Auswirkungen von vor 50 Jahren
Koblenz muss 3 Millionen Euro zurückzahlen
Die Koblenzer Altstadt ist zwischen 1972 und 1994 mit vielen Millionen Euro an Fördergeld saniert worden.
Sascha Ditscher

Die Sanierungsarbeiten in der Koblenzer Altstadt und in Ehrenbreitstein sind teils 50 Jahre her. Dennoch muss die Stadt nun 3 Millionen Euro zurückzahlen wegen Grundstücksgeschäften, die teils außerhalb der Sanierungsgebiete lagen. Wie kann das sein?

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Die Stadt Koblenz muss 3 Millionen Euro zurückzahlen für Sanierungsarbeiten in der Altstadt und in Ehrenbreitstein, die teils vor mehr als 50 Jahren stattgefunden haben. Der Grund: Wie kürzlich auffiel, sind damals einige Grundstücksverkäufe nicht als Einnahmen verbucht worden. In der Schlussrechnung hat Koblenz daher jene 3 Millionen Euro Fördergelder zu viel von Bund und Land erhalten. Und: Es drohen weitere Rückzahlungen. Der Vorgang hat deshalb im Stadtrat einige Fragen aufgeworfen.

Etwa auch die, ob der ehedem extrem auf Kante genähte Sparhaushalt durch die 3-Millionen-Euro-Rückzahlung bis zum 16. Mai 2025 nochmal arg in Bedrängnis gebracht wird und womöglich erneut deutlich eingekürzt werden muss. Dazu sagte Rainer Grings, Amtsleiter Kämmerei und Steueramt, auf Anfrage unserer Zeitung: „Die Rückzahlung hat keine Auswirkungen auf den beschlossenen Haushalt.“ Das Geld könne nach dem einstimmigen Beschluss des Stadtrats nun zurückfließen, werde als Minus auf der Einnahmenseite verbucht und wohl im Oktober durch einen Nachtragshaushalt aufgefangen.

Im Herbst werden die Jahresprojekte und -ausgaben traditionell begutachtet

Schließlich schauen sich Stadtrat und Verwaltung traditionell im Herbst an, welche der geplanten Projekte umgesetzt beziehungsweise angelaufen, welche Gelder nicht ausgezahlt worden sind und wo noch Mittel nachgeschossen werden müssen. Die 3-Millionen-Euro-Rückzahlung soll laut Grings über die Investitionskredite abgefedert werden. Im Haushalt sind hier 98,5 Millionen Euro verplant. Allerdings wird in der Regel, wie sich im Herbst wohl herausstellen wird, nicht der komplette Kreditbetrag benötigt, weil nicht alle Projekte realisiert werden können, sodass die Stadt am Ende nicht 3 Millionen Euro mehr an Kredit aufnehmen muss.

Die Rückforderung von Bund und Land hat Koblenz dabei nicht kalt erwischt. Gespräche dazu liefen bereits in den vergangenen Wochen und Monaten. Für die Sanierung der Altstadt zwischen 1972 und 1994 hat Koblenz 11,2 Millionen Euro an Fördergeldern erhalten und muss hier noch 647.000 Euro zurückzahlen. Für Sanierungsarbeiten in Ehrenbreitstein gab es zwischen 1980 und 2013 insgesamt 12,4 Millionen Euro. Hier muss Koblenz rund 2,35 Millionen Euro zurückzahlen.

Gekaufte Grundstücke lagen teils außerhalb der Sanierungsgebiete

Und zwar deshalb, weil die Stadt damals in beiden Stadtteilen einige Grundstücke ge- und verkauft, auf denen später keine Sanierungsarbeiten durchgeführt worden sind, oder die Grundstücke nicht im Sanierungsgebiet lagen (vier in Ehrenbreitstein, fünf in der Altstadt). In Ehrenbreitstein wurden 58 Grundstücke ver- und 108 gekauft, in der Altstadt wurden 22 Grundstücke ver- und 76 gekauft, wie die Stadt in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion mitteilt.

Darin schließt die Stadt weitere Überraschungen nicht aus. Denn: Als letzte Sanierungsmaßnahme ist noch das Sanierungsgebiet „Zentralplatz und angrenzende Bereiche“ abzurechnen. Die Abrechnung werde derzeit vorbereitet, auch hier könnte es zu Rückzahlungen kommen. Laut der Aufsichtsbehörde sind Fälle von Rückzahlungen „gerade bei Abrechnungen von Altmaßnahmen der Sanierung ,klassisch’“. Und dies besonders bei Grundstücksverkäufen, da der Wertausgleich für Grundstücke, die die Stadt übernimmt, und Ausgleichsbeiträge erst am Ende der Sanierung angegeben werden könnten. Bis dahin seien fast alle Sanierungsmaßnahmen gefördert worden.

„Das ist natürlich insgesamt ein ärgerlicher Vorgang.“
Ulrich Kleemann (Grüne) 

Warum in der Altstadt und in Ehrenbreitstein keine Arbeiten auf gekauften Grundstücken durchgeführt worden sind bzw. warum Grundstücke außerhalb der Sanierungsgebiete an- und verkauft wurden, geht laut Stadt aus den Akten nicht hervor. Wie die Abwicklung in den 80er- und 90er-Jahren tatsächlich stattgefunden hat, sei nicht bekannt.

Bei aktuellen und künftigen Sanierungsarbeiten sollen solche Negativüberraschungen durch eine umfangreiche Kosten- und Finanzierungsübersicht verhindert werden. Ein solches Fördermittelcontrolling wurde zu Beginn der 2000er-Jahre eingeführt und habe sich seitdem stark entwickelt. Ulrich Kleemann (Grüne) sagte im Rat: „Das ist ein ärgerlicher Vorgang. Wir werden das weiter aufarbeiten.“

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