Direkt am Rhein, in der unmittelbaren Nähe zum Hotel Kleiner Riesen und zum ehemaligen Pretzers Biergarten, wird eine Unterkunft für geflüchtete Menschen eingerichtet. Die wichtigsten Infos.
1Warum werden hier geflüchtete Menschen untergebracht und keine dringend nötigen Wohnungen eingerichtet? In der ganzen Stadt suchen Menschen manchmal verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum, und dann werden in einem ehemaligen Bürogebäude in allerbester Lage an den Rheinanlagen Unterkünfte für geflüchtete Menschen eingerichtet – dies wird auch in Zuschriften an die RZ vielfach kritisiert.
Doch Wohnungen einzurichten, ist gar nicht möglich, sagt Bürgermeisterin Ulrike Mohrs im Gespräch mit der RZ und erklärt die Hintergründe: Das Gebäude, das man durch eine schmale Hofeinfahrt zwischen dem Hotel Kleiner Riesen und der Ballettschule erreicht, hat früher die Bundespolizei beherbergt und gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).
Schon vor Langem hat die Stadt die Bima angefragt, ob sie Immobilien habe, die die Stadt zur Unterbringung von geflüchteten Menschen nutzen kann, berichtet Bürgermeisterin Ulrike Mohrs. Lange kam nichts, dann dieses Angebot: Das Haus, das die Postadresse Kaiserin-Augusta-Anlage trägt, kann von der Stadt für eine Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. „Es gibt für uns keine Möglichkeit zu sagen: Wir möchten gern Wohnungen dort einrichten“, sagt Ulrike Mohrs. „Wir können es für den angebotenen Zweck nehmen oder es lassen.“ Und lassen, das ist keine Option. Der Zuzug von Flüchtlingen ist ungebrochen, und die Stadt braucht weitere Räumlichkeiten, um sie adäquat unterzubringen.
2Das Bild der Rheinanlagen verändert sich: In Zuschriften äußern Leser die Befürchtung, das Bild der Rheinanlagen würde sich verändern: Auch durch die Nähe zum Biergarten am Rhein würde sich ein Ort herauskristallisieren, der zum Treffpunkt von ausländischen Männergruppen würde. Dabei ist klar: In dem Gebäude sollen nicht allein reisende Männer, sondern Familien und allein reisende Frauen mit Kindern untergebracht werden.
Und: Es wird keine Erst-Anlaufstelle für geflüchtete Menschen in Koblenz werden, sondern die Familien sind schon eine Zeit lang hier und haben schon erste Integrationsschritte bewältigt, so Bürgermeisterin Ulrike Mohrs. „Wir erwarten hier eine ruhige Unterkunft.“
Klar ist auch: Die Zahl der Menschen, die hier untergebracht werden können und sollen, liegt erheblich niedriger, als die RZ zunächst irrtümlich gemeldet hatte. Sie beträgt je nach Konstellation zwischen 70 und 90 Personen. Wer diese Menschen sein werden, aus welchen Krisenregionen sie kommen, kann derzeit niemand sagen. „Wenn uns vor drei Jahren beispielsweise jemand gesagt hätte, dass so viele Menschen aus der Ukraine Hilfe benötigen, hätte man ihn für verrückt erklärt“, sagt Mohrs.
3Wo sollen die Kinder untergebracht werden – es gibt ohnehin zu wenig Kitaplätze in der Vorstadt? Nicht alle Asylbewerber haben einen Anspruch auf einen Kitaplatz, aber je nachdem, wie ihr Aufenthaltsstatus ist (etwa bei einer Aufenthaltserlaubnis, einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung), sind die Familien anderen, die hier leben, gleichgestellt und haben einen Anspruch auf einen Kita-Platz ab dem ersten Geburtstag des Kindes. Und wenn die Kinder später hier auch zur Schule gehen, ist es im Sinne der Integration wünschenswert, dass sie vorher die Kita besuchen, bewertet die Bürgermeisterin die Situation.
Die Versorgung in der Vorstadt ist extrem eng, aber zurzeit wird eine große achtgruppige Kita auf dem Gelände der Overbergschule in der Goldgrube neu gebaut. „Dort haben wir Puffer“, sagt Mohrs. Bis die Flüchtlingsunterkunft genutzt werden könne, sei die Kita auch fertig.
