Alle Hände gehen nach oben: Einstimmig haben die Mitglieder des Koblenzer Stadtrats eine Resolution angenommen, die sich für mehr Sicherheit von Frauen einsetzt: „Nein zu Gewalt an Frauen“ ist das Sechs-Punkte-Papier überschrieben, das die Ratsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD, Freie Wähler und Die Linke-Partei vorgelegt haben.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Kim Theisen erklärt, warum das Thema auch in Koblenz so wichtig ist: Eine Befragung unter 2500 Studierenden in Koblenz habe gezeigt, dass fast die Hälfte der Frauen in Koblenz bereits sexuell belästigt oder bedrängt worden seien. Und auch von Vergewaltigungen wurde berichtet. Gewalt finde nicht nur auf der Straße, sondern auch in Wohnungen statt, die eigentlich Schutz bieten sollten. „Es ist wichtig, dass wir da ein Zeichen setzen“, sagt sie. Es gehe darum, aufmerksam zu machen – aber auch darum, Taten folgen zu lassen, indem die Stadt beispielsweise die Organisationen unterstützt, die Frauen Hilfe und Unterstützung bieten. Sechs Punkte umfasst die Resolution, die einstimmig von allen Ratsmitgliedern angenommen wurde.
1Einsatz für die Gleichstellung der Geschlechter: „Die Rechte von Frauen und Kindern müssen auch in der Kommunalpolitik zum Thema gemacht werden“, heißt es da. Der Rat setze sich weiterhin für alle Maßnahmen ein, „die die Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel hat und die Gewalt gegenüber Frauen in den Blick rückt“. Dabei nennt die Resolution explizit Menschen aus besonders verwundbaren Gruppen wie queeren Personen, behinderte oder wohnungslose Frauen, Frauen mit Fluchterfahrungen, Opfer von Zwangsheirat, Zwangsprostitution oder Beschneidung und viele andere mehr.
2 Hilfs- und Beratungsangebote: „Der Stadtrat spricht seine Unterstützung für Vereine und Institutionen aus, die sich für Geschlechtergerechtigkeit und den Abbau von Macht- und Gewaltstrukturen zwischen den Geschlechtern einsetzen“, beschließen die Ratsmitglieder. Aus Sicht des Stadtrates müsse eine adäquate Versorgung und Behandlung der Opfer dauerhaft gewährleistet sein.
3Stigmatisierung beenden: Opfer von Gewalt würden häufig stigmatisiert, ist die Überzeugung der antragstellenden Fraktionen. „Dadurch werden Opfer entmutigt, ihre Erfahrungen zu thematisieren. Der Stadtrat spricht sich dafür aus, in der städtischen Öffentlichkeitsarbeit solche Vorstellungen zu widerlegen und für geschlechtsspezifische Gewalt zu sensibilisieren.“
4 Öffentlichkeitswirksamkeit: Der Stadtrat spricht sich dafür aus, öffentlich ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen. „Dabei soll auf die in der Stadt Koblenz vorgehaltenen Präventions-, Selbstverteidigungs- und in Krisensituationen greifenden Hilfs- und Schutzangebote hingewiesen werden, wie etwa das Hilfetelefon.“
5 Sicherheit gewährleisten: „Die Stadt Koblenz strebt aufeinander abgestimmte Sicherheitskonzepte von Stadt und Land an, die besonders von Belästigung oder von Gewalt betroffene Frauen im Blick haben und die die Expertise von Frauenhilfsorganisationen mit einbeziehen“, lautet es in der Resolution. Des Weiteren setze sich der Stadtrat dafür ein, den öffentlichen Raum für Frauen durch Maßnahmen wie bessere Beleuchtung, niedrigere Hecken und anderes das Sicherheitsgefühl zu stärken.
6Bund und Land müssen sich beim Schutz von Frauen vor Gewalt beteiligen: „Das Gewalthilfegesetz auf Bundesebene ist ein wichtiger Schritt, dass sich der Bund an den Kosten von Frauenhäusern beteiligt und die Istanbul-Konvention umgesetzt wird. Dieses muss schnell und nachhaltig auf kommunaler Ebene umgesetzt werden.“ Die Stadt begrüßt den weiteren Ausbau von Frauenhausplätzen vonseiten des Landes, ebenso wie die Förderung weiterer Programme, die es Frauen ermöglichen, aus Gewaltbeziehungen zu fliehen.
Oberbürgermeister David Langner befürwortete in seiner Stellungnahme für die Verwaltung ausdrücklich die Annahme der Resolution als Zeichen, wie ernst die Stadt das Thema nehme: „Es ist ganz wichtig, dass betroffene Frauen Hilfe und Unterstützung erfahren.“
In einer kurzen Aussprache dann erklärte unter anderem David Hennchen für die FDP, dass es wichtig sei, notwendige Finanzierungen von Hilfs- und Präventionsprogrammen bei Bund und Land anzumahnen. Und man müsse das Thema Gewalt allgemeiner sehen, auch Männer und Kinder seien von Gewalt betroffen. Loriana Metzger formulierte für die Fraktion Die Linke-Partei, dass alle Männer gefordert seien, Gewalt entgegenzutreten, wenn über Frauen und andere Gruppen abfällig geredet oder Gewalt mit Starksein verwechselt würde.
Spezieller Gedenktag wird abgelehnt
Ebenfalls mit dem Thema Gewalt gegen Frauen beschäftigte sich ein Antrag der Freien Wähler in der Ratssitzung. Sie schlugen vor, den 10. März zum „Gedenktag für gewaltbetroffene Frauen“ zu ernennen. Die Fraktion bezieht sich dabei auf das Vorbild der Stadt Ludwigsburg, die diesen Tag als Aktionstag gewählt hat, um auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Die Freien Wähler nennen alarmierend steigende Zahlen der Kriminalstatistik, nach denen fast jeden Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird und die Delikte häuslicher Gewalt enorm ansteigen. Vertreterinnen und Vertreter der anderen Fraktionen erklärten, sie finden das Thema extrem wichtig, wenden sich aber gegen einen weiteren Gedenktag, da es mit dem 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, und dem Internationalen Frauentag am 8. März schon zwei Aktionstage zu dem Thema gebe und die Gefahr bestehe, dass sich Aktionen und Akteure zu sehr aufteilen.