Von unserem Mitarbeiter Reinhard Kallenbach
Das machte eine Informationsveranstaltung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz und Trier deutlich. Im Mittelpunkt standen dabei die Taxi- und Mietwagenunternehmen in der Region. Kooperationspartner war deswegen der Verband des Verkehrsgewerbes Rheinland (VDV).
Gut gemeint, aber handwerklich schlecht gemacht: Das war die Botschaft des VDV, dessen stellvertretender Vorsitzender Hans-Gerd Gutendorf die Bundesregierung, vor allem aber Arbeitsministerin Andrea Nahles attackierte. Denn aus Sicht des Verkehrsgewerbes ist die Zeit für die Umstellung einfach zu knapp: In der Branche gibt es zahlreiche Sonderregelungen und Prämienmodelle, die erst einmal auf einen einheitlichen Standard gebracht werden müssen.
Wie der stellvertretende VDV-Geschäftsführer Guido Borning ausführte, war der Verband sogar bereit, mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über einen Tarifvertrag zu verhandeln, der ab dem 1. Januar 2017 gelten sollte. Das hätte aus Sicht des Verbands für beide Seiten einen Zeitgewinn gebracht. Doch scheiterte das Projekt an unterschiedlichen Vorstellungen. So wollte Verdi die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden „deckeln“, was aus Verbandssicht angesichts von saisonbedingten Spitzen und langen Standzeiten unrealistisch war.
Für die 130 Unternehmensvertreter, die der Einladung in die Koblenzer Schlossstraße gefolgt waren, gab es vor allem eine Nachricht: Sie müssen jeden einzelnen Vertrag mit ihren Mitarbeitern genau unter die Lupe nehmen. Denn einige Sonderleistungen sind auf den Mindestlohn anrechenbar, andere nicht, erklärte Gastredner Hans-Peter Müller, Richter und stellvertretender Direktor des Arbeitsgerichts Koblenz. Der VDV hält deswegen aktualisierte Musterverträge vor, und auch die IHKs stehen bereit. „Wir möchten den Betrieben helfen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen“, so Daniela Breuer, Referentin für Verkehr bei der IHK Koblenz. Sie kritisiert: „Es ist wenig hilfreich, dass bis jetzt noch keine Durchführungsverordnungen zum Gesetz oder Informationen zur Kontrollpraxis bekannt sind. In sechs Wochen gilt bereits der Mindestlohn, aber noch viele Fragen sind ungeklärt.“ Zu den Unklarheiten gehören unter anderem die Verpflichtungen in Sachen Arbeitszeitdokumentation.
Unter dem Strich gehen die Unternehmen von erheblichen Kostensteigerungen aus. Der VDV spricht sogar von einer Erhöhung von 30 Prozent. Dennoch wurde in der Diskussionsrunde nicht der Mindestlohn von 8,50 Euro grundsätzlich infrage gestellt. In der Kritik stand vielmehr das Verhalten der großen Auftraggeber, wobei aus Sicht der Betroffenen die öffentliche Verwaltung und die Krankenkassen mit schlechtem Beispiel vorangehen. Ein Unternehmer sprach den Kollegen aus der Seele: Unter dem Hinweis auf Sparzwänge seien die vereinbarten Pauschalen so knapp bemessen, dass sich die Zusammenarbeit ab dem 1. Januar einfach nicht mehr lohnen würde. Richtig kritisch wird es für diejenigen, die mit Subunternehmern zusammenarbeiten, um öffentliche Aufträge zu erfüllen. Hält sich nämlich der Subunternehmer nicht an die Spielregeln, wird der eigentliche Auftragnehmer voll zur Rechenschaft gezogen.
Sicher ist: Die Branche wird reagieren, um den Mehraufwand abzufangen. Das werden vor allem die „normalen“ Kunden zu spüren bekommen. Der VDV geht davon aus, dass der Preis für jede Fahrt um 15 bis 20 Prozent steigen wird.