Von unserem Mitarbeiter Winfried Scholz
„Es ist unser Glaube, der nicht strahlt. Uns Christen und den Kirchen scheint die prophetische Kraft abhanden gekommen zu sein“, sagte Kasper, als er zum Auftakt eines dreitägigen Symposiums des nach ihm benannten Instituts sprach, das sich diesmal mit dem Thema „Strahlkraft des Glaubens, Identität und Relevanz des Christseins heute“ befasste.
Der Rektor der PTHV, Prof. Dr. Paul Rheinbay, begrüßte unter den Teilnehmern den päpstlichen Botschafter Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic und den Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch, Nachfolger Kaspers als Präsident des päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen.
Rhetorisch brillant
Walter Kasper, der kürzlich 82 Jahre alt wurde, hat derweil nichts von seiner intellektuellen und rhetorischen Strahlkraft verloren, wie in der einstündigen Rede rasch deutlich wird. Er beklagt, dass die Christen in den Medien fast nur noch vorkommen, wenn es negative Schlagzeilen zu berichten gibt, „die wir leider selbst produzieren“. Aber es rege sich kein öffentlicher Protest, wenn in Syrien, Irak oder Nigeria Hunderte von Christen ermordet würden. Aber Kasper sagt auch: „Lamentieren hilft nicht.“
Die Rückgewinnung der Strahlkraft des Glaubens erfordere die Rückgewinnung der Strahlkraft der Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden. Hoffnung setzt Kasper auf Papst Franziskus, dessen Wahl keine abgekartete Sache gewesen sei. Nicht ohne Genugtuung freut sich Kasper über die Faszination, die von diesem Papst ausgeht. Doch er stellt klar: „Hier gehe es um etwas Tieferes als um Starkult.“ Franziskus sei im ursprünglichen Sinne des Wortes ein evangelischer Papst. Das Evangelium sei für ihn ein Evangelium der Freude. Freude in diesem Sinne sei etwas anderes als Vergnügen, Spaß oder Pläsier. Sie sei aber auch eine Antwort auf die Freud- und Schwunglosigkeit, die Schwere und Schwermut, die den Glauben bei uns befallen habe.
Die Kirche der Armen
Kasper beleuchtet einen weiteren Impuls, den Franziskus gegeben hat: die Kirche als Kirche der Barmherzigkeit etwa im Flüchtlingsproblem und für die Armen zu begreifen. „Die Welt, aus der er kommt, ist die Welt der Armen.“ Der brillante Theologe Kasper erläutert, dass dies für den Papst nicht nur ein sozial-politisches Thema sei, sondern vor allem ein „christologisches Thema“, und zeigt auf, wie – angefangen von der Bergpredigt – Armutsbewegungen in der Kirche immer eine wichtige Rolle gespielt haben. Kann sich Franziskus mit seinen Visionen durchsetzen? Hier mahnt Kasper: „Das hängt nicht allein vom Papst ab.“ Da müssten alle in der Kirche, von der römischen Kurie über die Ortskirchen, Ordensgemeinschaften oder Hochschulen, sich aus den Startlöchern heraus wagen und sich sputen.
Das Symposium geht am Dienstag, 10. März, zu Ende. Mehr Infos unter www.pthv.de