Für (fast) jeden und jede etwas: Das macht das Horizonte-Festival aus - So kam die Mischung in diesem Jahr an
Für (fast) jeden und jede etwas: Das macht das Horizonte-Festival in Koblenz aus
Weltmusik-Festival Horizonte auf der Festung Ehrenbreitstein - Freitag
Das Horizonte steht für Vielfalt und Abwechslung auf den Bühnen – und auch in diesem Jahr wurden die Erwartungen des Publikums erfüllt. Unter anderem bot das Absinto Orkestra featuring Lulo Reinhardt mitreißenden Gadjo Swing.
Sascha Ditscher

Die Sonne strahlt, die Musik heizt ebenfalls ein, und Künstler aus der ganzen Welt stehen auf der Bühne: So war die Stimmung beim diesjährigen Horizonte-Festival.

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Da hatte es der Wettergott wohl etwas zu gut mit den Besuchern des Horizonte-Festivals gemeint. Besonders am Samstag befand sich ihre Liebe zur Musik auf dem Prüfstand angesichts von Temperaturen jenseits der 30 Grad. Es darf angenommen werden, dass viele der Künstler, die an den drei Tagen auf ebenso vielen Bühnen standen, die Hitze besser vertrugen. Immerhin stammte eine große Anzahl der Formationen aus südlicheren Breitengraden, etwa aus Ländern wie dem Kongo oder Brasilien beziehungsweise von ganzen Kontinenten wie Australien.

Als Moderator Stephan Maria Glöckner das Festival am Freitag um 18 Uhr pünktlich eröffnet, ist die Sparkassenbühne im Retirierten Graben schon gut besucht. Schließlich hat sich mit der Formation „Jembaa Groove“ eine international aufgestellte Formation angekündigt, deren rhythmusbetonter Afrosoul dafür prädestiniert ist, gute Stimmung zu verbreiten. Die Zuhörer auf den heiß begehrten überdachten Sitzplätzen lassen sich gern anstecken von so viel positiver Energie, die besonders der Sänger, gleichzeitig auch der Perkussionist, ausstrahlt.

Josef und Gertrud Helten zieht es seit Jahren zum Festival der Weltmusik auf der Festung Ehrenbreitstein.
Alexander Thieme-Garmann

Im Publikum sitzen auch Josef und Gertrud Helten aus Koblenz. „Hauptsächlich sind wir wegen Lulo und Absinto gekommen, aber alles andere nehmen wir gern mit“, gesteht das Paar. Hinter den Genannten verbirgt sich das Absinto Orkestra featuring Lulo Reinhardt, die mit Gadjo Swing aufwarten. Dazu bedienen sie sich einer feurigen Mischung, etwa aus Elementen der Balkan-Folklore, des Tangos und des Blues. Dieser Mix kommt einer Aufforderung zum Tanz gleich, womit keiner der Bühnenstandorte ein Problem hätte. Tanzflächen sind reichlich vorhanden, weiß auch das Ehepaar Helten. Schließlich kommen die beiden Vertreter der Ü-60-Generation regelmäßig zum Horizonte.

Lateinamerikanische Tänze gepaart mit Rock und Reggae

Ein Abstecher zum Hauptgraben führt an die Kultursommerbühne. Hier benötigt die Band „La Flecha Negra“ kaum Zeit, um ihr Publikum aufzuheizen, denn auch gegen 19 Uhr ist es immer noch recht warm. Wenn die Multikulti-Band ihren sogenannten Mestizo-Sound entfacht, verbinden sich die Rhythmen lateinamerikanischer Tänze wie Rumba, Salsa oder Samba mit Elementen des Rock und des Reggae. Der Bereich vor der Bühne ist eine einzige Tanzwiese, auf der auch Claus Bauer anzutreffen ist.

Weltmusik-Festival Horizonte auf der Festung Ehrenbreitstein - Freitag
El Flecha Negra verbinden traditionelle Stile wie Cumbia und Reggae mit Mestizo und Peruanischen Chicha Sounds.
Sascha Ditscher

Der Koblenzer ist Teil eines Besucherquartetts, das sich über die Eventapp Meet5 für das Horizonte verabredet hat. Die tags vorher untereinander noch völlig Fremden hat das gemeinsame Interesse schnell zusammengeschweißt. „Musikalisch sind wir offen für alles“, betont Bauer, während die Gruppe weiter über das Festungsgelände zieht. Ein Mitglied war schon am Donnerstag hier oben, als die Toten Ärzte operierten.

