Beatrix Förster erhält für Pflegeprodukt aus Milch den ersten Preis im Wettbewerb "Pioniergeist"
Kleine Firma in Koblenz: Was das Euter einer Kuh mit dem Wettbewerb „Pioniergeist“ zu tun hat
Freut sich über den Erfolg ihres jungen Unternehmens und die Auszeichnung mit dem Pioniergeist-Preis: Beatrix Förster aus Koblenz, Gründerin der Doderm GmbH.
Stefan Lieser

Koblenz. Wie gesund Kuhmilch ist, muss man Beatrix Förster nicht fragen. Die Immunologin hat aus dem Kolostrum, der für den Lebensmittelmarkt ungeeigneten besonders antikörperreichen Ersttagsmilch von Kühen nach der Kälbergeburt, eine neue Pflegelotion für die Behandlung von Menschen und Haustieren mit trockener, empfindlicher und leicht reizbarer Haut entwickelt. Die Idee wurde jetzt mit dem ersten Preis des diesjährigen Wettbewerbs „Pioniergeist“ ausgezeichnet.

Viel kleiner kann eine Firmenzentrale nicht sein. Ganze 25 Quadratmeter groß ist der Raum, den die dreiköpfige Doderm GmbH, gegründet 2020, im Technologiezentrum Koblenz (TZK) bezogen hat. Umso mehr fallen in der sparsamen Möblierung des Firmensitzes von Beatrix Förster zwei kleine bunt bemalte Keramikkühe auf, die auf ihrem Schreibtisch neben dem aufgeklappten Laptop stehen. Will man wissen, was die 48-jährige gebürtige Westerwälderin dort so macht, sollte man sich die beiden Rindviecher doch einmal etwas genauer ansehen.

Ergebnis jahrelanger Forschung

Beatrix Förster nimmt eine Kuh in die Hand und deutet auf das Euter: Kuhmilch, das ist das Ergebnis ihrer jahrelangen Forschungen, ist eben ein ganz besonderer Saft. Genauer gesagt, das Kolostrum, wie man die Milch der ersten Tage einer Kuh nach Geburt eines Kalbes nennt, die nicht zur Trinkmilch zählt. Für Förster allerdings ist sie ein wertvoller Grundstoff. Denn genau diese Milch hat für das Neugeborene eine überlebenswichtige Funktion. Sie ist extrem hoch mit von der Mutter gebildeten Antikörpern angereichert und baut so über das Säugen das Immunsystem ihres Kälbchens gegen Bakterien auf. Natürliche Inhaltsstoffe, die schützende Wirkung haben – ohne jeden Zusatz von Antibiotika oder anderem: ein genialer Trick der Natur.

Was könnte man mit diesem Wissen, sobald man diese hoch potenten Antikörper aus überschüssigem Kolostrum über ein biotechnisches Verfahren isoliert und so gewonnen hat, noch anfangen? Beatrix Förster stellte sich im Prinzip diese Frage nach ihrem Studium der Humanbiologie am Fachbereich Medizin in Marburg, wo ihr Spezialgebiet die Immunologie war, der Promotion am Max-Planck-Institut in München-Martinsried und einem Forschungsaufenthalt in Stanford (USA), als Wissenschaftlerin an der (LMU) Ludwig-Maximilians-Universität in München und Assistenzprofessorin an der Universität Utrecht. Ein Ergebnis: Die beim Menschen und Tier einsetzbaren Antikörper lassen sich gut gegen Bakterien nutzen, die eine Antibiotikaresistenz entwickelt haben.

Zwischen den Jahren 2012 und 2016 bildete Förster schließlich zusammen mit sieben Kollegen an der LMU eine Art „Task Force“, wie sie sie nennt. Der Auftrag: Eine antibiotikafreie Anwendung zu entwickeln, die die Antikörper aus dem Kolostrum für Hautpflegemittel nutzt. „Zum Beispiel für Menschen und Tiere, die zu Hautekzemen neigen, aber Antibiotika nicht benutzen möchten oder können“, erklärt die Expertin.

2020 wurde die Doderm GmbH gegründet, zunächst in Alpenrod im Westerwald, Försters Heimatort, seit Ende 2022 ist der Sitz des Unternehmens in Koblenz. Die auf dermatologische Verträglichkeit getesteten Pflegemittel sind bisher nur online erhältlich, berichtet sie. Die Patente für den europäischen, den japanischen und den US-amerikanischen Markt lägen bereits vor oder seien in der Erteilung. Ein Naturkosmetikhersteller aus Baden-Württemberg habe die Produktion übernommen. Die erste Charge sei „schon ausverkauft, die nächste frisch produziert“, freut sich Förster.

Ideale Bedingungen gefunden

Sie glaubt, dass sie in Koblenz die idealen Bedingungen für ihr junges Unternehmen gefunden hat. „Hier haben wir die Nähe zu einer Universität, die Stadt ist nicht zu groß, und hier sitzen einige der Investoren, die uns unterstützen“, sagt Förster. Weitere Geldgeber kämen etwa aus Köln oder München und auch aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Die Jury des diesjährigen Gründungspreises, zu der unter anderem die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz und die Volksbanken und Raiffeisenbaken Rheinland-Pfalz gehören, hat den ersten Preis in Höhe von 15.000 Euro der Doderm GmbH zuerkannt.

Beatrix Förster greift sich die Urkunde: „Da habe ich mich schon riesig drüber gefreut!“ Die Auszeichnung motiviere sie zu weiteren Plänen, etwa zur Zulassung ihres Pflegeproduktes im Apothekenhandel. Zu verdanken hat sie das alles eigentlich den beiden Symbolfiguren auf ihrem Schreibtisch. Zwei bunt bemalten Keramikkühen.

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