Koblenz
Katzen mit Faltohren: Warum das für einen Verein aus Koblenz Tierquälerei ist
Cat exhibition in Bishkek
Faltohren bei Katzen können für manche schön aussehen. Für die Katzen selbst bringen sie oft Schmerzen und andere Probleme mit sich. (Symbolbild)
picture alliance/dpa/Igor Kovale

Faltohren, nacktes Fell oder kein Schwanz: Bei Katzen werden Gendefekte manchmal bewusst gezüchtet. Manche finden das süß. Die Katzenhilfe Koblenz nennt das Tierquälerei. Und das aus gutem Grund, erklärt sie.

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Cat exhibition in Bishkek
Faltohren bei Katzen können für manche schön aussehen. Für die Katzen selbst bringen sie oft Schmerzen und andere Probleme mit sich. (Symbolbild)
picture alliance/dpa/Igor Kovale

Was Katzen wegen dieser Zuchtfolgen höchstwahrscheinlich erleiden müssen, wissen Birgit Buchholz, Carmen Metzler und Uta Bach von der Katzenhilfe Koblenz. „Wir möchten Menschen, die vielleicht gerade ein junges Kätzchen angeboten bekommen haben, auf bestimmte Merkmale hinweisen, wegen der man vielleicht von einem Kauf Abstand nehmen sollte”, sagt Carmen Buchholz.

Neben der Qual für das betroffene Tier leidet auch der Besitzer. Oft entstehen bei Qualzuchten hohe Kosten für tierärztliche Behandlung. Wohl in den 1960er-Jahren tauchten die ersten Katzen mit Faltohren auf einem Bauernhof in Schottland auf, daher der Fachausdruck „Scottish Fold”. Es war zunächst eine seltene angeborene Fehlbildung. Unseriöse Züchter vermehrten diese Katzen gezielt und sorgten teilweise durch Inzucht für noch weitere, begleitende fatale Gendefekte, die sich vor allem auf Knochen und Knorpel auswirkten.

Schmerz begleitet den Defekt

So entstehen zum Beispiel kranke Gelenkknorpel am ganzen Körper, was schon bei jungen Tieren schwerste Gelenkschmerzen und zunehmende Gelenkzerstörung bis zur Gangunfähigkeit hervorruft. Viele Faltohrkatzen müssen daher aus Gnade bald eingeschläfert werden. Die Krankheit gilt als nicht behandelbar. „Man kann höchstens eine Schmerztherapie durchführen und Einzelfälle verbessern”, sagt Dr. Rainer Schneichel, Präsident der Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz.

Carmen Metzler (links) und Birgit Buchholz von der Koblenzer Katzenhilfe
Wolfgang Lucke

Die gefalteten Öhrchen entstehen genau wegen dieses geschädigten Knorpels, der im Normalfall die Ohren in Form hält. „Der Gendefekt tritt leider auch bei Mischlingen auf”, gibt Schneichel zu bedenken. Es bestehe zwar ein Zuchtverbot, aber ein Handelsverbot gebe es nicht. Oft werden geschädigte Katzen aus dem benachbarten Ausland eingeführt. Schneichel sieht zwei Möglichkeiten, diese Krankheit beziehungsweise die Qualzuchten überhaupt einzudämmen. „Neben einem Zuchtverbot müsste auch ein Handelsverbot bestehen.” Auch gebe es in Deutschland zu viele nicht kastrierte Katzen.

Das kann Sabrina Steger, Leiterin des Tierheims Neuwied, bestätigen: „Wir haben es immer noch mit einer Riesenfundwelle von Corona zu tun. Katzen wurden allzu spontan angeschafft und nach dem ersten Interesse wieder ausgesetzt.” Entsprechend explodierten die Vermehrungszahlen, so Steger.

Problem schon lange bekannt

Das Zusatzproblem bei „Scottish Fold”: Die Katzen erleiden eine ganze Reihe von Folgeerkrankungen. Oft kommt es zu einer allgemeinen Lahmheit des Tieres, es leidet unter zu kurzen und zu dicken Gliedmaßen, es kommt zu schweren Knorpelschädigungen. Die eingerollten Öhrchen entzünden sich oft, dadurch hören die Tiere schlecht und können durch deren Unbeweglichkeit weniger mit anderen kommunizieren.

„Die Wissenschaft weist seit mehr als 20 Jahren auf das Problem hin”, so Birgit Buchholz. „Verantwortungsvolle und zertifizierte Züchter führen nach unserer Meinung diese Zuchtarten nicht durch.” Die Fachwelt ordnet dieses Vorgehen nicht fachmännischen Vermehrern zu, die nach den vermeintlichen Kundenwünschen züchten, ohne auf die Folgen für die Katzen achtzugeben.

Fälle aus der Region bekannt

Sabrina Steger weist auf einen weiteren Aspekt hin: „Nicht jeder Katzenbesitzer weiß, dass sein Kätzchen krank ist. Nicht jeder weiß, dass die süßen Faltöhrchen echtes Leid bedeuten können. Man sollte sehr genau hinschauen und sich eingehend informieren.” Die Katzenhilfe möchte Katzenfreunde in der Region wachrütteln. In Neuwied und in Andernach seien in diesem Jahr schon mehrere Fälle von Faltohren aufgefallen.

Die Bundestierärztekammer listet Qualzuchten auf, im Internet einsehbar, beispielsweise die sogenannten Nacktkatzen ohne Fell, die Manx-Katzen, die ohne Schwanz gezüchtet werden, die „Dackelkatzen“ (Munchkin) mit extrem kurzen, fehlgebildeten Beinchen und eben Faltohrkatzen.

Die Helferinnen von der Katzenhilfe erinnern an die sichere Methode für die Anschaffung einer Katze: „Bei den Tierschutzvereinen gibt es immer liebe, gesunde Katzen für wenig Geld, und man tut noch Gutes dabei, statt Leid zu verursachen.”

Bestimmte Merkmale sprechen allgemein für eine Qualzucht. Daher sollte man sich ein junges Kätzchen genau anschauen, bevor man es kauft. Verdächtig sind zum Beispiel Atembeschwerden, Geräusche beim Atmen, Hervorquellen der Augäpfel, Tränenspuren, Teilnahmslosigkeit, unkontrollierte Bewegungen, gefaltete Ohrmuscheln, Haarlosigkeit, fehlender Schwanz oder dackelkurze Beine.

Die Bundestierärztekammer hat einen Flyer herausgebracht mit dem Namen „Kulleraugen und Faltohren – nicht süß, sondern gequält“. Auf der Internetseite der Bundestierärztekammer kann dieser herunterladen werden unter www.bundestier
aerztekammer.de

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