Protestzüge in Koblenz
Große Demos: Polizei leitet viele Strafverfahren ein
Bei der Demo am Kurfürstlichen Schloss wurden auch russische Fahnen geschwenkt.
Winfried Scholz

Hunderte demonstrierten am Samstag bei den Demos „Gemeinsam für Deutschland“ und der Gegendemo „Gemeinsam gegen den Faschismus“ mit. Und Hunderte Polizisten hatten allerhand zu tun, beziehungsweise verhinderten sie größere Ausschreitungen.

„Stell dir vor, es ist Frieden und keiner geht hin“, erklang es am Samstag aus Lautsprechern bei einer Demonstration vor dem Kurfürstlichen Schloss in Koblenz. Zahlreiche Friedensfahnen mit der weißen Taube waren zu sehen. Das Bündnis „Gemeinsam für Deutschland“, das unter anderem flächendeckende Grenzkontrollen und das Ende der Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine fordert, hatte bundesweit zu Märschen aufgerufen. Der Verfassungsschutz ging zuvor bereits davon aus, dass rechte extremistische Gruppierungen mitlaufen. Koblenz war einer von 16 Orten dieses Protestes.

„Kein Platz für Nazis in Koblenz“ lautete das Motto einer Gegendemonstration am Clemensplatz, zu der ein linkes Bündnis aufgerufen hatte. Angemeldet hatte diese Gegendemonstration die Koblenzer Linkspartei, teilt die Polizei mit. Im Fadenkreuz der oft massiven Kritik standen CDU, SPD und Grüne. Am Schloss wurden die Parteien wegen ihrer militärischen Unterstützung für die Ukraine als Kriegstreiber gebrandmarkt. Am Clemensplatz ging es vor allem gegen CDU und SPD wegen ihrer im Koalitionsvertrag festgehaltenen verschärften Asylpolitik. Dort wurde skandiert: „Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten.“

In der Clemensstraße kam es zu einer kurzzeitigen Blockade durch vermummte Demonstranten.
Winfried Scholz

Ein großer Teil der von der Polizei geschätzten 800 Demonstranten am Clemensplatz rekrutierte sich aus der Linkspartei. Am Ort waren neben Jusos, Grünen, hier vor allem die Grüne Jugend, Die Partei, Omas gegen rechts und die Antifa. Der Linken-Landesvorsitzende Dave Koch geißelte grundsätzlich „die ganze faschistische Kackscheiße“. Er bezeichnete „das Leuteabschieben“, wie es CDU, AfD und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gefordert hatten, als „rassistische Widerlichkeiten“. Koch sagte: „Wir alle sind Antifaschisten und verteidigen die Demokratie.“

Allerdings sieht sich auch das Bündnis „Gemeinsam für Deutschland“ als Verteidiger der Demokratie. Dies war, auch nach ihren Transparenten zu urteilen, die Absicht der nach Polizeischätzung 500 Demonstranten am Schloss. Dort wurden auch russische Fahnen geschwenkt. Zu lesen war „Keine Waffen und kein Taurus für die Ukraine“ und „Wir müssen friedenstüchtig werden“. Eine Rednerin geißelte die „kriegslüsterne Rhetorik von Deutschland und Brüssel“. Sie bezeichnete es als erbärmlich und beschämend, dass Deutschland nicht einmal ansatzweise Friedensverhandlungen herbeigeführt habe. Stattdessen würde gelogen, dass sich die Balken biegen. Putin habe immer wieder Friedensangebote gemacht, aber die Kriegsvorbereitungen auf deutschem Boden würden immer konkreter.

Auf der Demo „Kein Platz für Nazis in Koblenz“ sprach der Landesvorsitzende der Linken, Dave Koch.
Winfried Scholz

Polizei kann gewaltsames Aufeinandertreffen der beiden Demogruppen verhindern

Die Polizei war mit mehr als 400 Einsatzkräften am Ort, erklärte Oliver Jutz aus der Pressestelle des Koblenzer Polizeipräsidiums gegenüber unserer Zeitung. Die AfD hatte am Löhrrondell einen Infostand errichtet, der von circa 30 bis 40 vorbeiziehenden Personen beschädigt wurde. Im Zuge des tumultartigen Vorfalls wurde eine Person leicht verletzt, teilt die Polizei weiter mit. Nach der polizeilichen Sachverhaltsaufnahme konnte der Stand wieder errichtet und weiter betrieben werden.

Am Hauptbahnhof warf eine Person Glasflaschen in Richtung der eingesetzten Kräfte, diese erhielt einen Platzverweis. In der Poststraße und in der Clemensstraße war es kurzfristig zu einer Blockade von größtenteils vermummten Demonstranten gekommen, die aber von der Polizei aufgelöst werden konnte. Dabei wurden nach einer Pressemeldung drei Beamte leicht verletzt.

Mehr als 40 Strafverfahren

Insgesamt wurden im Rahmen des Einsatzes mehr als 100 Identitätsfeststellungen durchgeführt und mehr als 50 Platzverweise erteilt. 17 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Insgesamt wurden mehr als 40 Strafverfahren eingeleitet, überwiegend wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, so die Polizei weiter. Vor allem sei es gelungen, ein gewaltsames Aufeinandertreffen der beiden Demogruppen zu verhindern.

So blieb es, wie unsere Zeitung beobachten konnte, wegen eines 50 Meter breiten polizeilichen Sicherheitskorridors vonseiten der linken Demonstranten bei verbalen Attacken („Nazis raus“), als die andere Gruppe am Theater vorbeizog. Die Demo am Clemensplatz endete mit dem Absingen aller Strophen des Liedes „Die Internationale“.

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