Klubs und Discos in Koblenz
Inhaber Jo Böning: „Aus für Nachtarena ist beschlossen“
Die Koblenzer Nachtarena, das frühere Agostea, ist derzeit geschlossen.
Peter Meuer

Eine der größten Partyadressen im Koblenzer Stadtleben bleibt für immer geschlossen: Nachtarena-Inhaber Jo Böning erzählt im Gespräch mit unserer Redaktion, was die Hintergründe sind und warum ihn die Entscheidung persönlich schmerzt.

Die Stadt Koblenz ist nun um eine große Partylocation ärmer: Die Türen der Nachtarena – davor Agostea Nachtarena – bleiben dicht. Das erklärt Inhaber Joachim (Jo) Böning auf Anfrage unserer Redaktion. Im Gespräch werden die Hintergründe deutlich, die ihn veranlassten, das Ende der Großraumdiskothek einzuläuten.

Für Motorradladeninhaber Böning, war es ein schwerer Schritt, weil er den Klub seit der Eröffnung im Jahr 2005 kennt. Der 42-Jährige sagt: „Ich bin fast so traurig, wie im Februar, als Torty starb.“ Mit dem Stadtrat und Entertainer Torsten Schupp aka Torty de Banana verband ihn eine lange Freundschaft. Die Disco hatte Böning – als Gemeinschaftsprojekt – im Juli vergangenen Jahres übernommen, nachdem die Vorgänger ankündigten aufzuhören.

Auf der Homepage der Nachtarena wird 2024 darüber informiert, dass man mit neuem Team und neuem Konzept ab Juli startet. "Da wo das Agostea war, ist jetzt die Nachtarena."
Sceenshot der Homepage der Nachtarena. Rhein-Zeitung

Seit Ende Februar nun ist die Nachtarena dicht: Das Klubteam teilte per Aushang und in Onlineposts mit, man habe einen technischen Defekt und informiere über eine Wiedereröffnung. Die fällt nun flach.

Böning sagt: „Das Aus ist bitter für uns, weil unser neues Konzept dabei war, Früchte zu tragen.“ Wehmütig schiebt er nach: „Wir waren das beste Team, das es jemals dort gab.“

Vor 20 Jahren war Böning selbst im Agostea für Ton- und Lichttechnik zuständig, später für Installationen im Living, einem ausgelagerten Partybereich, in dem es heute Lagerflächen für Privatleute gibt (Selfstorage). Bei der Übernahme im Sommer steuerte Böning seinen Namen bei, „damit das Ding ins Rollen kommt“. Er ist Inhaber und Geschäftsführer der Koblenzer Betriebsgesellschaft GmbH, die im Impressum steht.

Wasserbehälter statt Party: Der große Holzstadel wurde zuletzt im Agostea und in der Nachtarena nicht genutzt, sollte aber ein festes Standbein des neuen Betreibers Böning mit "Rent a Stadel" für Privatfeiern werden.
Jo Böning

So schräg es klingt: Grund für das Aus ist ein kleiner Wasserschaden, der sich unbemerkt über Monate oder Jahre zu einem Desaster für den Klub auswuchs. Betroffen ist einer der Partybereiche der Nachtarena, in dem eine riesengroße Holzscheune steht.

Jo Böning sagt: „Eine Woche vor der Betriebsübernahme des Klubs im Sommer haben wir einen kleinen Wasserschaden bemerkt.“ Es tropfte aus der Regenrinne des sogenannten Stadels. Der Raum mit der Scheune wurde damals nicht mehr genutzt und sollte im neuen Konzept von Böning unter „Rent a Stadel“ für Privatfeiern und geschlossene Gesellschaften eine tragende Rolle spielen.

Jo Böning betreibt den Motorradladen an der B9 in Koblenz und ist seit 20 Jahren mit dem ehemaligen Agostea - Nachtarena verbunden. Er übernahm 2024 den Laden und nannte ihn Nachtarena.
Jo Böning

Als man auf Spurensuche ging, wurde die Dimension des Ganzen, sowohl bautechnisch als auch finanziell, deutlich. Die Zwischendecke über dem Stadel ist betroffen. Versicherungen des Vorgängers, des Hauseigentümers, des Fitnessstudios und des Klubbetreibers müssen nun juristisch klären, wer was aus welchem Grund zahlen muss.

