Für Ausschussmitglieder ist klar: Das Koblenzer Wahrzeichen muss in jedem Fall erhalten bleiben
Icomos-Kritik an Koblenzer Seilbahn: Die Politik findet deutliche Worte
Die Koblenzer Seilbahn muss erhalten bleiben, das unterstrichen die Mitglieder in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Koblenz. Was ist den Koblenzern wichtiger, Seilbahn oder Welterbetitel? Die Frage ist nach dem jüngsten Icomos-Gutachterbericht im Auftrag der Unesco erneut aufgeploppt. Eine Umfrage dazu in der Koblenzer Innenstadt hätte wohl ein eindeutiges Ergebnis. Deutliche Worte in Richtung der Gutachter fanden auch einige Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses in der jüngsten Sitzung.

Die Icomos-Leute stören sich nach ihrem Besuch kürzlich im Mittelrheintal in Koblenz an der Gestaltung und Platzierung der Seilbahn-Talstation in direkter Nähe zur Basilika St. Kastor. Ebenso am neuen, geplanten Wohnquartier „An der Königsbach“ in Stolzenfels. Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagte: „Besonders bei der Seilbahn sind wir als Stadt absolut der Überzeugung, dass sie zu Koblenz und zum Welterbetitel passt. Wir werden alles daran setzen, die Seilbahn zu erhalten.“ Die Stadt brauche die Seilbahn aus den „verschiedensten Gründen. Sie ist ein Symbol für Koblenz geworden und hat ähnlich wie das Brauereiquartier eine sehr gute Entwicklung für die Stadt genommen und damit auch für das Welterbetal.“

Eine Verlegung der Talstation werden wir in keinster Weise diskutieren.

David Langner

In Sachen Wohnquartier „An der Königsbach“ werde die Stadt in Abstimmung mit dem Investor daher weiter an den Plänen festhalten (wir berichteten) und diese mit Bund, Land und Investor abstimmen. Bei der Seilbahn soll die Talstation nicht – wie von der Unesco gefordert – verlegt, sondern umgestaltet werden. Langner machte klar: „Eine Verlegung werden wir in keinster Weise diskutieren.“ Die wäre auch nicht einfach so möglich, wie Frank Hastenteufel, Leiter des städtischen Amts für Stadtentwicklung, ausführte: „Sobald man die Talstation um zehn Zentimeter verschieben würde, hätte man eine andere Achse und eine andere Statik.“ Offen sei indes, ob der Seilbahnmast im Rhein verkleidet wird.

Neues Outfit für die Talstation

Klar ist: Die Talstation soll neu gestaltet werden. Dabei geht es auch um die Höhe des Dachs, das laut Hastenteufel porös ist und irgendwann ausgetauscht werden müsste. Zudem sei die Antriebstechnik im Gebäude voluminös. Heute gebe es deutlich kleinere Apparate.

Die wohl deutlichste Kritik an den Icomos-Gutachtern formulierte Torsten Schupp (WGS): „Wenn alte weiße Frauen und Männer nach Koblenz kommen und uns etwas erzählen wollen, sage ich: Tschüss, Unesco-Welterbetitel.“ Die Diskussion um den Erhalt der Seilbahn sei so alt wie die Pläne für deren Bau. Schupp: „Es ist endlich mal an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Wenn uns alte weiße Damen und Herren die Pistole auf die Brust setzen, ist der Welterbetitel halt weg.“ Die Unesco bezeichnete er als „Verhinderungsverein für jegliche Entwicklung, die wir in Koblenz voranbringen wollen“.

Was bringt der Welterbetitel?

Christian Altmaier (Freie Wähler) meinte: „Beim neuen Wohnquartier ist die Kritik sehr ärgerlich, da der Investor schon erhebliche Gelder für die Planung in die Hand genommen und nun eventuell aus dem Fenster geworfen hat. Das ist nicht sehr entwicklungsfördernd.“ Ob der Welterbetitel gewinnbringend sei, sei fraglich: „Wenn ich mir die Orte zwischen Koblenz und Bingen anschaue, sind viele im Dornröschenschlaf. Wenn uns die Unesco mal auf die Rote Liste setzen sollte, sollten wir das sehr gelassen sehen, ähnlich wie Dresden.“ Die sächsische Landeshauptstadt hatte den Welterbeitel zum Dresdner Elbtal 2009 verloren wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke.

Marion Lipinski-Naumann (SPD) meinte: „Welterbepunkte zu vernetzen, war bereits Thema der Verhandlungen vor der Bundesgartenschau 2011. Klar ist: Die Seilbahn muss bleiben. Es ist ein großer Unterschied, ob man eine Brücke baut oder eine Seilbahn fahren lässt.“ Sie bezog sich damit auf die Unesco-Kritik an der geplanten Mittelrheinbrücke zwischen St. Goar und St. Goarshausen. Fritz Naumann (SPD) befand: „Man staunt darüber, wer alles einen Welterbetitel hat. Es ist fraglich, ob wir den Titel bis zum Sankt-Nimmerleinstag brauchen.“

Ulrich Kleemann (Grüne) meinte: „Wir brauchen die Seilbahn und den Welterbetitel. Es gibt einen erheblichen Sanierungsstau in Kaub oder St. Goar, da sind auch Touristen ausgeblieben. Wir müssen etwas für die Region tun. Ohne den Titel wäre die Bundesgartenschau 2029 nie ins Mittelrheintal gekommen.“ Christoph Schöll (FDP) sagte: „Im Zweifel müssen wir auch mal mit härteren Bandagen kämpfen. Ich will nicht lesen, dass ein Investor abspringt, weil der Welterbetitel in Gefahr ist.“ Stephan Otto (CDU) meinte: „Am Ende wird es ein Ergebnis geben, wahrscheinlich: Behaltet die Seilbahn und den Welterbetitel. Wenn das nicht eintritt, müssen wir uns erneut unterhalten.“

Joachim Paul (AfD) sagte: „Wir laufen Gefahr, mit der Seilbahn eine absolute Erfolgsgeschichte, einen absoluten Magneten zu verlieren. Wir können uns auch nicht um St. Goar kümmern und müssen sehen, dass wir den Investor beim neuen Wohnquartier nicht vergraulen.“ Gewisse Forderungen der Unesco seien „übergriffig und aus der Zeit gefallen“.

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