Stefan Zeidan lebt mit Handicap - Jetzt will er sich theologisch weiterbilden und stößt dabei auf Barrieren
Inklusion im Bistum: Stefan Zeidan aus Mülheim-Kärlich kämpft für seinen Traum
Stefan Zeidan lebt mit Handicap, wäre aber gerne zukünftig Diakon. Das Bistum Trier ist diesbezüglich jedoch skeptisch. Foto: Rico Rossival
Rico Rossival

Glaube und Fußball sind Stefan Zeidan aus Mülheim-Kärlich sehr wichtig. In beiden Bereichen möchte er dazulernen, sich fortbilden. Im Bistum stößt er dabei auf Barrieren.

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Stefan Zeidan, 37 Jahre alt, aus Mülheim-Kärlich hat zwei Leidenschaften: Den Fußball und den Glauben, und in beiden möchte er sich einbringen, dazulernen, etwas zurückgeben. So hat er bereits eine Manager-Lizenz im Fußball erworben, will sich hier weiter fortbilden. In seiner Kirchengemeinde in Mülheim-Kärlich ist er aktiv. Aber auch hier möchte der 37-Jährige mehr: Pfarrer? Diakon? Begräbnisleiter? Zeidan denkt groß. Dass er im Rollstuhl sitzt, spielt dabei keine Rolle – zumindest hat er das bei seinem Engagement im Fußball so erlebt.

Und in der Kirche? Momentan arbeitet er in der Rhein-Mosel-Werkstatt in der Montage, möchte sich aber gern weiter mit Theologie beschäftigen – das Vorankommen an dieser Stelle stockt derzeit aber: Seine Bewerbung zur Diakonsausbildung wurde seitens des Bistums Trier abgelehnt, einer Fortbildung zum Begräbnisleiter stehe die nicht vorhandene Barrierefreiheit im Weg. Davon möchte Zeidan sich nicht von seinem Weg abbringen lassen.

Doch von vorn: Der Glaube hat für Zeidan schon immer eine große Rolle gespielt. „Ich komme aus einer katholischen Familie, da hat man das eben auch mitbekommen“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Das Thema Religion hat mich schon zu Schulzeiten interessiert. In meinem Abschlusszeugnis hatte ich im Fach Religion eine Eins.“ Dazu kommt, dass die Familie mit einigen Geistlichen befreundet war. „Ich wurde aus dem Familien- und Freundeskreis in meinem Engagement und Glauben immer bestätigt“, sagt Zeidan. „Mir wurde gesagt, ich hätte eine besondere Art, mit Menschen umzugehen.“

Er sei sehr offen und habe keine Scheu, auf Menschen zuzugehen. Das ist ihm auch sehr wichtig: Manche Menschen hätten Hemmschwellen, wenn sie nie oder nicht häufig auf Menschen mit Einschränkungen treffen. „Die haben dann so kleine Hemmschwellen, und Hemmschwellen sind Barrieren, die abgebaut werden müssen“, erklärt Zeidan.

Spricht man mit Zeidan über Kirche und Glaube, merkt man schnell: Hier möchte jemand mehr. Mehr wissen, mehr tun und eine Rolle ausfüllen. Kommunionshelfer und Wortgottesdienstleiter ist er bereits in seiner Gemeinde in Mülheim-Kärlich, dabei soll es aber eben nicht bleiben. „Ich hatte den Traum, Priester zu werden. Aus dem Freundeskreis wurde mir aber der Weg des Diakons ans Herz gelegt. Als Pfarrer hätte man mit so viel Bürokratie zu tun“, berichtet Zeidan und lacht. Seine Bewerbung zur Diakonausbildung lehnte das Bistum Trier allerdings ab.

Das Problem: Wegen eines chronischen Rückenleidens braucht er ein spezielles Bett, kann also nicht ohne Weiteres in der Fremde übernachten. Auch eine Fahrerlaubnis besitzt er nicht. Um Diakon zu werden, ist allerdings die Teilnahme an Seminaren nötig – die meist mehrere Tage dauern und die für Zeidan eine lange Anreise bedeuten. Sein Vorschlag: Könne er nicht online, per Videoschalte teilnehmen? „Bei Ausbildungen mit Praxisanteilen (wie der zum Diakon) ist es nicht möglich, diese rein online zu absolvieren“, erklärt das Bistum auf Anfrage unserer Zeitung. In den Seminaren werden auch praktische Grundlagen vermittelt, die man nur in Präsenz vermitteln und lernen kann.

„Im konkreten Fall können wir sagen, dass selbstverständlich auf verschiedenen Wegen und über einen längeren Zeitraum eine Kommunikation zwischen dem Interessenten und den Verantwortlichen stattgefunden hat, bei der auch Alternativen zum gewünschten Weg aufgezeigt wurden“, heißt es auf Nachfrage vom Bistum. Doch Zeidan verneint das gegenüber unserer Zeitung: „Ich würde gern sagen, dass man mir Alternativen aufgezeigt hat, aber darum habe ich mich selbst gekümmert.“ Ein Entgegenkommen seitens des Bistums habe er nicht gespürt.

Stattdessen hat er sich selbst ein neues Ziel gesetzt: Begräbnisleiter zu werden. Doch auch hier gibt es Schwierigkeiten: Zu den Aufgaben eines Begräbnisleiters zählt nicht nur die Durchführung des Trauergottesdienstes – im Vorfeld stehen auch Hausbesuche an, und auch nach dem Begräbnis besuche man die Trauernden im Sinne der Nachsorge, erklärt Günther Vogel, Pfarrer und Moderator der Pfarrei Heilig Geist Mülheim-Kärlich. Hier kann es sein, dass die Wohnung und Häuser für Zeidans Rollstuhl schlicht nicht begehbar sind. Auch seien nicht alle Gräber auf den Friedhöfen barrierefrei zu erreichen.

Zeidans Vorschlag, sich mit den Trauernden in einem barrierefreien Raum der Pfarrgemeinde zu treffen, halte das Team der Pfarrei Heilig Geist Mülheim-Kärlich deshalb und qua der Tatsache, dass einige Trauernde selbst auch nicht mobil sind, für nicht praxisnah. „Wir haben uns darüber im Team besprochen“, sagt Vogel. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das in der Praxis klappt.“ In der Gemeinde gebe es zwar mehrere Personen, die Beerdigungen abhalten, man könne sich aber nicht aussuchen, wer welche übernehme. „Letzlich liegt es ja auch nicht bei uns zu entscheiden, wer in was ausgebildet wird, sondern beim Bistum“, so Vogel.

Trotzdem, betont der Pfarrer, sei Zeidan in der Gemeinde vielfältig eingebunden und fülle seine Aufgaben gut aus. Damit er als Wortgottesdienstleiter agieren kann, hat man ihm in der Kirche in Mülheim-Kärlich eine Rampe installiert, sodass er mit seinem Rollstuhl Zugang zum Altarraum hat. Das schätzt auch Zeidan sehr. „Mit Pfarrer Günther Vogel verstehe ich mich gut, ihm habe ich zu verdanken, dass ich Wortgottesdienste leiten darf“, so Zeidan. Vogels Bedenken hinsichtlich eines Einsatzes als Begräbnisleiter teile er aber nicht. Wie es nun für ihn weitergeht? Er will dranbleiben, auch um sich damit für mehr Inklusion einzusetzen. Mehr Verständnis und Flexibilität wünscht er sich aber vor allem auch vom Bistum.

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