Entsorgungsaufträge des Ordnungsamts explodieren
Immer mehr Schrotträder in Koblenz? Entsorgungsaufträge des Ordnungsamtes explodieren
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Hinweiszettel an Fahrrädern in der Roonstraße. Weil die Räder nach der gesetzten Frist nicht von ihren Besitzern entfernt wurden, hat die Stadt sie nun selbst beseitigt.
Kolk Matthias. Matthias Kolk

Herren- und damenlose Schrotträder sind in Koblenz kein neues Phänomen. Und doch scheint die Zahl der „Fahrradleichen“ in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen zu sein. Der Kommunale Vollzugsdienst registriert für das laufende Jahr achtmal so viele Dienstaufträge für die Entsorgung solcher Räder als noch vor zwei Jahren. Woher kommt die Schrottradflut?

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Hinweiszettel an Fahrrädern in der Roonstraße. Weil die Räder nach der gesetzten Frist nicht von ihren Besitzern entfernt wurden, hat die Stadt sie nun selbst beseitigt.
Kolk Matthias. Matthias Kolk

Wenn es darum geht, scheinbar vergessene oder sehr kaputte Räder aus dem öffentlichen Raum zu beseitigen, ist der Kommunale Vollzugsdienst in Koblenz oft das erste Glied einer langen Kette. „Fahrradleichen“ am Straßenrand markieren die Kräfte des Vollzugsdienstes auf ihren Streifen genauso wie Mitarbeiter des Umweltamtes mittlerweile konsequent mit entsprechenden Hinweiszetteln. Werden die Räder danach innerhalb von vier Wochen nicht von ihrem Besitzer entfernt, kümmert sich in der Regel der Kommunale Servicebetrieb darum. Die meisten Räder landen später zunächst im Fundbüro und enden als Spende, werden versteigert oder manche sogar verschrottet.

Doppelt so viele Aufträge wie im Vorjahr

80 Dienstaufträge hat das Ordnungsamt im Jahr 2023 in Bezug auf herrenlose Fahrräder in der Stadt bis Juli registriert. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr. „2021 waren es noch 10“, sagt Dirk Rombelsheim, Leiter des Kommunalen Vollzugsdienstes, im Gespräch mit unserer Zeitung. Der steile Anstieg überrascht selbst ihn. Hinter jedem Dienstauftrag würden sich in der Regel bis zu 20 Räder verstecken.

Manche seien sogenannte Fundräder und müssten gesichert werden. Oft ginge es aber tatsächlich um die Beseitigung der Räder aus dem öffentlichen Raum, sagt Rombelsheim und vermutet: „Wenn wir das nicht machen würden, dann würden sich die Räder ja türmen.“ Wie ist aber der drastische Anstieg der Dienstaufträge zu erklären?

Schrotträdern den Kampf angesagt

Die heißeste Spur führt ins Büro der städtischen Radverkehrsplanung. Der Radverkehrsbeauftragte Tobias Weiß-Bollin und sein Team haben Schrotträdern in Koblenz zu Beginn des Jahres den Kampf angesagt. Und das aus guten Gründen, wie Radverkehrsplaner Ralph Emmerich erklärt. „Schrotträder geben ein Gefühl der Unsicherheit und sehen nicht schön aus. Außerdem haben wir den Auftrag, für Fahrradparkflächen zu sorgen. Da ist es wichtig, dass wir Schrotträder loswerden, die die vorhandenen Flächen belagern“, so Emmerich.

Vor allem im Bereich des Hauptbahnhofs war das in der Vergangenheit ein Problem. Doch längst nicht mehr nur da. Wo ein Fahrradständer ist, sind Schrott- und besitzerlose Räder nicht weit, vor allem im Stadtzentrum zwischen Rhein und Mosel.

Hohe Zahlen durch viele Meldungen?

Anfang des Jahres initiierte die Stadt eine große Aufräumaktion in Bahnhofsnähe. Dutzende Räder wurden bei dieser entfernt. Seither sind und bleiben Schrotträder im Fokus der Radverkehrsplaner. Wenn ihnen Drahtesel im Stadtgebiet auffallen, die schon ungewöhnlich lange ungenutzt oder sehr demoliert herumstehen, melden sie das mittlerweile konsequent an den Kommunalen Vollzugsdienst, sagt Emmerich. Für ihn liegt auch darin eine Erklärung dafür, dass die Auftragszahlen des Ordnungsamtes derart in die Höhe geschossen sind.

Offensichtlich ist aber auch: Schrotträder zu entsorgen gleicht in Koblenz eine wahren Sisyphusarbeit. Immer wieder kommen Neue hinzu. Für Emmerich und seine Kollegen bleibt es ein Dauerthema. Aber wie kommt es, dass Räder urplötzlich scheinbar niemandem mehr gehören? Die Antwort darauf ist für Emmerich ein „großes Rätsel“. „Erklärbar ist das für mich nicht“, sagt auch Vollzugsdienstleiter Rombelsheim. Man müsse in den meisten Fällen wohl einfach von einer Eigentumsaufgabe ausgehen.

Lagerfrist muss eingehalten werden

Bisweilen kann es sich bei den Schrotträdern auch um gestohlene Fahrräder handeln. Im Fundbüro oder auch bei der Polizei wird das über die Codierung der Radgestelle geprüft. Die meisten allerdings sind kein Diebesgut und warten im Fundbüro vergeblich darauf, vermisst zu werden. Stehen sie länger als sechs Monate dort, kann die Stadt sozusagen frei über die Räder verfügen. Anfang Juli wurden so etwa 105 Exemplare auf einer jährlichen Auktion versteigert. Bei 40 bis 50 anderen Rädern sei die Lagerfrist noch nicht verstrichen, erzählt eine Mitarbeiterin des Fundbüros auf Anfrage.

Wirklich Schrott und reif für den Müll seien von den Rädern die wenigsten. Doch auch bei der diesjährigen Auktion waren manche den Bietenden nicht einmal mehr wenige Euro wert. Wieder andere nimmt die Fahrradwerkstatt der Caritas-eigenen Carmen entgegen. Dort werden die Räder zum Teil wieder aufbereitet und weiterverkauft.

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