Vallendar
Flutwelle ergießt sich über das Schönstätter Tal

Schwester M. Doria beim Aufräumen im Haus Marienau. Neben der Feuerwehr und dem Bauhof Vallendar beteiligten sich Mitarbeiter und Angehörige der Schönstattbewegung an den Aufräumarbeiten.

Winfried Scholz

Vallendar. Eine Köchin, die vor einer Flutwelle flieht, welche sich in den Speisesaal ergießt. Betende, die eine Stunde lang in einer Kapelle eingeschlossen waren: In Schönstatt haben sich am Samstagmorgen dramatische Szenen abgespielt.

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1143 galt er als „bellus locus“ – also als schöner Ort. Hier, im Vallendarer Stadtteil Schönstatt, wo Fehrbach, Hillscheider Bach und Wambach zusammenfließen, gründete Erzbischof Albero von Montreuil in jenem Jahr ein Kloster. Am Samstag wurde Schönstatt mit seinen kirchlichen Einrichtungen der Pallottiner und der Schönstattbewegung zu einem Ort des Unglücks. Ausgelöst durch starke Niederschläge im Einzugsgebiet des Wambachs schwoll dieser sonst idyllische Wasserlauf zu einem reißenden Strom an, der dann binnen Minuten das Tal überflutete. Der Vallendarer Wehrleiter Frank Schemmer bringt es so auf den Punkt: „Ich bin seit 1983 bei der Feuerwehr. So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Bereits vorletzte Woche hatte der Wambach an gleicher Stelle Überschwemmungen verursacht.

Die größten Schäden richteten die Wassermassen im Priester- und Gästehaus Marienau an. Hier wurde das Untergeschoss, wo sich die Mensa für 120 Personen, die Großküche, Gesellschafts-, Vorrats- und Technikräume befinden, bis auf eine Höhe von 1,20 Metern überflutet. Das Haus ist die Weltzentrale des Schönstatt-Priesterbundes. Außerdem steht es für jedermann als Gästehaus zur Verfügung.

Rektor Pater Egon M. Zillekens und Köchin Jutta Starke sind noch immer von den dramatischen Ereignissen gezeichnet, als sie im RZ-Gespräch ihre Erlebnisse schildern. Jutta Starke bereitete das Frühstück zu, als sie gegen 6.50 Uhr zunächst ein Rauschen hört. „Dann gab es einen Riesenknall, als die große Glastür, die zu der Rampe nach außen führt, in Stücke flog. Innerhalb von Minuten lief der Speisesaal voll.“ Zunächst versuchte sie noch, mittlerweile kniehoch im Wasser stehend, Stühle auf die Tische zu stellen. Als das Wasser weiter anstieg und es ihr auch nicht mehr gelang, eine gegenüberliegende Außentür zu öffnen, damit das Wasser abfließen konnte, floh sie in ein höheres Geschoss. Im Gespräch mit Wehrleiter Schemmer wurde später deutlich, dass sich die Frau sogar in Lebensgefahr befunden hatte.

Zahlreiche technische Geräte, die elektrisch angeschlossen waren, schwammen im Wasser. Außerdem waren viele Steckdosen überflutet. Vermutlich hatten die Fehlerstrom-Schutzschalter ausgelöst und den Strom abgeschaltet. Der erfahrene Brandschützer weist mit Nachdruck darauf hin: „Das wichtigste bei solchen Überflutungen ist, sofort den Raum verlassen und keine überschwemmten Räume betreten, bevor man nicht sicher ist, dass die betroffenen Stromkreise ausgeschaltet sind.“

Rektor Zillekens ist sicher: „Wir hatten noch Glück im Unglück, weil wir heute weniger Gäste hatten und die noch auf ihren Zimmern waren. Vorgestern frühstückten etwa zur gleichen Zeit bereits 47 Personen.“

Zillekens betont insbesondere die große Solidarität von Mitarbeitern, die an ihrem freien Tag zum Aufräumen kamen, sowie von anderen Gemeinschaften innerhalb der Schönstattbewegung.

Ausdrücklich lobt er die Feuerwehr und die Mitarbeiter des Bauhofs Vallendar: „Die haben mehr getan, als es ihre Pflicht war.“ Im nahe gelegenen Urheiligtum, das ebenfalls umspült wurde, waren über eine Stunde vier Betende eingeschlossen. Dank der gut dichtenden Tür und Sandsäcken stand das Wasser im Inneren nur 15 Zentimeter hoch. Glimpflicher waren die Schäden diesmal im Haus Wasserburg der Pallottiner, wo hauptsächlich die Außenanlagen betroffen waren. Im gegenüberliegenden Haus St. Marien wurden die Technikräume in Mitleidenschaft gezogen. Die Patres Alexander Diensberg und Jörg Gattwinkel: „Leider war unser Haus nun schon zum zweiten Mal eine tatsächliche Wasserburg. Gummistiefel gehören mittlerweile zu unserer Standardausrüstung.“

Winfried Scholz

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