Für Autorin und Redakteurin Ulrike Platten-Wirtz fehlt Maschinen die persönliche Note - noch
Journalistin und Krimiautorin im Gespräch: „Künstliche Intelligenz könnte eine Hilfe sein“
Seit ihrem Umzug an die Mosel mordet Ulrike Platten-Wirtz nun in Cochem – allerdings nur auf dem Papier, versteht sich. Foto: Karin Scheuer
Karin Scheuer

Schreiben will gelernt sein – vor allem, wenn man sich damit beruflich verwirklichen möchte. Unsere RZ-Kollegin Ulrike Platten-Wirtz hat das Verfassen von (journalistischen) Texten nicht nur zu ihrer Profession gemacht, auch neben der Vollzeitstelle macht ihr das Werkeln mit Buchstaben, Sätzen und Geschichten so viel Spaß, dass sie schon sechs Romane geschrieben hat.

Lesezeit 5 Minuten

Ihre ersten beiden erschienen 2011 und 2013 und waren noch Kinderbücher – wenn auch da schon spannende Fälle aufzuklären waren. Seit 2016 hat sie nun im Zwei-Jahrestakt vier Krimis für Erwachsene geschrieben. Die ersten drei spielten in ihrer alten Heimat in der Nähe der damals noch in der Entstehung befindlichen Geierlaybrücke. Der richtige Schauplatz für einen Krimi, befand sie.

Seit ihrem Umzug nach Cochem an die Mosel lässt sie nun in den sonst recht friedlichen Gassen des Touristenhotspots töten – rein auf dem Papier natürlich. Den jüngsten Roman schrieb sie gemeinschaftlich mit einer Freundin. Mit der RZ spricht sie darüber, warum Cochem ein guter Ort für einen Mordfall ist, was einen guten Krimi ausmacht und wann sie sich die Hilfe von Maschinen beim Schreiben gut vorstellen kann.

Liebe Uli, ist Cochem eigentlich ein guter Ort zum Töten?

In unserem Buch ermitteln ja zwei Gästeführerinnen – was meine Freundin Carolin Gilbaya und ich auch in unserer Freizeit machen. Und wenn man mit einer Gästegruppe nicht nur die Hauptachsen langläuft, sondern auch mal durch die kleinen Gassen, sind die schon sehr anregend, um auf kriminelle Gedanken zu kommen.

Was macht denn einen guten Krimi aus?

Die Geschichte muss gut sein, die Leute interessieren und etwas Besonderes haben. Etwa könnte das Umfeld besonders sein, wie bei der Geierlaybrücke oder auch bei Schauplätzen in Cochem. Zudem muss die Handlung nachvollziehbar sein, nicht realitätsfern. Ein guter Krimi muss spannend sein, man darf nicht direkt wissen, wie er ausgeht – daher muss man den Leser auch mal auf eine falsche Fährte führen. Es braucht verschiedene Erzählstränge, die der Schreiber am Ende zusammenführt, sodass der Leser erst auf den letzten Seiten weiß, wer der Täter ist.

Der Roman soll in einer ganzen Reihe von Mosella-Krimis stehen, ist das zweite Buch schon in Arbeit?

Es ist geplant und im Kopf auch schon fertig – aber eben bisher nur im Kopf und nicht auf dem Papier. Ein Buch zu schreiben ist wirklich eine Herausforderung, macht aber auch unheimlich viel Spaß. Ansonsten würde man es ja gar nicht machen. Aber die Zeit ist halt immer ein Faktor. Deswegen haben wir auch zu zweit geschrieben. Wir dachten, bei rund 200 Seiten pro Buch arbeitet jeder an 100, das ist schnell gemacht. Von wegen, es hat genauso lange gebraucht, als wenn man es alleine geschrieben hätte.

Wieso?

Man tauscht sich mehr aus, hat so eine direkte Reflexion, was schön ist. Wenn man alleine ist, kann man allerdings immer dann schreiben, wenn man gerade Zeit dafür hat.

