„Es geht.“ Wenn man Monika Reinhard, Weihnachtsbaumverkäuferin am Schängel-Center in Koblenz, nach der ablaufenden Weihnachtsbaumsaison fragt, ist ihre Antwort eher zurückhaltend. Ihr Vater Dieter Tietz war hier 31 Jahre lang am Platze, seit 15 Jahren hat die Tochter es übernommen, den Koblenzern ihren Weihnachtsbaum anzubieten.
Spürt sie bei den Kunden angesichts von Rekordinflation und Energiepreisexplosion eine Kaufzurückhaltung? Reinhard zögert, und eigentlich war es ja so wie immer, inklusive derjenigen, die einmal, zweimal, dreimal vorbeikommen, bis sie sich entschieden haben.
Nobilis und Blaufichte sind nicht mehr angesagt
Es kann eben nur einen geben, wenn es um das Jahresende-Festgrün geht, das nur als „Eckensteher“ eine nicht so schöne Seite haben darf. In den meisten deutschen Wohnzimmern soll es dabei schon lange nicht mehr eine Nobilis (Edeltanne) oder Blaufichte sein. Stattdessen führt an der nach dem finnischen Biologen Alexander von Nordmann (1803 – 1866) benannten Tanne kaum ein Weg vorbei.
Knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume werden in diesem wie im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft, so der Bundesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger. In der Region kommen die Bäume meist aus großen Kulturen in der Eifel oder dem Sauerland. 30 Prozent der im Alter von acht bis zwölf Jahren geernteten Bäume werden direkt bei landwirtschaftlichen Betrieben gekauft, weitere 30 Prozent im Straßenhandel und der Rest in Supermärkten sowie in Garten- und Baumärkten, so die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Bundesweit gibt es zwischen 2000 bis 4000 Produzenten.
„Die Leute sparen sogar beim Weihnachtsbaum!“ Patrick Golz steht unter der Balduinbrücke in Koblenz-Lützel, wo es seit gut 30 Jahren, so Golz, Weihnachtsbäume zu kaufen gibt. Ja, man merke, dass den Menschen selbst zu einem so traditionsbehafteten Anlass wie dem Weihnachtsfest genauer auf den Euro schauen.
Er merke das am Fehlen der Stammkunden aus dem nahen Seniorenheim. Dabei mache er den alten Leutchen doch so gern Sonderpreise. „Schlimmstenfalls“ wird er sogar noch an Heiligabend den letzten Baum verkaufen, wo er vor einem Jahr schon am 21. Dezember ausverkauft war.
Dirk Merkle gibt Patrick Golz recht: „Die Stimmung ist in diesem Jahr eher zurückhaltend“, meint er umgeben vom schönsten Nadelgrün unweit des Besucherfrequenzstarken Globus-Marktes in Koblenz-Bubenheim, wo er im nahen Umkreis noch zwei Mitbewerber hat. „Die Leute wählen heute eher einen Baum eine Nummer kleiner“, erklärt Merkle. Doch Energiekosten hin, Inflation her – der Baum müsse sein, einmal im Jahr, meint ein älterer Koblenzer bei der kritischen Tannenschau, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Ich spare ja wirklich überall. Doch man kann doch nicht auf alles verzichten.“
„Der Weihnachtsbaum muss sein, gerade mit Kindern!“ Alina Ihrlich, Ehemann Florian und Töchterchen Mila aus Urmitz sind beim „Weihnachtsbaum-Discount“ von Justus Jonas an der Industriestraße in Mülheim-Kärlich fündig geworden. Ihr Baum ist schon eingenetzt, um sie herum sind Dutzende Gleichinteressierte noch auf der Suche.
„Nein, Verkaufsrückgänge haben wir keine, ich meine aber, dass die Leute mehr aufs Geld achten als sonst“, schätzt auch Jonas die Lage wie die Kollegen ein. Bei Preisen wie 2021 geht der Meter Nordmanntanne für nur 17 Euro weg.
Noch 2 Euro günstiger ist es am Stadteingang von Mayen. In den Städten ist der Weihnachtsbaum teurer als in ländlichen Gebieten. Verkäufer Samuel Klasen hat anders als die Kollegen in Koblenz aber festgestellt, „dass die Leute eher größere Bäume kaufen.“
Egal wie günstig, spätestens an Mariä Lichtmeß am 2. Februar droht das jähe Ende. Und dann? Wurde der Weihnachtsbaum nicht mit Ballen gekauft und jetzt eingepflanzt, kann er in Biomasseanlagen entsorgt oder geschreddert und kompostiert werden, Krönung wäre die Verfütterung an Zootiere, wie das Prachtexemplar aus der Eifel am Kölner Dom. Doch auch hier gilt: Es kann nur Einen geben!