Der Eröffnungszeremonie vorausgegangen war eine Friedhofsführung von Kunsthistorikerin Astrid Fries, welche die künstlerische Bandbreite historischer Grabmäler anhand einiger Beispiele erörterte. Die Initiatoren von „Achsenwechsel“ erläuterten in ihren Begrüßungsreden die Hintergründe der revolutionär anmutenden Reihe, die im November noch weitere Formate am selben Ort präsentieren wird. Ziel sei demnach die Enttabuisierung von Trauer und Tod, die durch kulturelle Angebote auf dem Friedhofsgelände gefördert werden soll. So erlebten die Gäste im Innern der Friedhofskapelle gleich zwei weitere Spielarten künstlerischer Ausdrucksformen. Hier hatte Bruder Stephan seine Installation „Sehnsucht“ installiert, die in der Gestalt eines violetten Netzes über den Köpfen der Besucher hängt. Währenddessen spielte das Duo Horn and Harmony lateinamerikanische Jazzstandards.
Baudezernent Andreas Lukas hob den kulturhistorischen Stellenwert des Hauptfriedhofs hervor, der mit einer Fläche von 36 Hektar den drittgrößten Waldfriedhof Deutschlands darstellt. Viele Koblenzer Persönlichkeiten haben hier ihre letzte Ruhe gefunden, so etwa der Reisebuchautor Karl Baedeker oder die Eheleute Franz Gerhard und Eleonore Wegeler, Jugendfreunde von Ludwig van Beethoven. Lukas wies darauf hin, dass die Grabmäler in den Feldern und Terrassen vom Wandel des Totengedenkens zeugen, der mittlerweile so weit fortgeschritten sei, dass über achtzig Prozent der Bestattungen Urnenbeisetzungen sind. Kulturdezernentin a.D. Margit Theis-Scholz widmete sich den ethischen Aspekten bei der Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit. Sie könne Fragen aufwerfen, etwa was man im Leben bewirken möchte, ob man derjenige ist, der man sein wolle oder was man für andere leisten könne. „Die Verdrängung des Schmerzes führt hingegen zur Vermeidung der Selbstreflexion über das eigene Sterben“, bemerkte Theis-Scholz. Ina Rohlandt, Geschäftsführerin des Koblenzer Hospizvereins, nannte mit dem mobilen Trauercafé ein Beispiel für die sich wandelnde Friedhofskultur, die auch ein Mitswingen beim soeben vorgetragenen Bossa Nova erlaube.
Zum Schluss der Veranstaltung nahmen Bruder Stephan Oppermann und Astrid Fries einen verbalen Gedankenaustausch vor, der ihre gegensätzliche Grundhaltung zu Leben und Tod sehr unterhaltsam verdeutlichte.