Polizei tappt oft im Dunkeln - Von den Urhebern der Schmierereien fehlt meist jede Spur
Illegale Graffitis werden in Koblenz zum Problem – Täter bleiben meist unerkannt
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Ob in den Rheinanlagen, in der Innenstadt oder in den Stadtteilen: Täglich behandeln die Graffitikoordinatorin der Stadt Koblenz und ihre Kollegen 60 bis 70 Fälle.
Schneider Doris. Doris Schneider

Vor wenigen Wochen hat die Polizeidirektion Koblenz: gemeldet: „In der Nacht vom Freitag auf Samstag wurden 20 Gebäude nahe dem Hauptbahnhof durch Graffiti besprüht.“ Fälle wie diese, wenn auch nicht in dieser Dimension, passieren in Koblenz mittlerweile täglich.

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Ob in den Rheinanlagen, in der Innenstadt oder in den Stadtteilen: Täglich behandeln die Graffitikoordinatorin der Stadt Koblenz und ihre Kollegen 60 bis 70 Fälle.
Schneider Doris. Doris Schneider

Rund 3600 Sachbeschädigungen durch Graffitis und andere Schmierereien hat die Polizeidirektion Koblenz 2022 im Stadtgebiet registriert. 2021 waren es noch rund 2400 Fälle. Sicher hängt die deutlich niedrigere Zahl auch mit den Einschränkungen in der Corona-Pandemie zusammen. Trotzdem prognostiziert die Polizei für 2023 auf Nachfrage: „Tendenziell dürfte mit zumindest gleichbleibenden oder sogar eher gestiegenen Fallzahlen zu rechnen sein.“ Für die Graffitikoordinatorin der Stadt bedeutet das immer mehr Arbeit. Sie möchte anonym bleiben, lässt durch die Pressestelle der Stadt aber ausrichten: Sie und ihre Kollegen behandeln am Tag 60 bis 70 Fälle.

Täter sind immer Schritt voraus

Die Koordinatorin spricht mit betroffenen Hauseigentümern, koordiniert die Entfernung der Schmierereien, nimmt neue Fälle entgegen, geht selbst Hinweisen nach. Die Gesamtsituation zusammengefasst? „Schwierig“, sagt sie. Immer häufiger sind auch private Hauseigentümer Opfer. Täglich werde die Koordinatorin wegen neuer Graffitis kontaktiert, schreibt die Stadt. Das Problem an der ganzen Sache: Die Täter sind immer einen Schritt voraus. Die Stadt muss „aufräumen“, was andere hinterlassen haben.

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Diese Schmierereien, die noch kürzlich an einer Fassade im Blumenhof zu sehen waren, hat die Stadt inzwischen übermalen lassen.
Doris Schneider

Das wiederum tut sie konsequent. Dass die Arbeit der Graffitikoordinatorin fruchtet, fällt aufmerksamen Beobachtern schnell auf. Ein Beispiel gefällig? Schmierereien auf den Sitzbänken im Schlossgarten wurden fast so schnell wieder entfernt, wie sie angebracht wurden. Großflächig besprüht hatten Unbekannte auch einige Wände im Blumenhof an der Basilika St. Kastor. Auch dort hat die Stadt schnell reagiert und die Wände überstreichen lassen.

Hauseigentümer bleiben auf Kosten sitzen

Auf den Reinigungskosten bleiben in der Regel aber die Betroffenen sitzen. Auch wenn die Fälle und nach Einschätzung der Graffitikoordinatorin auch die Täter mehr geworden sind, kommen diese meist ungeschoren davon. „Die Aufklärungsquote bewegt sich dauerhaft im unteren einstelligen Bereich“, berichtet die Polizei. Die Gründe dafür sind vielschichtig. „Täter und Geschädigte stehen in keiner Beziehung, und zumeist findet die Tatausführung im Verborgenen statt.“ Hinweise sind Mangelware.

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Graffitis an einem Haus im Markenbildchenweg in der Südlichen Vorstadt.
Kolk Matthias

Was aber droht den Tätern, wenn sie erwischt werden? „Je nach Delikt kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden“, sagt die Polizei. Gerichtsverwertbar ist ein Tatnachweis aber nur, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wird, er die Tat gesteht oder die Tatmittel zweifelsfrei zugeordnet werden können. Keine einfachen Voraussetzungen für die Ermittlungen in Fällen wie diesen.

Hin und wieder gibt es aber auch aus Sicht der Polizei Erfolgserlebnisse zu vermelden. Glückt die Suche nach Schuldigen, seien diese meist Mehrfachtäter, „die das Sprayen als eine Art Ventilfunktion für aufgestauten Frust und Aggressionen nutzen“, so die Erfahrung der Polizei.

Graffitis als Kunstform

In Koblenz gibt es aber auch viele Beispiele dafür, dass Graffitis nicht nur Schmutz und eine Form der Frustbewältigung sind. Mit Projekten urbaner Kunst fördert die Stadt ein Verständnis von Graffitis als Kunstform. Ende 2022 hatte sie zum Beispiel fünf Stromkästen in der Innenstadt von dem lokal ansässigen Künstler Steffen Tschuk besprühen lassen. Unter der Europabrücke in Lützel gibt es seit einigen Jahren legale Graffitiwände, auf denen Sprayartists ihr Können zeigen. Graffiti in Koblenz bleibt ein Thema mit zwei Seiten.

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