Offizier, Selbstständiger und Heimatforscher tritt bei Bürgermeisterwahl parteilos an
In der VG Vallendar wird ein neuer Bürgermeister gewählt: Adolf Schneider tritt als parteiloser Kandidat an
Die Verwaltung der Verbandsgemeinde Vallendar sucht einen neuen Chef: Fred Pretz legt sein Amt aus Altersgründen nieder, sein Nachfolger soll am 25. September gewählt werden.
Sascha Ditscher

Die Verbandsgemeinde (VG) Vallendar sucht einen neuen Bürgermeister: Der amtierende Verwaltungschef, Fred Pretz, tritt aus Altersgründen nicht mehr an. Am 25. September können die Bürger einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin wählen.

Die Verwaltung der Verbandsgemeinde Vallendar sucht einen neuen Chef: Fred Pretz legt sein Amt aus Altersgründen nieder, sein Nachfolger soll am 25. September gewählt werden.
Sascha Ditscher

Parteilos tritt Adolf Theo Schneider an. Auch wenn er 1961 im kalifornischen Fremont geboren wurde, sind er und seine Familie fest mit der VG verwurzelt. Sein Vater stammt vom Wüstenhof, seine Mutter aus Urbar. Schneider lebt mit seiner Lebensgefährtin in Vallendar. Zur Familie gehören zwei Töchter mit Schwiegersöhnen und fünf Enkelkinder. Wieder zurück aus den USA, ging er in Deutschland zur Schule und machte Abitur. Zwölf Jahre lang war er als Offizier tätig, hat bei der Bundeswehr Ingenieurwissenschaften studiert. 1990 gründete er zwei Firmen: Schneider und Partner, und die Schneider System GmbH, aus der er sich 2015 zurückgezogen hat, um sich mehr um seine Eltern kümmern zu können.

„Die sind beide pflegebedürftig, dann kamen noch die Enkel hinzu, da brauchte ich einfach mehr Zeit um Dinge zu regeln, die ich durch die vielen Geschäftsreisen nicht regeln konnte.“ Parallel zu seiner Tätigkeit als Selbstständiger hat er als Reserveoffizier weitergemacht. Heute verantwortet er bei Unterstützungen im Bundesamt für Personalmanagement 270 Personen. Gerade in den vergangenen zwei Jahren konnte er in Bezug auf Digitalisierung von Betriebsabläufen und Organisierungen unterstützen. Neben vielen Schulungen etwa an einer Führungsakademie der Bundeswehr hat er auch Fachschulungen wie beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bad Neuenahr durchlaufen.

Da muss man Probleme für den Bürger lösen, nicht in Parteien denken.“

Adolf T. Schneider

Seit Ende der 1980er Jahre organisiert er ehrenamtlich Ausstellungen mit Heimatbezug im Rathaus Vallendar, hat ein Heimatarchiv und -sammlung aufgebaut sowie einen jährlichen Bürgerprojektpreis zusammen mit den Lions initiiert. Seit Jahrzehnten betreibt er Regionalforschung, hat zu Themen der Stadt Vallendar, Niederwerth, Urbar und Weitersburg Bücher und Artikel publiziert und auch ein Werk über die Vallendarer Künstlerfamilie Verflassen geschrieben sowie eine Ausstellung im Mittelrheinmuseum initiiert. Auch über seine eigene Familiengeschichte hat er ein Buch geschrieben, immerhin ist die seit 300 Jahren auf dem Wüstenhof verwurzelt. 2021 hat er ein Buch über die Bendorfer Stadtgeschichte herausgegeben – auch dies ein Familienprojekt: Seine Frau kommt aus Bendorf.

Warum hat er sich für diesen Weg entschieden? Ihm war immer klar, dass er irgendwann selbstständig sein würde: „Vielleicht weil ich in den USA geboren bin.“ In dieser hat er sich drei Schwerpunkte aufgebaut: Organisationsoptimierung, auch in öffentlichen Verwaltungen, zudem Projektmanagement und Digitalisierungsprojekte sowie Interimsmanagement, in dem fehlendes Führungspersonal in Betrieben für einen Zeitraum ersetzt.