Habt ihr denn wirklich zusammengeschrieben oder habt ihr euch in Abschnitten aufgeteilt?

Unterschiedlich, wir haben die Szenen vorher immer besprochen, und Randgeschehnisse hat dann jede für sich geschrieben. Aber beim Hauptstrang, also allem, was das kriminelle Geschehen betrifft, haben wir wirklich nebeneinander am Schreibtisch gesessen und uns die Sätze zugerufen. Wir haben dann so lange gefeilt und formuliert, bis es für uns beide gepasst hat.

Hätte da auch eine KI der Co-Autor sein können?

KI als Co-Autor könnte eine Hilfe sein, allerdings würde ich nie voll darauf vertrauen und auf jeden Fall selbst noch mal an das Geschriebene rangehen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es als Tippgeber ganz nützlich ist, wenn man bei einer Geschichte nicht weiterkommt. In unserem Fall ist die nächste Geschichte in den Köpfen schon fertig, wenn man das nun in ein paar Stichpunkte in eine Maschine eingeben und sie schon mal vorformulieren könnte, könnte das eine Hilfe sein.

Geht da nicht viel kreativer Prozess verloren?

Es kommt darauf an, was man vorgibt, wie detailliert habe ich mir etwas überlegt.

Schreiben ist ein kreativer Prozess, teils langwierig – Hand aufs Herz: Hast du dir da schon mal die Hilfe einer Maschine gewünscht?

Ich bin vorher gar nicht auf die Idee gekommen, aber es wäre schon eine Hilfe, wenn die Maschine schnell etwas vorschreibt. Aber das Wichtigste bei einem Text ist ja, dass man sehen soll, dass ich die Geschichte geschrieben habe. Jeder Autor hat eine persönliche Note, und den eigenen Stil kann die KI nicht kennen – und ich bin mir nicht sicher, ob sie dieses Persönliche einbringen könnte.

Das klingt ein bisschen zu einfach: Der Mensch hat die Idee, die Maschine macht die Arbeit.

Aber gerade die Arbeit möchte man sich als Autor ja machen: Ich möchte schreiben und meine Kreativität auf dem Papier ausleben. Ich will ja gar nicht, dass das jemand für mich macht.

Der Buchmarkt hat sich verändert: Fanfictions und Hobbyistenseiten verhelfen auch unerfahrenen Schreibern zum Erfolg. Glaubst du, diese Bewegung tut der Buchwelt gut, oder schadet sie eher aufgrund fehlender Qualität?

Geschrieben haben die Leute immer schon, ob nun gut oder nicht. Diese Plattformen geben Hobbyschreibern die Möglichkeit, etwas zu veröffentlichen. Das kann von einer breiteren Masse gelesen werden, als wenn es nur im Notizbuch steht. Ich sehe darin die Gefahr, dass man auch schneller gefrustet ist, immerhin können ja auch Leute kommentieren, die selbst keine Ahnung haben. Wenn man dann öffentlich verrissen wird, gibt manche schneller auf. Ich glaube nicht, dass es gefährlich für den Buchmarkt ist, früher gab es auch Groschenromane, die von der Qualität auch eher schlecht waren. Aber wenn Leute das lesen möchten, warum nicht?

Könnten Maschinen den Menschen als Künstler abschaffen?

Ich hoffe nicht. Diese Individualität im Schreibstil, die kreativen Gedanken, da ist schon Persönlichkeit gefragt, vielleicht könnte eine Maschine das schon irgendwann übernehmen, aber es wäre sehr schade, wenn es so wäre. Auch für den Schreiber: Es geht ja darum, sich selbst auszudrücken und die eigene Kreativität auszuleben. Wenn eine Maschine das übernimmt, hat der Autor ja gar nichts mehr davon. Man hat dann zwar etwas Geschriebenes, aber das ist nicht von einem selbst, und man kann sich gar nicht damit identifizieren.

Die Fragen stellte Stefanie Braun

Das Buch „Mosellas Rache“ ist unter dem gemeinsamen Pseudonym Jette Stern erschienen.

Top-News aus der Region