Für die Koblenz-Touristik ist die Sachlage klar: Weihnachtsmarkt wie „Christmas Garden“ auf dem Ehrenbreitstein – beides soll in diesem Jahr sein, beides macht die Stadt für Besucher attraktiv und bringt Umsatz zu Geschäften und Ausstellern. Aber kann man einen traditionellen Weihnachtsmarkt überhaupt mit dem „Christmas Garden“ auf der Festung, einem eintrittspflichtigen Zwei-Kilometer-Parcours zu diversen Lichtspektakeln, vergleichen?
Sebastian Stein, Geschäftsführer von Christmas Garden Deutschland, verweist nicht nur auf Arbeitsplätze, die er für den Zeitraum vom 17. November bis zum 8. Januar auf der Festung anbieten wird.
Er packt das Argument des Energieverbrauchs lieber gleich beim Schopfe: So liege der zwar bei 1300 Kilowattstunden pro Tag, doch heruntergerechnet auf jeden der rund 90.000 Besucher, die im vergangenen Jahr kamen, seien es mit 0,56 Kilowattstunden pro Besucher nur so viel wie für das Streamen eines Films im Internet.
Auch die Koblenz-Touristik bestätigt die Tendenz solcher Berechnungen: Der „Christmas Garden“ sei wie der Koblenzer Weihnachtsmarkt mittlerweile fast ganz auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt.
Beim Weihnachtsmarkt vom 18. November bis zum 8. Januar werde in diesem Jahr die besonders energieintensive Eisbahn zudem nicht aufgebaut, die Weihnachtsbäckerei sei gestrichen, ob Heizpilze verboten werden, sei noch offen. Zudem soll die Weihnachtsmarktbeleuchtung um 50 Prozent reduziert und die Beleuchtungszeit verkürzt werden. Doch stattfinden soll der Weihnachtsmarkt auf jeden Fall. Erst recht nach dem Ausfall im Corona-Jahr 2020 und der „abgespeckten“ Form im vergangenen Jahr.
Nein, das wäre keine Alternative – meinen auch Passanten bei einer kleinen Straßenumfrage am Rathaus. Man könne natürlich die Beleuchtung auf dem Weihnachtsmarkt reduzieren, finden Petra Stein und Rosemarie Perneck aus Koblenz. Kürzere Öffnungszeiten, um Energie zu sparen? Das lehnen beide ab, es werde doch „erst ab dem späten Nachmittag gemütlich“, so Perneck.
Jörg Schröder aus Heimbach-Weis sieht zudem das Grundsätzliche: „Der Weihnachtsmarkt belebt die Innenstadt, das können die Geschäfte in diesen Wochen gut gebrauchen!“
Corinna Tolle aus dem thüringischen Nordhausen mit ihrer Familie auf Koblenz-Besuch mutmaßt zudem: „Die höheren Energiekosten würden sich die Veranstalter über die Eintrittspreise oder Standgebühren ohnehin wieder reinholen.“
Fragt man zum Thema die im Koblenzer Stadtrat vertretenen Fraktionen, erhält man zumindest in einem Punkt ein einstimmiges Bild: Der Weihnachtsmarkt soll – so energiesparend wie möglich – stattfinden. Auch, um „den Menschen in dieser schwierigen Zeit Zuversicht zu vermitteln“, so Ernst Knopp für die CDU-Fraktion.
Sinngemäß sehen das die WGS-Fraktion, Die Partei/Linke und die AfD ähnlich. Für die SPD-Fraktion bringt Marion Lipinski-Naumann einen Aspekt zur Geltung, den auch Christoph Schöll für die FDP-Fraktion teilt: Weihnachtsmarkt und „Christmas Garden“ sollen das unter zwei Corona-Jahren besonders gelittene Schaustellergewerbe unterstützen.
Das sieht der Deutsche Schausteller Bund (DSB) in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck genauso: Mit Beispielrechnungen macht der Interessenverband deutlich, dass Weihnachtsmarktbesucher weniger Energie verbrauchen, als wenn sie zu Hause bleiben würden.
Ähnlich sieht das der „Christmas Garden“-Betreiber. Und auch der DSB nennt Zahlen: 2018 kamen auf rund 3000 Weihnachtsmärkten in Deutschland „fast 160 Millionen Gäste, der Umsatz belief sich auf 2,88 Milliarden Euro“. Auf diese Stellungnahme verweist Christian Altmaier für die Fraktion der Freien Wähler in seiner Zustimmung zum Weihnachtsmarkt.
So steht dem Koblenzer Weihnachtsmarkt, dem Bummel durch die stimmungsvoll beleuchtete Altstadt, vorbei am Adventskalender in den 24 Dachgauben des barocken Rathauses, nach derzeitigem Stand nichts mehr im Wege. Außer die Energiekrise verschlechtert sich in den kommenden Wochen und Monaten so drastisch, dass alle Weihnachtsmärkte schlicht verboten werden. So weit sollte es aber lieber nicht kommen.