Barrierefrei leben im Alter
Griesson baut Seniorenwohnungen in Kobern-Gondorf
Etwa 1500 Quadratmeter Fläche sowohl links als auch rechts der Von-Isenburg-Straße sollen bald für Seniorenwohnungen genutzt werden können. Das Bauprojekt wird von der Familie Gries initiiert.
Stefanie Braun

Aus Verbundenheit mit dem Moselort: Familie Gries plant 29 barrierefreie Wohnungen auf einem alten Fabrikgelände in Kobern-Gondorf. Die Investitionssumme liegt im achtstelligen Bereich, Ende des Monats soll der Spatenstich erfolgen.

Es ist kein Geschenk mit Schleife und Geschenkpapier, das die Gemeinde Kobern-Gondorf von der Firma Griesson – de Beukeler bekommen soll. Im übertragenen Sinne kann man den geplanten Bau mitten im Ort aber als solches betrachten. Auf einer noch herrschenden Kahlfläche – dort wo früher unter anderem der Norma-Markt stand – sollen bald 29 barrierefreie Wohnungen entstehen. Ein Grund für den Bau ist die Verbundenheit der Familie Gries mit dem Ort.

Wie man sieht, sieht man noch nichts. Martin Dötsch, seit der Kommunalwahl im Sommer neuer Bürgermeister der Dreiergemeinde Kobern-Gondorf und Dreckenach, steht in der Von-Isenburg-Straße unweit des Ortskerns. Links und rechts der Straße klaffen seit rund zwei Jahren Freiflächen zwischen den Häusern, die laut Ortschef aber bereits überplant sind. Und es sind große Pläne: Auf den mehr als 3000 Quadratmetern Fläche, verteilt auf die beiden Bereiche sollen in zwei dreigeschossigen Häusern – inklusive kleiner Parkanlage mit Hochbeeten, Dachbegrünung, Tiefgarage und PV-Anlage – insgesamt 29 barrierefreie Wohnungen entstehen, heißt es von Peter Gries, geschäftsführender Gesellschafter der M&H-Vermögensverwaltung GmbH & Co.KG im Telefonat mit unserer Zeitung. Im Erdgeschoss soll eine Tagespflege eingerichtet werden. Zielgruppe für die Mietappartements – von einem bis drei Zimmern Größe – sind Senioren und Menschen mit Beeinträchtigungen, alleine oder mit Partner. Die Wohnungen und Gebäude sind komplett barrierefrei mit automatischen Türen. Einige Wohnungen sind DIN-gerecht für Rollstuhlfahrer. Das gesamte Projekt gehe mittlerweile in den achtstelligen Investitionsbereich, sagt Gries.

Ortschef Martin Dötsch kennt das ehemalige Fabrikgelände noch aus aktiven Zeiten. Vor etwa zwei Jahren wurde der komplette Komplex abgerissen.
Stefanie Braun

Wohnen im Alter, ein Thema nicht nur in dem Moselort: Die Bevölkerung wird immer älter - und vielfach auch einsamer. Stirbt ein Partner, verbleibt der andere oft alleine in einem Einfamilienhaus mit wesentlich mehr Zimmern, als er oder sie brauchen oder versorgen können. Hierbei bleiben auch soziale Kontakte auf der Strecke, insbesondere wenn auch die Mobilität eingeschränkt ist. Dann sitzen Senioren immobil in Immobilien, heißt es auch im Vorortgespräch mit Dötsch.

Doch Alternativen gibt’s in kleinen Gemeinden, in denen sich die Älteren oft über Jahrzehnte heimisch fühlen, kaum. In Kobern will die Familie Gries von Griesson – de Beukeler nun ein Angebot schaffen. Auf dem Gelände der ehemaligen Fabrikhalle von den Anfängen der Firma am alten Stammsitz Kobern-Gondorf soll der Bau entstehen. Ein Grund dafür ist eben die Firmen- und Familiengeschichte, die mit dem Ort verwoben ist: Vater Heinz Gries, 1935 in Kobern geboren, übernahm 1966 den elterlichen Betrieb. 1969 baute er eine Fabrik in Polch, zehn Jahre später erfolgte auch der Umzug der Verwaltung dorthin. Mit der Erfindung des Soft Cake – ein Ganzjahresprodukt im Gegensatz zum saisonbedingten Lebkuchengebäck – hob er den Betrieb 1976 wirtschaftlich auf die nächste Stufe. In Kobern zurückblieben die frühere Fabrik und die dazugehörigen Hallen auf der anderen Straßenseite der Von-Isenburg-Straße.

An die aktive Fabrikationszeit kann sich auch Martin Dötsch noch erinnern, sogar ein Übergang über die Straße verband die beiden Hallen. Doch das ist lange her. Zuletzt wurden die Hallen als Unterstände für örtliche Vereine genutzt, mit dem Lebensmittelgeschäft Norma bestanden Pachtverträge bis zuletzt. Nach Beendigung der Verträge kam der Anstoß für das nun kommende Projekt: Vor etwa zwei Jahren sei die Gesamtanlage abgerissen worden, sagt Martin Dötsch. Zuvor war die Idee der Familie Gries im Gemeinderat vorgestellt worden, damals noch etwas abgewandelt. Die Grundidee war aber immer, Wohnen im Alter zu schaffen, sagt Peter Gries.

Seine Eltern, Heinz und Mädi Gries, waren beide bis zu ihrem Tode mit dem Ort eng verbunden. Nun führen die Kinder den Willen der Eltern fort. Hierzu gründeten sie die M&H Vermögensverwaltung, unter der auch die Wohnungen vermietet werden. Natürlich, sagt Dötsch, müsse die Angelegenheit auch wirtschaftlich sein. Es sei vollkommen legitim, eine schwarze Null anzustreben. Dennoch bleibe da ein gemeinschaftlicher Gedanke, schließlich könne eine solche Einrichtung für viele ältere Menschen bedeuten, zwar ihr Haus, aber nicht ihr Zuhause aufzugeben und in einem Ort zu bleiben, den sie nicht verlassen wollen.

„Wir wollen etwas Sinnvolles für Kobern schaffen, weil wir eben auch mit dem Ort verbunden sind.“
Peter Gries

Durch die Nähe zum Ortskern mit Apotheke, Bäcker, Ärzten, Einkaufsmöglichkeit und Kirche könnten mehr soziale Kontakte aufgebaut werden: „Es gibt Senioren, die teils über 24 Stunden mit niemandem reden, weil sie alleine in ihrem Haus sind“, weiß Dötsch. Und Peter Gries, der in Kobern aufgewachsen ist, ergänzt: „Wir wollen etwas Sinnvolles für Kobern schaffen, weil wir eben auch mit dem Ort verbunden sind. Es ist uns wichtig, dass etwas an den Ort zurückgegeben wird.“ Man habe vor sieben Jahren mit der ersten Idee angefangen, die Mühlen mahlen teils langsam, die Auflagen sind hoch, aber „wir glaubten vom ersten Tag an das Projekt. Es ist eine Herzenssache“. Der Spatenstich ist Ende März geplant.

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