Ausgangspunkt des Malheurs: Obendrüber im Fitnessstudio war wohl bei den Duschen ein Rohr undicht, oder Klappen schlossen nicht richtig. So tropfte es stetig in die Zwischendecke und bahnte sich den Weg zu einer Sprinklerdüse.

An dessen Rohr entlang tropfte es aufs Dach des Stadels. „Und das war dicht“, sagt Böning, der lacht, obwohl ihm nach Schreien zu Mute wäre. Das Wasser lief in die zwölf Meter lange Dekorinne, die keinen Abfluss hat. „Kein Mensch weiß, wie lang es gedauert hat, bis sie so voll war, dass sie überlief.“ Und erst dann wurde das Problem bemerkt. Zu spät.

Fakt ist: Der Wasserschaden in der Zwischendecke muss behoben werden und der Holzstadel raus. Böning spricht von einem riesigen Aufwand, diesen abzubauen, einzulagern und wiederaufzubauen: „Der hat Zapfenverbindungen und ist geleimt, er ist gebaut wie ein Haus!“ Es gibt keine Baupläne. „Da muss sich jemand komplett reindenken, um es auch wieder aufbauen zu können.“

„Das ist für uns nicht wirtschaftlich.“
Den Stadel abzubauen, zu transportieren, einzulagern, wieder aufzubauen, der Betriebsausfall in der Zeit der Deckensanierung: Das macht für Betreiber Jo Böning finanziell keinen Sinn.

Vier Lkw-Sattelzug-Ladungen voll Material würden zusammenkommen samt Ausstattung, schätzt Böning. „Das ist für uns nicht wirtschaftlich.“ Man käme auf einen mittleren sechsstelligen Betrag. Während der Sanierung der Decke wäre der Klub wohl ein weiteres halbes Jahr geschlossen. „Die ganze Kohle spielen wir nicht mehr rein.“

Als das alte Agostea im vergangenen Jahr vor dem Aus stand, meinten viele Bekannte zu Böning, dass er den Klub weiterführen soll, weil er den Laden so lange kennt. „Als dann Torty sagte, wir machen es zusammen, wurde es ein Gemeinschaftsding“, sagt der 42-Jährige. Er übernahm den Klub, Torty engagierte sich mit Rat und Tat.

Über der Scheune befindet sich an der Decke der durchnässte Bereich, aus dem es übers Deck und die Rinne in den Raum tropfte.
Jo Böning

Der Entertainer war nicht nur viele Jahre Resident-DJ, sondern auch die Seele des Klubs. Er führte alle Gespräche, kümmerte sich um den Kontakt zur AKK, zu den Getränkelieferanten, Handwerkern und vielen mehr. Böning ist in seinem Motorradgeschäft an der B9 in Koblenz voll eingespannt. „Zusammen mit unserer Betriebsleiterin waren wir ein super Team.“

Das Team wollte, dass sich die Menschen in der Nachtarena (wieder) wohl- und sicher fühlen. Rigoroseres Vorgehen gegen Randalierer und Betrunkene schon an der Tür waren eine der Maßnahmen unter den neuen Betreibern.

Böning, der sich im Katastrophenschutz des THW engagiert, weiß, dass das Agostea viele Störenfriede anzog. Er habe dem neuen Team gesagt, er würde es nie an den Umsatzzahlen messen. Aber: „Ich will, dass sich die Leute wohlfühlen. Ich messe euch an den Polizei- und Rettungswageneinsätzen.“ Rückblickend wurde laut Böning genau einmal die Polizei gerufen. Und einmal der Krankenwagen – in acht Monaten. „Auf diese positive Entwicklung bin ich stolz“, sagt er.

Die Nachtarena zog langsam an, berichtet der 42-Jährige. Dass Torsten Schupp so schnell sterben würde, damit rechnete keiner. „Das hat uns einen riesen Schlag versetzt.“ Torty sei immer da gewesen, eine Nachtarena ohne ihn fast undenkbar.

So endet kurz nach der Ära des Stadtrats und Entertainers Schupp aka Torty, der Anfang Februar den Kampf gegen den Krebs verlor, auch die Geschichte der größten Diskothek von Koblenz, die nach acht Monaten Wiederbelebung nun am Ende angekommen ist.

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