Sie nehmen teil an der Juniorwahl, einem bundesweiten Projekt unter Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten. Zählen wird ihr Votum zwar nicht, aber ernst nehmen sollten die Politiker das Wahlergebnis dennoch. „Wir haben 2011 schon bei der Landtagswahl mitgemacht – und das Ergebnis entsprach genau dem der richtigen Wahl“, betont Daniel Simonis, Sozialkunde-Lehrer an der Berufsbildenden Schule (BBS) Wirtschaft.
Einen Trend für die Bundestagswahl können die Parteien aus der Juniorwahl, an der sich 2270 Schulen in ganz Deutschland beteiligen, aber nicht ableiten: Das Ergebnis wird erst am Montag nach dem Wahlsonntag veröffentlicht. In Koblenz ist neben der BBS Wirtschaft das Gymnasium auf dem Asterstein dabei, wo heute mehrere Hundert Schüler wählen können.
„Wir versuchen, die Schüler an das Thema Wahl heranzuführen und dafür zu sensibilisieren, wie wichtig es ist, seine Stimme abzugeben“, erklärt Lehrerin Anabelle Heeg, Vorsitzende der Fachschaft Sozialkunde. Gerade in der Oberstufe bemerkt sie großes Interesse an dem Thema, „bei den jüngeren Schülern sind einige wahnsinnig interessiert, andere wissen aber noch nicht so genau, worum es bei der Wahl eigentlich geht“, berichtet Heeg.
An der BBS Wirtschaft standen schon gestern einige Schüler vor der „Urne“ Schlange, die eigentlich ein PC ist, an dem die Schüler ihren Wahlzettel ausfüllen können. Den Wahlvorstand bildeten André Hahn und Taje Bonrath. Sie riefen jeden ihrer Mitschüler namentlich auf und hakten sie auf ihrer Liste ab, damit jeder tatsächlich nur eine Stimme abgeben konnte. Viele der angehenden Einzelhändler und Bürokaufleute sind schon 18 und können auch zur „echten“ Wahl gehen, „aber viele interessieren sich gar nicht dafür“, sagt Taje Bonrath.
Dieses Desinteresse hat oft auch mit fehlenden Informationen zu tun, ist Sozialkunde-Lehrerin Petra Durben überzeugt – und hier wollen die Pädagogen auch mit der Juniorwahl entgegensteuern. Im Unterricht wird das deutsche Wahlsystem besprochen, die Kandidaten sind ebenso Thema wie die Parteien und die Inhalte, für die sie stehen.
Am Gymnasium auf dem Asterstein beobachtet Anabelle Heeg großes Interesse an Außenpolitik, „an Syrien und den Unruhen in der Türkei“. An der BBS Wirtschaft beschäftigen die Schüler auch vermeintlich trockene Themen wie Mindestlohn, Steuern und Rente – vielleicht auch, weil sie schon näher am Arbeitsleben dran sind. Einen Trend, wer bei den Jugendlichen am besten ankommt, können die Lehrer von der BBS und dem Gymnasium nicht erkennen. Aber: Ein Blick ins Wahlprogramm hat so manche spontane Sympathie schon zunichtegemacht. „Da taucht schon die Frage auf, wie die Parteien ihre Versprechen eigentlich finanzieren wollen“, sagt Durben.
Stephanie Mersmann
Koblenz ist für 100 Prozent Wahlbeteiligung gerüstet
Rund 200 000 Wahlberechtigte gibt es im Wahlkreis 200, der neben der Stadt Koblenz die Stadt Bendorf sowie die Verbandsgemeinden Rhens, Untermosel, Vallendar und Weißenthurm sowie aus dem Rhein-Lahn-Kreis die Stadt Lahnstein, die Verbandsgemeinden Bad Ems, Braubach und Loreley umfasst. Und genau so viele Wahlzettel sind gedruckt worden, auch wenn man nicht von einer 100-prozentigen Wahlbeteiligung ausgehen kann. „Da darf man kein Risiko eingehen, dass die nicht reichen würden“, sagt der stellvertretende Kreiswahlleiter Dirk Urmersbach.
Die 200 000 Wahlzettel sehen allerdings nicht alle gleich aus. Denn 20 000 von ihnen haben eine kleine Kennung, die auf statistische Merkmale verweist. Sie werden genutzt, um Tendenzen abzulesen. Denn wie sonst sollte man genau wissen, ob mehr Frauen SPD wählen oder mehr Ältere CDU? Unterschieden wird bei den Messzahlen zwischen Frauen und Männern und jeweils nach sechs Altersstufen: Jahrgang 1989 bis 95, 1979 bis 88, 1969 bis 78, 1954 bis 68, 1944 bis 53 und 1943 und früher.
Anhand des Wählerverzeichnisses werden diese Zettel an die Wähler im Lokal gezielt ausgegeben. Im Übrigen nicht in jedem Wahlbezirk. Denn wenn es ein ganz kleiner Bezirk ist, wäre die geheime Wahl eventuell nicht mehr gegeben, wenn zum Beispiel nur ein Älterer zur Wahl gegangen ist. „In Stolzenfels machen wir solche Erhebungen deshalb zum Beispiel nicht“, erklärt Urmersbach.
Diese repräsentative Wahlstatistik wird vom Statistischen Landesamt durchgeführt und auch dort anonym ausgewertet. Der Landeswahlleiter bestimmt die Bezirke, die davon betroffen sind. Die Stadt Koblenz organisiert lediglich das Drumherum, so Urmersbach.
Parallel dazu werden auch die Koblenzer am Sonntag wieder zu den oft ja äußerst präzisen Prognosen und Hochrechnungen beitragen. Denn Interviewer der Forschungsgruppe Wahlen befragen Frauen und Männer direkt nach Verlassen des Wahllokals – so kann man früh schon Tendenzen ablesen. Und die Auswertung der Daten zeigt auf, wer wen tendenziell eher wählt, an wen eine Partei Wähler verloren und von wem sie welche gewonnen hat. dos