Matthias Brand focus-vallendar.d

Die Digitalisierung werde gerade für öffentliche Verwaltungen immer wichtiger. Ein Sachverhalt der Schneider erstaunt: „Es wundert mich, was da teils als neu dargestellt wird, bereits in meinem Studium in den 1980er Jahren habe ich mit dem PC vernetzt mit anderen gearbeitet.“

Wie bekommt er das alles unter einen Hut? Klar ist: „Bürgermeister der Verbandsgemeinde Vallendar ist kein Job, es ist ein Amt, für welches man 24 Stunden sieben Tage die Woche verantwortlich ist. Im Falle einer Wahl werde ich meine Selbstständigkeit sowie die Unterstützung der Bundeswehr beenden.“ Sein Hobby, die Historienforschung, wolle er nicht aufgeben: „Da finde ich Entspannung.“ Und Motivation, auch für ein mögliches Amt in einer „Region, die top ist“.

Was reizt ihn an der Politik? Anfang der 1990er Jahre war er schon einmal politisch aktiv, doch damals fehlte ihm noch die Berufs- und Lebenserfahrung, die er heute hat. Zwar war die politische Arbeit nicht, was er machen wollte, dennoch hat er sich weiter damit beschäftigt. Und auch wenn er mal Mitglied der CDU war, möchte er nun keiner Partei mehr beitreten; das sei auf kommunaler Ebene nicht so wichtig: „Da muss man Probleme für den Bürger lösen, nicht in Parteien denken.“

„Es ist ein wunderschöner Ort zum Leben und zum Älterwerden – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“

Adolf T. Schneider

Anfang des Jahres wurde er auf eine mögliche Kandidatur angesprochen, aus politischen wie auch aus nicht-politischen Reihen. Das wäre doch was für dich, hieß es, „mit deiner Erfahrung und deinem Herz“. Anfangs hat er noch abgewehrt, bis er sich eingehender mit der Frage beschäftigte: „Es ist eine gute Möglichkeit, die breiten Erfahrungen einzubringen, die ich in den Jahren in verschiedensten Bereichen gemacht habe.“Auch durch seinen Ingenieurhintergrund, gerade bei Themen, wie Wasserversorgung, Sicherheit- und Existenzvorsorge, Brandschutz, und auch technischen Fragen. Als er von seiner Familie eine 150-prozentige Rückendeckung bekam, reichte Schneider seine Bewerbung ein.

Was bedeutet Vallendar für ihn? Vallendar ist meine Heimat, sagt Schneider. Er sei mehrere Male umgezogen und bewusst Mitte der 1980er Jahre dort sesshaft geworden, wo seine Familie herkommt. „Es ist ein wunderschöner Ort zum Leben und zum Älterwerden – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Man müsse darauf achten, dass die Grundversorgung bestehen bleibe, auch mit pfiffigen Lösungen, beispielsweise einem kleinen Laden ohne Bedienung, wo man sich selbst Lebensmittel ziehen könnte.

Was ist der Charakter der VG? Die VG lebe geografisch von einem Übergang von Westerwald zum Rheinland, mit einer einmaligen Rheininsel, erklärt Schneider. Politisch merke man manchmal, dass Parteien gegeneinander arbeiten, und dass auch zwischen einzelnen Ortschaften nicht immer freundschaftlich miteinander umgegangen wird. Da müssen Blockaden, auch gedankliche, gelöst werden, damit man Themen gemeinsam angehen könne: „Letztendlich ist es eine VG mit einer Verwaltung, die muss für alle vier Kommunen da sein.“

Welche Projekte sind besonders dringend für Vallendar? Ein erster Punkt für ihn ist eine ärztliche Versorgung, denn eine ganze Reihe von Ärzten gehe in den kommenden Jahren gleichzeitig in Ruhestand. Davon sei er durch seine pflegebedürftigen Eltern auch persönlich betroffen. Auch Existenz- und Sicherheitsvorsorge gehören zu den wichtigen Themen. Dies nicht erst seit einem Jahr und wegen der akuten Sicherheitslage in Europa; zu dem Punkte zählen auch Wasser in ausreichend guter Qualität, Brandschutz und gut aufgestellte Feuerwehrkräfte. Ein pfleglicher Umgang mit der Natur ebenso wie mit Gewässern und Landwirtschaft sei ein Teil dieser Vorsorge.

