Konzepte für weitere Lockerungen bei Abflauen der Pandemie derzeit noch ungenügend
Fehlende Pläne für weitere Lockerungen: Fallende Inzidenz bringt Politik in Zugzwang
Auch die beiden Lichtspielhäuser Odeon und Apollo in der Oberen Löhr befinden sich weiterhin im Tiefschlaf.
Reinhard Kallenbach

Kreis MYK/Koblenz. Etwas mehr Normalität, darüber können sich die Menschen in der Stadt Koblenz und im Kreis Mayen-Koblenz ab dem heutigen Freitag freuen. Nach fast genau sieben Monaten dürfen etwa Gastronomen ihre Innenräume wieder für zahlende Gäste aufsperren und auch Kulturstätten wie Theater oder Kinos unter strengen Auflagen öffnen (RZ berichtete).

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Auch die beiden Lichtspielhäuser Odeon und Apollo in der Oberen Löhr befinden sich weiterhin im Tiefschlaf.
Reinhard Kallenbach

Für wirkliche Freudensprünge reicht es an vielen Stellen aber noch nicht. Wer derzeit etwa auf Karten für eine Aufführung des Koblenzer Stadttheaters oder die Mayener Burgfestspiele spekuliert, muss schnell und darf dabei nur bedingt wählerisch sein: Für beide Spielstätten sind die Sitzplatzkontingente derzeit auf maximal 100 Zuschauer begrenzt – trotz einer allgemeinen Test- beziehungsweise Nachweispflicht über eine Impfung oder Genesung. Das entspricht in Koblenz als auch in Mayen gerade einmal einer Höchstauslastung von etwa 20 Prozent. Im Falle der am 6. Juni anstehenden Premiere von „Die Schöne und das Biest“ bei den Burgfestspielen sorgte dies unlängst für viele lange Gesichter. Die über das Ticketportal eingegangene Anzahl an Onlinereservierungen überstieg die zur Verfügung stehenden freien Plätze bei Weitem, berichtet Jasmin Alter vom Mayener Stadtmarketing. Sie hofft darauf, dass die jetzigen Begrenzungen im Laufe der Spielzeit weiter gelockert werden. „Für die Schauspieler ist es ja auch einfach nicht dasselbe vor 100 Personen, statt vor vollen Rängen zu spielen.“ 2019 waren es insgesamt immerhin fast 38.000 Zuschauer.

Auch all jene, die auf eine rasche Rückkehr in den geliebten Kinosessel hoffen, werden zumindest an diesem Wochenende noch enttäuscht. Sowohl die beiden Lichtspielhäuser Odeon-Apollo und Kinopolis als auch das Mayener Corso befinden sich weiterhin im Tiefschlaf. Bis auf die anstehenden Programmhöhepunkte der kommenden Monate finden sich auf den Internetauftritten keine Hinweise auf eine baldige Öffnung. Ein wesentlicher Grund: Die Branchenverbände HDF Kino und AG Kino forcieren einen einheitlichen Restart erst zum 1. Juli und auch die Filmverleiher zögern mit Neustarts, bis eine kritische Masse an Leinwänden wieder zur Verfügung steht. „Wir bekommen derzeit einfach keine neuen Filme“, erklärt Corso-Betreiber Thomas Schneckenburger. Er wird im Juni daher noch nicht öffnen.

Aus Sicht des Koblenzer Kinobetreibers Christian Klein ist eine vorherige Teilöffnung des Odeon-Apollo – etwa für ältere oder kleinere Arthouse-Produktionen – schlicht unwirtschaftlich. Als positiv bewertet er jedoch die Entscheidung der Stadt Koblenz, dass die Maskenpflicht ab sofort am Platz entfällt. Dies erlaube den Verkauf und den Verzehr von Getränken und Speisen innerhalb des Kinos. „Diese Nebenumsätze sind für uns sehr wichtig, wenn wir überhaupt irgendeinen Gewinn machen möchten. Wir haben zuletzt genug Federn gelassen.“

Vieles wird also von weiteren Lockerungs- und Öffnungsschritten des Landes abhängen. Die 3. Stufe des Perspektivplans für Rheinland-Pfalz, die ab dem 2. Juni in Kraft treten wird, beinhaltet diesbezüglich aber nur Überschaubares. Neben der vollumfänglichen Öffnung der Hotelbetriebe bei Inzidenzwerten unter 100 dürfen auch die Freibäder der Region wieder aufsperren. Sport im Freien mit bis zu 20 Personen erlaubt einen Re-Start im Amateur- und Breitensport. Darüber hinaus herrscht aktuell Perspektivlosigkeit. Weder gibt es Signale, was etwa passiert, wenn Kommunen dauerhaft unter der einstmals als so wichtig angesehenen Inzidenzmarke von 35 liegen – in Koblenz ist dies zum Beispiel seit dem 24. Mai der Fall –, noch existiert ein konkreter Fahrplan für eine Vielzahl weiterer gesellschaftlicher Bereiche. Eine konkrete Nachfrage der RZ etwa nach Hallenbädern, Flohmärkten oder Volksfesten lässt das Gesundheitsministerium unbeantwortet.

Sprecher David Freichel hierzu: „Das Bedürfnis nach Normalität ist enorm. In der aktuellen Lage mit sinkenden Inzidenz- und steigenden Impfzahlen dürfen wir berechtigt optimistisch auf die kommenden Wochen blicken.“ Eine Forderung nach Lockerungen der Maskenpflicht im Freien, wie sie in der Außengastronomie etwa in Mecklenburg-Vorpommern bereits praktiziert wird, weist er aber zurück. „Vorsicht bleibt geboten, um das Erreichte nicht leichtfertig zu verspielen. Trotz der guten Entwicklung bleiben daher die Grundregeln wie Maskentragen, Abstand halten, Hygienevorschriften beachten und regelmäßiges Testen die Kernstrategie gegen die Corona-Pandemie.“

Derzeit wird durch das Ministerium die 22. Corona-Bekämpfungsverordnung erarbeitet. Sie soll kommende Woche verkündet werden und zum 2. Juni in Kraft treten. Die genauen Details, also, ob kurzfristig noch zusätzliche Lockerungsmaßnahmen ihren Eingang in das Papier finden, gilt es, so Freichel, noch abzuwarten. Entscheidungen werden hierbei ausschließlich durch das Land getroffen und brauchen keiner vorherigen Zustimmung durch den Bund.

Von unserem Redakteur Martin Boldt

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