Schon seit fünf Jahren ist der Bau fertig. Wie sieht eine erste Bilanz aus?
Der 20. Juni 2013, ein Donnerstag, wird ein zentrales Datum in der jüngeren Stadtgeschichte bleiben. Schon am Eröffnungstag stürmten viele neugierige Schängel das Forum. Zuvor hatte die Polit-Prominenz die Investition als wegweisend gewürdigt. Lediglich die Repräsentanten der BIZ und der FDP wollten nicht mitjubeln. Die Liberalen machten sogar mit einer Demo darauf aufmerksam, dass die Investitionen, die zu diesem Zeitpunkt ohne Betriebskosten auf rund 95,4 Millionen Euro geschätzt wurden, aus ihrer Sicht die Kommune auf Dauer hoffnungslos überfordern würden. Dass am Ende 4,3 Millionen Euro weniger benötigt wurden, änderte für die Kritiker wenig. Ganz anders Joachim Hofmann-Göttig. Der damalige Oberbürgermeister hob das strikte Kostenmanagement der Verwaltung in Zusammenarbeit mit den Unternehmen hervor.
Unbestritten ist bei Kritikern und Befürwortern, dass die Vollendung der Neuen Mitte für Koblenz einen Schlussstrich unter eine rund 40-jährige Ära mit manchen juristischen und architektonischen Fehlleistungen setzte. Und: Die Neugestaltung des Zentralplatzes gilt für die Verantwortlichen in der Verwaltung und in der Politik auch heute noch als erfolgreiches Projekt, das Kultur und Kommerz miteinander versöhnt. Denn ohne das bereits Ende September 2012 eröffnete Forum Mittelrhein, in das die Großunternehmen Strabag Real Estate und der Centerbetreiber ECE insgesamt rund 180 Millionen Euro investiert haben, würde es keinen attraktiven Standort für die Stadtbibliothek und das Mittelrhein-Museum geben. Beide Einrichtungen waren bis dahin mehr schlecht als recht in historischen Gebäuden am Florinsmarkt und in der Kornpfortstraße untergebracht.
Bilder einer Baustelle: Bevor das Forum Confluentes im Jahr 2011 erkennbar Form annahm präsentierte sich der Zentralplatz lange als graue Betonwüste – mit dem leer stehenden Hertiehaus und später der Baugrube, auf der das Forum Mittelrhein aus dem Boden wachsen sollte.
Die Weichen, den heruntergekommenen Zentralplatz neu erblühen zu lassen, waren bereits 2005 gestellt worden. Damals hatte der Koblenzer Stadtrat einstimmig für eine Mischung aus Kultur und Einzelhandel gestimmt. Anders hätten die Kommunalpolitiker auch gar nicht entscheiden können. Denn die Eigentumsverhältnisse am Zentralplatz waren kompliziert. Allein hätte es die Stadt gar nicht umsetzen können, weil die Ansprüche der späteren Investoren bereits in den 60er-Jahren begründet wurden. Miteinander und nicht gegeneinander musste die Devise lauten – und so wurde schließlich auch der Kulturbau von den Privatinvestoren errichtet und als „veredelter“ Rohbau an die Stadt übergeben, die den Endausbau selbst steuerte. Vorschläge, dass die Kommune alles selbst machen sollte, hatten deshalb schon allein aus juristischer Sicht kaum eine Chance.
Rat und Verwaltung konnten jedoch Gestaltungsspielräume erweitern. Die Chance wurde bereits unter OB Eberhard Schulte-Wissermann genutzt, der sich Ende April 2011 in den Ruhestand verabschiedete. Die Folge: Nicht nur der Zentralplatz, sondern auch die angrenzenden Bereiche bis zum Altlöhrtor und bis zum Schloss wurden zum Sanierungsgebiet gemacht. Dieser Schritt öffnete das Tor zu millionenschweren Zuschüssen durch das Land – und den Einstieg weiterer öffentlicher, institutioneller und privater Investoren. Vorbilder gab es genug, zum Beispiel in Berlin. Dazu kam, dass im Zuge der Vorbereitungen zur Bundesgartenschau 2011 ein ganzes Bündel von Baumaßnahmen eingesteuert wurde. Die Rechnung ging auf. Bis zur Eröffnung der Schau verwandelten sich weite Teile der Innenstadt. Nur das Doppelforum mit Kulturbau wurde nicht rechtzeitig fertig. Ein Beinbruch war das nicht: Die Großbaustelle lockte viele Schaulustige an.#
Der große Abriss auf dem alten Zentalplatz lief im Herbst 2010 auf Hochtouren.
Mit den Entscheidungen auf lokaler Ebene gingen auch bundesweite Vermarktungsaktivitäten einher. Bereits im Oktober 2006 präsentierten Strabag und ECE das Großprojekt auf der Münchner Leitmesse Expo-Real. Schon Anfang 2007 informierten die Investoren Rat und Verwaltung mit ersten Ideenskizzen, im Frühjahr lag ein Einzelhandelsgutachten vor, in dem unter anderem der Bedarf und die Kundenströme analysiert wurden. Der nächste Schritt: Ein Architektenwettbewerb, den die Investoren ausgelobt hatten und den schließlich das Büro Benthem/Crouwel (Amsterdam/Aachen) gewann. Die Entscheidung fiel im Rahmen einer Sondersitzung des Rats im März 2008. Bis zuletzt wurde um Mehrheiten gekämpft. Erst als sich Teile der CDU-Fraktion vom Siegerentwurf, der an zwei gewaltige, von Wasser umspülte Felsen erinnerte, überzeugen ließen, hatte der Widerstand gegen das gesamte Projekt keine Chance mehr. Allerdings mussten die beiden Volksparteien bei den Kommunalwahlen 2010 Verluste hinnehmen, die Bürger blieben skeptisch, aus der Bürgerinitiative wurde sogar eine Gruppierung, die immer noch dem Rat angehört.
In einem Punkt hatten die Kritiker jedoch recht. Während sich über die Qualität von Architektur trefflich streiten lässt, sind die Mängel in der Verkehrsplanung rund um die Neue Mitte unübersehbar. Vor allem Busfahrer und Radler können ein Lied davon singen. Außerdem erfüllte sich die Hoffnung, ein neues Scharnier zur Altstadt zu schaffen, nicht. Im Gegenteil: Die Kundenströme haben sich verlagert.