Dass die Tür nicht knarzt, ist fast ein bisschen enttäuschend: Jan Leis schließt den Zugang zum Schöffenhaus auf, wir treten in den schönen Raum mit seinem fein bemalten Deckengewölbe und dem großen von der Decke hängenden runden Kerzenleuchter ein: „Schon toll“, sagt der 43-Jährige, und es klingt ein wenig erstaunt, als könne er es selbst noch gar nicht so recht glauben, dass er hier der Hausherr ist. Und es klingt stolz. Stolz und froh, dass er für die Gebäude am Florinsmarkt nun zuständig ist.
Das Gebäudeensemble ist wirklich etwas Besonderes. Wir wollen es für die Stadt erhalten – und sind fest überzeugt, dass es auch wirtschaftlich funktionieren kann.
Unternehmer Jan Leis
Leis hat die große Mehrheit an Anteilen der Florinsmarkt Immobilien GmbH und Co. KG erworben, er ist jetzt alleiniger Geschäftsführer, erzählt er beim Rundgang. Wie viel Geld er dafür bezahlt hat, darüber möchte er nicht sprechen. Auch nicht, wie viel er nun glaubt, für die Sanierung zu benötigen. Der gebürtige Koblenzer, der in Oberwesel aufgewachsen ist und in Ulm lebt und sein Unternehmen betreibt, will das Ensemble am Florinsmarkt nun fertigsanieren – aber betreiben will er es nicht.
Dabei hätte er wohl durchaus das Know-how dazu, denn zu den Schwerpunkten, die der ausgebildete Ingenieur mit seinem Unternehmen hat, gehört neben Projektentwicklung und Immobilienbestand auch die Hotellerie. Ein Hotel soll aber in den rund 5000 Quadratmeter großen Gebäuden am Florinsmarkt ausdrücklich gar nicht entstehen, sagt Leis. Gastronomie ja, das ist wahrscheinlich, ebenso ist eine Ausstellung römischer Funde möglich – und ein Gästehaus. Bei einem Hotel gebe es „Full Service“, sagt Leis auf die Frage, wo er denn den Unterschied zwischen einem Hotel und einem Gästehaus zieht, und es sei auf kurzzeitige Übernachtungen angelegt, ein Gästehaus eher auf langfristige.
Betreiben will Leis es aber schon deswegen nicht, weil er zu weit weg sei, sagt er. Normalerweise liegen seine Geschäftsbereiche bis zu einer Autostunde um Ulm herum – mit dem Kauf des Ensembles am Florinsmarkt hat er schon eine Ausnahme gemacht, erzählt er. „Aber wir waren Koblenz immer sehr verbunden, und die Stadt hat sich noch einmal enorm entwickelt durch die Buga“ – da musste er einfach zugreifen. „So eine Chance bekommt man vermutlich nur einmal im Leben.“
Während wir uns unterhalten, gehen wir im Schöffenhaus die Treppen hoch, dann rüber ins Alte Kaufhaus mit seinen vielen Etagen. Die Räume weiten sich. Vieles ist hier schon gearbeitet worden, das ist sichtbar: Treppenhäuser sind eingebaut worden, Böden gemacht, Stützen saniert, Zugänge für Erschließungen gelegt und vieles, vieles mehr. Hier im Erdgeschoss kann Leis sich gut Gastronomie vorstellen, die auch den Florinsmarkt selbst beleben könnte. Ab dem ersten Stock könnten Wohneinheiten entstehen – mit viel Fantasie oder mit dem Auge des Fachmanns sieht man hier schon Wohneinheiten zwischen den Stützen entstehen.
Nun geht es eine Etage hoch, jetzt sind wir auf der Höhe des Augenrollers. Der zieht von außen die Touristen an – von innen ist er nur ein Kasten, wie ein Stromverteilerkasten, und die Magie des Augenrollens wird zu einem Geflecht von Zahnrädern. Und auch im Dachgeschoss unter Schrägen ist genug Platz für mögliche weitere Wohneinheiten. Immer kommt beim Rundgang noch ein Türmchen und noch ein Ausblick auf die Mosel und die Festung – das Gebäude ist wirklich wunderschön, auch wenn es alt und noch nicht wieder fertig aufgehübscht ist.
Das ist im Bürresheimer Hof das gleiche Bild. Um ins Gebäude zu gelangen, in dem einst die Synagoge und später die Kinder- und Jugendbücherei war, müssen wir außen herumgehen. Noch. Denn hier sollen Übergänge geschaffen werden zum Alten Kaufhaus, auf mehreren Ebenen. Hier wird auch ein Aufzug eingebaut, der Schacht ist schon vorhanden. „Vieles wird dann barrierefrei erreichbar, aber nicht alles“, sagt Leis – dafür sind die alten Gebäude zu verschachtelt und es gibt zu viele Zwischenebenen.
Ein weiterer Aufzug vom Moselufer unten wird dann auch diese Straßenebene mit dem Florinsmarkt verbinden. Den Raum ganz unten, in dem Stühle stehen, weil er auch in den vergangenen Jahren für Veranstaltungen genutzt wurde, könnte man sicher auch weiter für Vorträge oder auch Feiern nutzen. Wenn Leis sich etwas von der Stadt wünschen dürfte, dann wäre das ein schöner Vorplatz hier an dieser Stelle, sagt er. Dass es nun hier vorangeht, darüber freut sich Stadtspitze. „Es ist erfreulich, dass es mit diesem bedeutenden Projekt für unsere Stadt nun weitergeht“, so Oberbürgermeister David Langner. „Ein Zeichen für die Altstadt und ein zukunftsorientiertes Signal für eine moderne Stadtentwicklung“, schreibt er in einer Mail. „Die Stadt wird den neuen Eigentümer in seinem Wirken am Florinsmarkt mit aller Kraft unterstützen, damit ein nachhaltiger Mehrwert geschaffen und die Lebensqualität im Quartier deutlich verbessert wird.“
Nun wird sich der Investor Jan Leis auf die Suche nach Interessenten machen. Er kann sich gut vorstellen, dass es mindestens zwei Mieter werden, „es gibt gute Profis im Bereich Gastronomie und gute im Bereich Gästehaus“, sagt er, aber das müsse nicht unbedingt ein und dieselbe Person oder dasselbe Unternehmen sein. Er hofft, dass die Betreiber klar sind, bevor es an die weitere Detailplanung geht, die er unter anderem mit dem Koblenzer Architekten Jens Ternes vornimmt: „Ich weiß gern, für wen ich baue.“ Dass niemand Interesse haben könnte, die alten Gebäude mit neuem Leben füllen zu wollen, hält er für ausgeschlossen. „Das ist so wunderbar hier, da findet sich jemand.“