Das zeigte die jüngste öffentliche Sitzung des Bauausschusses der Doppelgemeinde in der Sonnenringhalle. Die Zuhörer präsentierten sich sehr gut vorbereitet und stellten detaillierte Fragen.
„Wir stehen noch ganz am Anfang“, betonten Bürgermeister Johannes Liesenfeld und die Repräsentanten des Investors „BMR energy solutions“ mit Sitz in Geilenkirchen nahe der niederländischen Grenze – Geschäftsführer Guido Rulands und Projektentwickler Thomas Schmitz – gleich mehrfach. Deutlich gemacht wurde auch, dass es sich bei diesem Tagesordnungspunkt lediglich um eine Informationsveranstaltung handele. Denn: Bislang wurden erst Vorgespräche auf Verbandsgemeinde- und Gemeindeebene geführt. Es ist also noch nichts in trockenen Tüchern, es kann deshalb auch noch kein Baurecht geben.
Aktuell arbeitet die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel intensiv an einer Novelle des Flächennutzungsplans (die RZ berichtete), in dem auch die Areale ausgewiesen werden sollen, die für Windkraft- und Fotovoltaikanlagen geeignet sind. Ziel ist es deshalb, die Bürger frühzeitig zu informieren und mitzunehmen. Und so wurden in der Ausschusssitzung folgende Fragen gestellt und beantwortet:
Wo sollen die Windkraftanlagen gebaut werden?
Auf dem Maifeld oberhalb von Löf in der Nähe des Kergeshofes, wobei der Flächenbedarf nicht unerheblich ist. Benötigt jede der fünf Windkraftanlagen doch eine Fläche von 2500 bis 3000 Quadratmetern. Zudem muss der Abstand zwischen den Anlagen eine zweieinhalb- bis dreifache Rotorlänge betragen. Die Investoren sprechen von einer „Potenzialfläche“ von 23 Hektar. Das heißt auch: Schon allein wegen des Flächenbedarfs ist das Projekt nicht nur eine Sache von Löf-Kattenes. Auch die Nachbarkommunen und private Grundstückseigner müssen einbezogen werden. Und das ist gar nicht so einfach. Bislang wurde lediglich ein Teil der Eigentümer ermittelt und angeschrieben.
Welche Dimensionen haben die geplanten Anlagen?
Die geplanten Anlagen des Herstellers Nordex sind jeweils viermal stärker als die älteren Windräder. Deswegen sind die Dimensionen erheblich. Es wird eine Gesamthöhe von 200 bis 250 Metern erreicht, der Durchmesser der Rotoren soll rund 150 Meter betragen. Erzeugt werden sollen durchschnittlich etwa 14 Millionen Kilowattstunden im Jahr, wobei die Energie, die die Anlagen bei Stillstand selbst aus dem Netz beziehen, nach Aussage der Investoren einen Anteil im einstelligen Promillebereich haben sollen.
Passen die Abstände?
Grundsätzlich schon. Der landesgesetzlich geforderte Mindestabstand zu geschlossenen Ortschaften von 900 Metern wird locker eingehalten. Anders sieht es bei Gehöften und Einzelbauten aus, wobei theoretisch 600, womöglich sogar nur 300 Meter ausreichen. Es gibt aber Interpretationsspielräume. Deshalb stehen die endgültigen Standorte für die Windräder in Löf-Kattenes noch nicht fest. Verschiebungen sind möglich. Und genau hier dürften Kritiker des Projektes ansetzen.
Was spricht für den Investor?
Aus Sicht von Guido Rulands und Thomas Schmitz die langjährige Erfahrung und der ganzheitliche Ansatz. Das Unternehmen ist bereits seit 1999 auf dem Markt aktiv – und zwar nicht nur mit Schwerpunkt Windenergie, auch Fotovoltaik-Freiflächenanlagen und die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ gehören zum Portfolio. Allein im Bereich Windkraft hat das BMR bereits 258 Anlagen realisiert. Und: Die Ingenieure beschränken sich nicht nur auf das Entwickeln und Bauen, sie übernehmen auf Wunsch auch die Überwachung der fertiggestellten Anlagen über die gesamte Betriebsdauer.
Die Vorträge der Experten zeigten, dass ihr Ansatz des aktuellen Projektes weit über die Grenzen von Löf-Kattenes hinausgeht. Einbezogen werden sollen nach Möglichkeit alle Kommunen in der Verbandsgemeinde, die links der Mosel liegen. Auch soll nach Möglichkeit eine Kombination von Windkraft-, Solar- und Wasserstoffanlagen realisiert werden. Auf diesem Weg will der Investor das Problem der Speicherung bei den sogenannten regenerativen Energien lösen. Das heißt: Der Ökostrom, der temporär zu viel erzeugt wird, soll in die Wasserstoffproduktion fließen. Sie könnte einmal eine echte Alternative zu Erdgas und Öl werden.
Für welchen Zeitraum ist die Betriebsdauer ausgelegt?
