Lukas

Lukas sagt weiter: „Wenn man sich einem solchen Projekt widmet, gehen Risiken einher. Und da signalisieren wir als Stadt klar, dass wir eng an der Seite der Bauherren stehen und diese nicht allein lassen werden.“ Eine Option, um das Projekt wirtschaftlicher zu machen, könne sein, auf den „kostenintensiven Ausbau der Dachgeschosse zu verzichten“.

Das Gespräch mit Jüchser steht am Freitag, 4. April an. Anliegen der Stadt sei es, dass dieses „stadtbildprägende Objekt in gute Hände kommt und wir möglichst eine Zwangsversteigerung vermeiden“.

Das Gebäude

Die Alte Oberpostdirektion wurde in den 1880er-Jahren für die Oberpostdirektion Koblenz erbaut. Nach 1907 wurde der Bau nach deren Umzug als Telegraphenamt bzw. später als Fernmeldeamt genutzt. Bei einem Luftangriff auf Koblenz wurde die Alte Oberpostdirektion 1945 schwer beschädigt und brannte völlig aus. Nach dem Krieg wurde der Bau vereinfacht wiederaufgebaut und nahm dann das Fernmeldeamt 1 der Deutschen Bundespost auf. Später wurde es von der Deutschen Telekom genutzt. Anfang 2017 wurde es an eine Immobiliengesellschaft veräußert, die einen Umbau zu Eigentumswohnungen plant.

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