Lothar Lützenberger betreibt das Weinhaus und Restaurant Brunnenklause in Winningen. Dieses hat üblicherweise von 11.30 bis 14.30 Uhr geöffnet und dann wieder ab 17 Uhr. „Wir machen jetzt nur noch mittags auf“, sagt Lützenberger. Am Mittwochmorgen hat er einen Termin bei seinem Steuerberater und will die Möglichkeiten des Kurzarbeitergeldes ausloten. Er hat zwei feste Mitarbeiter und drei Aushilfen. „Ich weiß selbst noch nicht so genau, wie wir das jetzt machen“, sagt er.
Er generiere die größten Umsätze mit dem Abendgeschäft. „Die nächsten Wochen stehen wir das finanziell noch durch, aber länger als drei Monate wäre problematisch“, sagt der 69-Jährige, der seit 20 Jahren als selbstständiger Gastronom arbeitet. Er wird nun die Tische alle zwei Meter auseinander ziehen. „Dann können wir allerdings nicht mehr so viele aufnehmen.“
Nach einer kurzen Denkpause sagt Lützenberger: „Aber wer weiß, wie viele überhaupt noch kommen.“ Bislang hatte er die Auswirkungen der Corona-Krise in seinem Geschäft noch nicht gespürt.
Das Restaurant Zur Linde in Mülheim-Kärlich informiert auf der eigenen Internetseite seine Kunden, dass das Restaurant abends aufgrund der aktuellen Situation geschlossen bleibt. „Wir bitten um Verständnis. Bleiben Sie gesund!“, teilen die Inhaber Sandra und Marco Linden mit. Üblicherweise hat der Betrieb immer von 12 bis 14 Uhr und an den meisten Tagen von 18 bis 22 Uhr geöffnet. Auf Nachfrage unserer Zeitung kann sich Sandra Linden noch nicht zu den Auswirkungen dieser Anordnung äußern, weder finanziell noch personell. „Wir wissen das alles selbst noch nicht genau.“ Fest aber steht, dass das Restaurant mittags wie gewohnt geöffnet ist.
Marco Stümper, Betreiber des Lokals „Zur alten Brauerei“ in Neuendorf, sagt: „Im Fall einer allgemeinen Schließung der Restaurants muss ich schauen, dass ich Kurzarbeitergeld beantrage, damit wenigstens die Festangestellten weiter ihr Geld bekommen.“
Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Birgit Bittau-Schwarzkopf, Inhaberin des Planstübchens in der Koblenzer Altstadt sieht für sich, ihre Schwester und ihre Angestellten keine andere Alternative: „Wir können sonst nur schauen, dass wir dem Laden einen neuen Anstrich geben und generell kleinere Renovierungsarbeiten machen. Das ist aber je nach Länge der Schließung auch keine Dauerlösung.“ Umsatzeinbußen gäbe es hier zwar schon seit ungefähr einer Woche. Doch selbst bei einem Einnahme-Rückgang von 50 Prozent habe sie noch die Fixkosten decken können.
Viele Koblenzer Gastronomen gehen schon seit mehren Tagen deutlich kalkulierter mit ihren Wareneinkäufen um, Personaleinsatzpläne wurden vielerorts nur noch für den Folgetag erstellt und Mitarbeiter eingehend informiert. Doch bei aller Vorbereitung bleibt der Ernst der Lage bestehen. Birgit Bittau-Schwarzkopf sagt: „Wir sind es gewohnt, dass wir uns einen finanziellen Puffer zur Seite legen. Als Selbstständige in der Gastronomie muss man immer Mal mit schlechten Tagen oder Wochen rechnen.“ Jedoch würden diese Rücklagen nur für vier Wochen reichen.
Alte-Brauerei-Betreiber Stümper meint indes: „Ab der dritten Woche würde es für uns kritisch.“ Im Gegensatz zu einer Kneipe bleiben ihm aber einige rechtliche Alternativen: „Wir bieten seit dieser Woche neben dem üblichen Betrieb auch Essen zum Mitnehmen an, und ab 18 Uhr wird das Personal als Lieferdienst eingesetzt. Damit können wir uns, wenn es ankommt, länger über Wasser halten.“ Eine Möglichkeit, über die mehrere Restaurantbesitzer in Koblenz nachdenken. Denn die Zahl der stornierten Reservierungen und Veranstaltungen steigt stetig.
Gemischtere Gefühle hegt der langjährige Gastronom und Unternehmer Ralf Prestenbach, Inhaber mehrerer Betriebe, unter anderem vom Circus Maximus. Betriebswirtschaftlich sieht er für sich keine Wege an den staatlichen Hilfen vorbei: „Eine Umstellung auf einen Lieferdienst halte ich nicht für sinnvoll. Alles Neue bedeutet jetzt auch Investition, in einer Zeit, in der das Geld knapp ist.“ Zudem seien andere Lieferdienste bereits viel zu etabliert und der Markt entsprechend gesättigt. Daher zog er es vor, den Circus komplett zu schließen,
Prestenbach sagt: „Wir öffnen üblicherweise um 17 Uhr. Die eine Stunde lohnt sich nicht, und der Mittagstisch ist nicht unser Geschäft.“ Allein auf Rücklagen zu bauen, kann er sich ebenfalls nicht vorstellen. Denn: Bei Lokalen dieser Größenordnung seien die monatlichen Kosten viel zu hoch. Als Privatperson hat Prestenbach vollstes Verständnis für die immer drastischeren Einschränkungen und empfindet die Maßnahmen als durchaus richtig: „Ich habe selbst eine Mutter im hohen Alter, und ich würde sie gern noch viele Jahre gesund wissen.“
Ihn stört aber die Sorglosigkeit der Menschen, die sich momentan auf Terrassen und in Eiscafés dicht an dicht aneinandergedrängt aufhalten „Das ist verantwortungslos, und ich wünsche mir, dass das Bewusstsein der Bevölkerung steigt.“
Der Gasthof Zur Krone in Plaidt ist ziemlich genau so, wie man sich eine klassische Dorfgaststätte vorstellt: Hier treffen sich Plaidter gegen 12 Uhr zum Mittagstisch, abends sitzen hier Vereine, Stammtische und Freundeskreise beim Bier zusammen, an den Wochenenden werden runde Geburtstage oder andere Familienfeste gefeiert. Doch seit am Freitag die Nachricht von den landesweiten Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Coronavirus die Runde machte, ist der Gastraum meistens verwaist. „Es kam eine Absage nach der anderen“, erzählt Tessy Höllfritsch, die den Familienbetrieb gemeinsam mit ihrem Mann Bernd leitet.
Die aktuellen Entwicklungen treffen den Familie Höllfritsch völlig unvorbereitet: „Aus dem vollen Leben heraus auf Null“, beschreibt Tessy Höllfritsch. „Es ist katastrophal.“
Für die Anordnungen der Behörden hat Höllfritsch Verständnis und appelliert an die Mitbürger, persönliche soziale Kontakte in den kommenden Wochen tatsächlich möglichst zu vermeiden. Sie befürchtet, dass sich sonst der Krisenzustand auf unbestimmte Zeit verlängern könnte, was viele kleine Gaststätten nicht überleben würden. „Mit Regierungshilfen ist das nicht zu lösen“, ist sie sicher.