Auf 20 bis 25 Jahre, die Verträge werden entsprechend gestaltet. Die Investoren verpflichten sich nach Ablauf zu einem kompletten Abbau der Anlagen inklusive der Fundamente. Im Fall von Löf-Kattenes rechnen sie damit, dass sich die Investitionen von insgesamt 35 Millionen Euro spätestens nach sieben bis acht Jahren amortisiert haben. Allerdings kann es angesichts der Entwicklung der Material- und Baukosten früher oder später der Fall sein. Die Verträge enthalten deshalb eine Verlängerungsoption.
Kaufen die Investoren die benötigten Parzellen?
Nein, sie arbeiten nach einem Pachtmodell, also inklusive Beteiligung derjenigen, die ihnen die Grundstücke überlassen. Das bedeutet: Eigentümer der Parzellen erhalten anteilig je nach Flächengröße einen Anteil am finanziellen Ertrag, wobei nicht nur Löf-Kattenes profitieren soll. Die Ortsgemeinden im Umkreis von 2500 Metern würden bei einer Realisierung 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde erhalten. So könnte allein Löf-Kattenes auf einen Anteil von 25.000 Euro pro Jahr kommen. Weitere Einnahmequellen könnten, so der Investor, aus Gestattungsvertrag, Kabelverlegung und Wegenutzung fließen. Gewerbesteuern werden allerdings erst bezahlt, wenn sich die Investition weitgehend amortisiert hat.
Wie ist das Beteiligungsmodell rechtlich organisiert?
Über ein bundesweit weitverbreitetes Modell einer örtlichen Projektgesellschaft mit dem Ziel, auf kommunaler Ebene Energieautarkie herzustellen. Diese lokalen Unternehmen firmieren in der Regel als GmbH & Co. KG, es gibt aber auch Genossenschaften. Wichtig ist, dass betroffene Kommunen, Grundstückseigentümer sowie Unternehmen und Institutionen Gesellschafter beziehungsweise Mitglieder werden können. Klar ist dabei, dass die Anteilseigener die Investitionen nicht allein stemmen. Den wichtigsten Part der Investitionen übernehmen in der Regel Banken oder Sparkassen.
Wie lange dauert die Realisierung eines Windpark- oder Fotovoltaikprojektes?
Im Idealfall sind Genehmigungs- und Bauphase nach insgesamt drei Jahren abgeschlossen. Im Falle von Löf-Kattenes ist es realistisch, deutlich mehr Zeit einzuplanen, weil an der Untermosel Natur- und Artenschutz eine besonders hohe Bedeutung haben. Dazu kommt, dass in der Planungs- und Genehmigungsphase mehrere Gutachten erstellt werden müssen. Und: Die Naturschutzorganisationen müssen eingebunden werden. Gegebenenfalls müssen Sonderuntersuchungen gemacht werden: So wies eine Besucherin darauf hin, dass Teile des angedachten Bereichs die „Flugrouten“ von Zugvögeln stören könnten. Ob dem so ist, muss ein Gutachter klären.
Gibt es gesundheitliche Risiken? Wird der Tourismus gefährdet?
Diese Fragen stellen vor allem die direkt betroffenen Anlieger. Die Antwort der Referenten lautet nein – wenn die gesetzlichen Vorgaben genau beachtet werden nicht, sagen die Investoren, die auf Abstände und Vorschriften bei den Betriebszeiten verweisen. Diesen Ausführungen wollten einige Zuhörer nicht zustimmen.
Ein Betroffener verwies auf das Thema Infraschall und neue Untersuchungen der Universität Mainz, deren Details im Mai 2020 über die Medien bekannt gegeben wurden. Ergebnis: Auch die Frequenzen, die vom Menschen nicht direkt wahrgenommen werden, können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen und sich vor allem negativ auf die Herzfunktionen auswirken. Auch Windkraftanlagen können offenbar dazu beitragen, eine These, die allerdings von den Betreibern unter Hinweis auf Gutachten und Gerichtsurteile vehement zurückgewiesen wird.
Andere Teilnehmer kritisierten die Lärmentwicklung im Bereich von Windrädern generell. Aus ihrer Sicht könnten Wandertouristen abgeschreckt werden, an die Untermosel zu kommen. Die Referenten sehen diese Gefahren nicht und verwiesen auf Beispiele aus Norddeutschland.
Kann eine Gemeinde wie Löf-Kattenes ein solches Projekt verhindern?
Sie kann eine Grundsatzentscheidung treffen und als Trägerin öffentlicher Belange den Planungsprozess beeinflussen. In der Praxis kann sie ein Projekt kaum verhindern, weil die Bundes- und Landespolitilk fordert, den Anteil von Windkraft und Fotovoltaik zu erhöhen. So ist die Errichtung von Windkraftanlagen nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches sogar ein privilegiertes Vorhaben. Ein weiteres Argument der Befürworter: Ökoenergie trägt nicht zu den gestiegenen Preisen an den Energiebörsen bei. Das Gegenteil sei der Fall.