Bei der Zahlung mit Karte stehen plötzlich 10 Prozent mehr auf dem Beleg - Gastronom sagt: Das ist so nicht passiert
Gast eines Koblenzer Lokals ist sauer: Ihm wird ungefragt Trinkgeld mit abgebucht
Gemeinsam mit seiner Frau hat der Mülheim-Kärlicher in Koblenz gegessen. Die 10 Prozent Trinkgeld sind dem Paar ungefragt aufgeschlagen worden, sie hatten dem Kellner Münzen in die Hand gedrückt. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

„Gesetzeswidrig“ nennt ein Mülheim-Kärlicher, der vor einiger Zeit mit seiner Frau essen war, das, was ihnen dort im Lokal widerfahren ist. Auf die Rechnung, die der 71-Jährige mit Karte bezahlte, waren ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung 10 Prozent Trinkgeld aufgeschlagen worden.

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Derzeit vom Weihnachtsmarkt auf dem Görresplatz umrahmt ist das Adaccio, in dem dem Mülheim-Kärlicher Ehepaar ungefragt das Trinkgeld berechnet wurde. Foto: Reinhard Kallenbach
Reinhard Kallenbach

10 Prozent Trinkgeld – ohne überhaupt gefragt worden zu sein? Noch heute ärgert sich ein Mann aus Mülheim-Kärlich über einen Restaurantbesuch in Koblenz. Er erinnert sich im Gespräch mit der RZ: Es ist ein Dienstag, als er mit seiner Frau im Lokal „Adaccio“ essen geht, sie entscheiden sich für Spaghetti aglio Olio, Fusilli mit Lachs und eine Flasche Wasser und sind zufrieden.

Das Paar geht häufiger hier essen, wenn die beiden in der Stadt etwas erledigen oder bummeln. Als sie aufbrechen wollen, kommt der Kellner mit einem Tablet und zeigt ihnen den Rechnungsbetrag von 41,03 Euro. Der Gast zahlt mit seiner EC-Karte.

Krummer Betrag macht stutzig

So weit, so normal. „Der Rechnungsbeleg wurde mir anschließend auf meine Bitte hin ausgehändigt“, so der Mülheim-Kärlicher gegenüber der RZ. „Dabei stellte ich fest, dass auf die eigentliche Rechnungssumme automatisch 10 Prozent Trinkgeld berechnet wurde“, schreibt er in seiner Mail. So war es auch zu dem extrem krummen Betrag gekommen, weil eben zu den 37,30 Euro, die Essen und Getränk kosten, zusätzlich 10 Prozent, also 3,73 Euro zugebucht worden – „obwohl ich weder gefragt wurde noch dazu etwas gesagt habe“, versichert der Gast. Denn einen kleinen Betrag Trinkgeld hatte er dem Kellner während des Bezahlens ohnehin extra in die Hand gedrückt.

Er fragt den Kellner, wie es zu dem Vorgang kommt. „Der versuchte auf Nachfrage, die Vorgehensweise zu rechtfertigen“, erzählt der RZ-Leser. Sein Argument sei gewesen, dass insbesondere Touristen nicht wüssten, dass Trinkgeld in Deutschland üblicherweise gezahlt würde. Für den Gast ist die Lage klar: „Ich bin der Meinung, dass dies gesetzwidrig ist.

Gemeinsam mit seiner Frau hat der Mülheim-Kärlicher in Koblenz gegessen. Die 10 Prozent Trinkgeld sind dem Paar ungefragt aufgeschlagen worden, sie hatten dem Kellner Münzen in die Hand gedrückt. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Und diese Einschätzung deckt sich durchaus mit der der Polizei: „Die rechtlichen Voraussetzungen für einen möglichen Betrug wären Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und Vermögensschaden. Diese sind nach oberflächlicher Betrachtung des Sachverhaltes gegeben“, so Verena Scheuer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums. „Allerdings obliegt eine abschließende strafrechtliche Einordnung nicht der Polizei, sodass hierzu keine verbindliche Aussage getroffen wird.“ Weitere gleich gelagerte Fälle seien hier im Raum Koblenz nicht bekannt.

Auch das Ordnungsamt bewertet eine solche Vorgehensweise als „nicht rechmäßig“. Die juristische Begründung ist etwas komplizierter, es geht dabei vor allem um einen möglichen Verstoß gegen die „Preisangabenverordnung“. Bei einer Kontrolle, die sie nach den Vorwürfen des Gastes gemacht haben, hätten Kollegen vom Ordnungsamt aber keine Erkenntnisse gewonnen, dass tatsächlich ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vorliege, so Stadt-Pressesprecher Thomas Knaak. Auf die Frage, ob diese Kontrolle denn inkognito erfolgte, schreibt er: „Die Kollegen haben die Kontrolle in Uniform vorgenommen, also waren sie gut als städtisches Ordnungsamt zu erkennen.“

Tayhus dementiert zunächst

Gastronom Kenan Tayhus bestreitet ohnehin, dass es hier Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Erst nachdem die RZ ihm ein Foto des Belegs schickt, schickt er eine schriftliche Stellungnahme. In der Kasse sei kein 10-Prozent-Aufschlag automatisch einprogrammiert, schreibt er. Nur wenn ein Gast dem Mitarbeiter ein Trinkgeld geben möchte, könne die Servicekraft dies in der Kasse eingeben, das dann mit dem Rechnungsbetrag von der Karte abgebucht wird, wie in jedem anderen Restaurant auch.

„Und genau so ist es hier passiert.“ Dass es eher merkwürdig ist, dass jemand „10 Prozent“ nenne und keinen Betrag, und dass der RZ die Aussage des Gastes vorliegt, darauf geht Tayhus nicht ein.

Da die RZ den Beleg gepixelt hat, um nicht zu leicht Aufschluss auf den Kellner zu geben und diesen eventuell in Schwierigkeiten zu bringen, könne Tayhus den Mitarbeiter nicht befragen, um die Situation zu klären, schreibt er weiter in seiner Mail. Tayhus betont aber: „Ich habe bisher noch von keinem Gast gehört, dass die Mitarbeiter sich ihr Trinkgeld eigenständig aufbuchen. Das ist mir noch nie untergekommen.“

Und: „Davon mal abgesehen haben wir mit dem Trinkgeld auch gar nichts zu tun. Das ist eine reine Vereinbarung zwischen Gast und Mitarbeiter. Und natürlich sind die Gäste nicht verpflichtet dazu.“

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