Stadt hofft auf einen breiteren Blick auf Barrieren und Barrierefreiheit - Behindertenorganisationen schlagen Mitglieder vor
Koblenz bekommt Inklusionsbeirat: Hoffnung auf mehr Bewusstsein für Barrierefreiheit
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Wenn sie eine Flasche Sekt dabei gehabt hätte, hätte sie sie in diesem Moment geöffnet, sagt die Koblenzer Behindertenbeauftragte Katharina Kubitza in der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Denn bald ist sie in Sachen Inklusion keine einsame Mahnerin mehr: Der Stadtrat hat nun einstimmig entschieden, dass es ab dem 1. Januar einen sogenannten Inklusionsbeirat geben soll.

Dies hat eine längere Vorgeschichte: Bereits 2015 hatte die Grünen-Fraktion die Einrichtung eines Behindertenbeirats gefordert, doch damals gab es noch keine Mehrheiten dafür. Schon damals war Kern der Forderungen: Je mehr unterschiedlich Betroffene sich in die Gestaltung der Stadt im besten Sinn einmischen, umso weniger Barrieren gibt es. Denn noch immer verstehen viele unter „behindertengerecht“ nur die Toilette für Rollstuhlfahrer oder Rampen statt Treppen. Dass es viele Formen der Beeinträchtigung gibt und Blinde, Nicht-Hörende, Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen andere Hilfen benötigen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können, ist oft nicht Gegenstand der Überlegungen.

Aber jetzt: „Die Stadt Koblenz bildet zur Verwirklichung einer umfassenden Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen einen Beirat, der die Belange der behinderten Einwohnerinnen und Einwohner von Koblenz gegenüber der Öffentlichkeit, dem Stadtrat, den Ausschüssen und der Verwaltung vertreten soll (Inklusionsbeirat)“, heißt es in der neuen Satzung, die im Wesentlichen eng an die des Seniorenbeirats angelehnt ist. Danach wird das neue Gremium bis zu neun Mitglieder plus einem oder einer Vorsitzenden und einem Stellvertreter oder einer Stellvertreterin haben. Die oder der Vorsitzende ist dann auch Behindertenbeauftragter der Stadt.

Keine Doppelstrukturen im Stadtrat

Der Antrag lag schon einmal 2019 vor, damals sah die Stadt keinen Bedarf, da die Belange der behinderten Menschen ja durch den Behindertenbeauftragten bei den wichtigen Themen eine Stimme finden würden. Zudem: Wenn ein Beirat eingerichtet würde, würden Kosten für Sitzungsgelder etc. entstehen, und dies sei als freiwillige Leistung zu werten und bei den Sparzwängen der Stadt nicht zu rechtfertigen.

Im Mai 2022 dann aber hat der Stadtrat beschlossen, doch einen Inklusionsbeirat für behinderte Menschen unter der Voraussetzung zu implementieren, dass die Ämter des Behindertenbeauftragten und des Vorsitzenden des Beirates zusammengeführt werden, so Stadt-Pressesprecher Thomas Knaak auf Anfrage der RZ. So gibt es keine Doppelstruktur.

Gewählt werden die Mitglieder vom Sozialausschuss, vorgeschlagen von Behindertenorganisationen, die mit der Behindertenbeauftragten abgestimmt sind, heißt es weiter in der Satzung. Jede Organisation kann bis zu zwei Personen benennen und sollte kurz deren persönliche Daten und behinderungsbedingte Einschränkungen skizzieren, „um bei der Wahl eine ausgewogene Berücksichtigung der unterschiedlichen Behinderungsbilder zu ermöglichen“, heißt es in der Satzung.

Entscheidungen nicht mehr “über sie und ohne sie"

Der Beirat tagt mindestens einmal im Jahr. Redner verschiedener Fraktionen begrüßten in der jüngsten Ratssitzung die Einrichtung eines Beirats, so nannte Grünen-Fraktionsmitglied Laura Martin Martorell beispielsweise die Umsetzung von Inklusion eine Daueraufgabe und ein Menschenrecht und wünscht sich, dass nun spätestens ab dem 1. Januar nicht mehr „über sie und ohne sie“ gesprochen und entschieden würde.

Gleichzeitig stellt sie auch die Forderung auf, dass Infos und möglichst ein Erklärvideo des neuen Beirats in leichter Sprache auf der Homepage eingestellt würden. Die seit 2019 amtierende Behindertenbeauftragte Katharina Kubitza ist überzeugt, dass es auch für die Stadt wichtig ist, wenn der Beirat breit aufgestellt ist und so möglichst viel Expertise in seinen Reihen versammelt.

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