Vielleicht führt der Weg der Vier hinüber zur Casinobühne, die am Freitag fest in der Hand der Liedermacher ist. Von den drei Singer/Songwritern hat Cynthia Nickschas am nächsten Tag einen zusätzlichen Auftritt. Gegen Mittag erfolgt nämlich ihr Upgrade auf die Sparkassenbühne, wo sich die Bonnerin samt ihrer Band wiederfinden wird.

Hippiemarkt lockt mit bunten Farben

Es wird Zeit für einen Gang über den Hippiemarkt. Hier ist es wirklich sehr bunt. Da bildet auch der Stand von Dori Blumenberg keine Ausnahme. Die Frau aus Rieden bei Mayen hat ein breit gefächertes Sortiment. Es beinhaltet unter anderem nickelfreie Ringe, farbenfrohe Fingerpuppen und nepalesische Eierwärmer. „Heutzutage wird es immer schwieriger, dem Internethandel Konkurrenz zu bieten“, bedauert Blumenberg. Nichtsdestotrotz kehrt sie für das Gauklerfest in einer Woche bald zum Standort zurück.

Ebenfalls schon lange dabei ist Dori Blumenberg aus Rieden (rechts). Ihr Stand gehört zu denen, die Hippieflair aufs Festivalgelände bringen.
Alexander Thieme-Garmann

Here comes the sun: George Harrisons Prophezeiung aus dem Jahre 1969 wird am Samstagmittag wahr. Die Zahl der Festivalbesucher hat, um es vorsichtig auszudrücken, noch nicht den Höchststand vom Freitagabend erreicht. Um Schutz vor der Sonne zu suchen und dabei dennoch nicht auf Livemusik zu verzichten, bietet sich ein Besuch in der Festungskirche an. Dort spielt die Wuppertaler Harfenistin Charlotte Daun Musik aus aller Welt. Der Saal ist gut gefüllt, und ein Blick in die Reihen der Zuhörer zeigt, dass sie nicht allein zur Abkühlung gekommen sind. Gebannt lauschen sie den Klängen der Zupfenden, sodass man annehmen darf, dass der große Applaus von Herzen kommt.

Tanzen gehört zum Horizonte dazu

Draußen stoßen immer mehr Festivalbesucher dazu. Mittlerweile hat auch ein Damentrio das Festungsgelände erreicht. Zwei der drei Freundinnen haben den Weg dorthin aus Köln und München gefunden. Hierbei handelt es sich um Vera Schmidt und Jutta Marquardt. Lediglich Mohani Poulet stammt aus Koblenz. Als Leiterin des Jungen Chors der Musikschule Koblenz ist sie die Idealbesetzung für die Rolle der Festivalführerin für ihren weit angereisten Besuch.

Nach dem Durchforsten des Programmflyers fallen schnell die ersten Namen. Auf dem Wunschzettel der Drei stehen demnach die marokkanische Formation „Aita Mon Amour“, die traditionelle mit elektronischen Klängen versieht, und die Band „Wakkamole“, die sich unter anderem auf Reggae, Latinbeat und Afrofunk spezialisiert hat. „Auf alle Fälle wird heute Abend noch getanzt“, verspricht Poulet und hofft dabei auf den zustimmenden Blick ihrer Begleiterinnen.

Lediglich Klaviermusik fehlt

Alexander Schäper hat aus dem nahen Niederlahnstein den Weg zum Horizonte gefunden. „Hin und wieder besuche ich auch gern Festivals in anderen Regionen“, verrät er. Dabei nennt Schäper das „Heimspiel“ in Erbach im Rheingau und die „Traumzeit“ in Duisburg. Was er beim Blick auf das Programm ein wenig vermisse, seien Künstler, die das Klavier in den Mittelpunkt ihrer Performance stellen.

Schäpers Pflichtbesuch gilt der Berliner Band „Il Civetto“, die ihre Musik als Fusion-Pop bezeichnet. Der Rio-Reiser-Fan alter Schule ist durch ein Video im Internet auf die Gruppe gestoßen, in welchem der Rio-Reiser-Platz in Berlin besungen wird. Schäper selbst hatte den 1996 verstorbenen „König von Deutschland“ noch live erlebt. Das Horizonte wird für ihn – wie für viele andere vermutlich auch – so auch ein Stück Reise in die eigene (musikalische) Vergangenheit.

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