Die Sitzungen des Koblenzer Stadtrats werden auch künftig im Internet live übertragen. Das hat der Rat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Die jährlichen Kosten von 60.000 Euro nimmt die große Mehrheit des Gremiums in Kauf – auch wenn sich häufig nur ein paar Hundert Menschen die Sitzungen live anschauen.
Die Zahl der Gesamtaufrufe schwankt stark. Manche Sitzung hat deutlich unter 1000, manche schafft es grade so über diese Schwelle, einige andere kommen auf 1500 Aufrufe. Zu Beginn der neuen Vertragslaufzeit ab Anfang Mai soll der Livestream wahrscheinlich auch mit Untertiteln zu sehen sein. Die Verwaltung rechnet mit Kosten zwischen 2500 und 4000 Euro pro Sitzung. Die Aufnahmen sollen wie bisher nach zwölf Monaten gelöscht werden.
Vorbehalte waren besonders in der CDU groß
Die Live-Übertragungen des Stadtrats haben in den vergangenen Jahren mehrere Debatten ausgelöst. Es brauchte mehrere Anläufe, bis sich im Gremium überhaupt eine Mehrheit fand. Auch danach waren die Vorbehalte, besonders in der CDU-Fraktion, groß. Einige Ratsmitglieder fürchteten, dass Videopassagen mit ihrer Beteiligung verunstaltet und im Internet weiterverbreitet werden könnten. Einzelne lehnten während ihrer Redebeiträge daher eine Übertragung ab. Die Befürworter des Livestreams betonten die Transparenz und Chancen der Bürgerbeteiligung, die das Format biete.
In der jüngsten Sitzung des Stadtrats tat sich erneut diese Linie auf. Die CDU-Fraktion stimmte geschlossen gegen eine Fortsetzung. Ernst Knopp (CDU) sagte: „Wir waren nie ein großer Verfechter des Livestreams und haben seine Streichung unterstützt, aber keine Mehrheit gefunden.“ Die Kosten von 60.000 Euro seien durch Freiwillige Leistungen zu finanzieren, würden bei einem 51 Millionen Euro schweren Defizit im Finanzhaushalt „für andere Sachen gebraucht“.
Befürworter betonen Transparenz und Bürgerbeteiligung
Joachim Paul (AfD) entgegnete: „Es ist wichtig, grade in Zeiten, in denen wir etwas mehr Kontroverse haben, für Transparenz zu sorgen.“ Der Livestream biete die Möglichkeit, Politik nach „Hause zu bringen und kommt den Bürgern entgegen“.
Oliver Antpöhler-Zwiernik (Die Linke-Partei) befand: „Der Livestream bietet einen Wert für Barrierefreiheit, Demokratie und Transparenz.“ Schulklassen und Kurse an Uni und Hochschule würden ihn sich im Nachhinein anschauen, um zu verstehen, wie Politik funktioniert. So könne man auch für politisches Engagement werben. Anne Plato (WGS) sagte: „Wir haben jahrelang für die Einführung des Livestreams gekämpft.“ So könne man die Menschen mitnehmen: „Wer sich einklinkt, kann auch sehen, welche Hasstiraden es manchmal gibt und welche Partei sich für Demokratie einsetzt. Und man kann sich diesen Unsinn teils mehrfach ansehen.“
Der Livestream soll bald Untertitel bekommen
Christian Altmaier (Freie Wähler) sagte: „Grade in Zeiten, in denen Oberbürgermeister, Abgeordnete und auch Kommunalpolitiker verbal und physisch angegangen werden, ist es umso wichtiger, Klarheit und Transparenz zu schaffen.“ Marion Lipinski-Naumann (SPD) meinte: „Auch wenn die Zahl der Nutzer noch nicht so hoch ist, ist es doch ein wachsender Anteil.“ Es sei nicht so wichtig, wer live dabei sei, da man sich auch Wiederholungen ansehen und ein Bild von den Ratsmitgliedern machen könne.
Die Behindertenbeauftragte Katharina Kubitza warb für Untertitel während der Übertragungen: „Grade für Menschen mit Behinderung ist es schwierig, die Sitzungen im Internet zu verfolgen, da es immer wieder Unterbrechungen gibt. Barrierefreiheit ist nicht einfach schick, sondern ein Menschenrecht.“ Christoph Schöll (FDP) befand: „Wir hätten grundsätzlich kein Problem, wenn der Livestream kostengünstig aufgezeichnet würde. Bei der Haushaltslage sind wir aber dafür, Kosten zu sparen.“
Kim Theisen (Grüne) sagte: „Transparenz von politischen Prozessen schafft Vertrauen.“ Jede Entscheidung des Stadtrats habe konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen, wovon durch den Livestream viel mehr an der Stadtpolitik teilhaben könnten.