Ein weiterer Punkt sei eine Zukunftsausrichtung der Verwaltung. Aus seiner Arbeit wisse er, dass es nicht nur wichtig sei, Informationstechnologie zu haben, sondern diese auch sinnvoll nutzen zu können. Im Rahmen der Digitalisierung müsse man auf Bürgernähe ausgerichtet sein, und sich auch als Bürgermeister als Dienstleister verstehen.

Welche Projekte wären wünschenswert? Zwar seien bei vielen Aufgaben wie die Ansiedelung von Unternehmen eher die Gemeinden gefordert, aber vonseiten der VG müsse man hier planerisch unterstützen. Fest steht: Man dürfe auf keinen Fall gegeneinander arbeiten, dafür seien die Ressourcen zu gering: „In den einzelnen Haushalten wird immer Spitz auf Knopf kalkuliert, da muss man sehen, dass man gemeinsam Lösungen findet.“ Gerade in Bezug auf eine Grundversorgung gebe es viele kleine Einzelprojekte, bei denen man sich auch mit Nachbarkommunen absprechen könnte, ob bestimmte Dinge nicht zusammen angegangen werden können.

Welche Projekte würde er als Bürgermeister gerne anstoßen? Es gibt Themen, die ihm am Herzen liegen, doch er wolle nichts Revolutionäres einbringen. Allerdings bestehe ein Bedarf, nicht nur zu verwalten, sondern Dinge aktiv anzugehen. Genau das liege ihm als Unternehmer, als solcher erkenne er auch, was in den kommenden Jahren alles ansteht. Dazu zählen stetige Optimierungen, denn von selbst würden die Bedingungen nicht besser werden. Auch finanziell nicht, da müssten pfiffige Lösungen her, die so vorher nicht angebracht worden sind.

Er habe in verschiedenen Unternehmen gesehen, was man nicht machen sollte, Angst vor Fehlern habe er aber nicht: „Ich habe selbst viele Fehler gemacht, dass Fehler passieren, ist nichts Schlimmes, aber man muss sie abstellen und es künftig besser machen. Das Bessere ist immer der Feind des Guten.“

Sein Wunsch für den Wahlkampf: Es soll ein sachlicher Wahlkampf sein, und wenn emotional, dann nicht gegen andere Menschen, sondern immer gegen für die Sache an sich: „Ein Wahlkampf sollte aus meiner Sicht nicht ideologisch sein, es geht um die besten Lösungen für die Bürger und Bürgerinnen.“ Der, den die Bürger als am geeignetsten ansehen, soll am Ende dann gewinnen, da sei er ganz Demokrat.

Drei Aushängeschilder der VG Vallendar? Zum einen die geografische Lage, aber auch die Einbringung in die Region: „Wir haben zwei Mittelzentren, Koblenz und Neuwied, sind schnell in Köln und Frankfurt, haben drei Flughäfen in der Nähe, trotzdem sind 50 Prozent der Fläche bewaldet oder mit Gewässern versehen. Daseinsvorsorge heißt auch, sich darum zukunftssicher zu kümmern.““

Der zweite Aspekt sei der Wohnwert, der auch etwas mit dem ersten Punkt zu tun habe. Aber auch die Qualität und das Angebot der Wohnungsmöglichkeiten sowie der Einkaufsmöglichkeiten gehörten dazu. Punkt drei sei Vallendar als Bildungsstandort: „Wo sonst in der EU gibt es eine Kommune dieser Größenordnung mit so vielen Kindergärten, Grundschulen, Realschule, Gymnasium und zwei Hochschulen auf so wenig Einwohner?“ An beiden Hochschulen, der WHU und der VPU (ehemalige PTHV), sei er seit 30 Jahren ehrenamtlich in Gremien aktiv. Im Thema Bildung sehe er einen großen Attraktivitätsfaktor für die VG, in der man von der Kita bis zur Hochschule alle Angebote bekommen kann: „Wir wohnen in einer so herausragend schönen Gegend, wir sollten zusehen, dass wir die Rahmenbedingungen gut halten und noch verbessern können.“

Von Stefanie Braun

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