Schulkinder würden wohl in die Schenkendorfschule gehen, Gespräche seien da noch nicht geführt worden, weil noch kein Mensch wisse, wer in das Haus konkret einziehen wird. Und zu weiterführenden Schulen gibt es von der Vorstadt aus gute Verbindungen zu jeder Schulform, sodass sich die potenziellen Schüler da gut verteilen dürften.
4 Und wer zahlt das alles? Der Stadtrat Koblenz hat entschieden, 75.000 Euro freizugeben – dieses Geld ist für die Planung gedacht. Denn den Aus- und Umbau von Büroräumen zu Wohnzwecken selbst wird zu 100 Prozent der Bund finanzieren, die Stadt muss allerdings in Vorlage treten.
Derzeit laufen die Planungen, wie die Umgestaltung möglichst flexibel ist, damit unterschiedlich große Familien untergebracht werden können. Dazu kommen Gemeinschaftsküchen und -sanitäranlagen. Außerdem sollen Büros für Ansprechpartner wie Sozialarbeiter, Integrationskräfte und für Mitarbeiter des Ausländeramtes hier untergebracht werden – für die Bewohner, aber auch für andere in Koblenz lebende Flüchtlinge.
Es wäre einfach zu sagen: Da soll eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden, dagegen formiert sich Unmut, möglicherweise auch Widerstand: Das müssen doch alles Ausländerfeinde sein. Aber ganz so einfach ist es nicht, meint unsere Redakteurin Doris Schneider.Kommentar zur geplanten Unterkunft für Geflüchtete in Koblenz: Da steckt eine Menge Konfliktstoff drin
Und dann müssen die Arbeiten ausgeschrieben werden, erklärt Ulrike Mohrs. Das ist bei öffentlichen Bauten so vorgeschrieben und frisst oft Zeit. Zudem können verschiedene Gewerke vermutlich erst nach und nach ausgeführt werden. Auch deshalb wird im Moment geplant, dass das Haus erst in etwa drei Jahren bezogen werden kann. Möglicherweise wird es aber auch schneller fertig.
5 Das Umfeld ist nicht begeistert: Hotelier André Hülsenitz vom „Kleiner Riesen“ sagt unumwunden, dass er nicht begeistert ist von der geplanten Unterkunft, die unmittelbar an sein Hotel angrenzt. Das gehe auch vielen anderen Anwohnern so, berichtet er, viele der Vorstädter wohnen in eigenen Wohnungen und Häusern und sehen die geplante Unterkunft kritisch. Kenan Tayhus, der in unmittelbarer Nähe seit Jahren plant, ein Hotel zu errichten, möchte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu den Plänen äußern, da der Sachverhalt gerade auf allen Ebenen noch diskutiert werde.
„Man muss unbedingt Sorge tragen, dass es gut läuft“, sagt Hotelier André Hülsenitz. Denn die Sicherheit im Umfeld sei wichtig. Dazu komme, dass seine Gäste bei ihm Ruhe und Erholung suchen. „Es gibt ja sehr unterschiedliche Flüchtlingsunterkünfte, und bei manchen ist jede Woche zwei-, dreimal die Polizei, das können wir nicht gebrauchen.“ Wenn hier Familien ruhig leben, habe natürlich kein Mensch etwas dagegen, betont er.
Vorwürfe machen er und auch andere Anwohner aber der Stadt, dass sie die Nachricht mehr oder weniger aus der Zeitung erfahren haben. „Wir hätten schon erwartet, dass man uns als unmittelbar Betroffenen das Projekt erst einmal vorstellt und erläutert.“ Auch die mit bis zu drei Jahren angegebene Umbauzeit macht ihm Sorgen: „So etwas ist immer mit Lärm und Dreck verbunden, das ist für uns als Hotel nicht gut.“
Die Stadt wird in einem Infoabend alle Details und Hintergründe zu der geplanten Flüchtlingsunterkunft bekannt geben, und zwar am Mittwoch, 3. April, 18 Uhr, vermutlich in der Rhein-Mosel-Halle. Detaillierte Infos dazu wird die Stadt noch veröffentlichen.