Vortrag in Weißenthurm
Experten erklären den Garten der Zukunft
Mit dem Frühlingsanfang beginnt auch wieder die Zeit der Gartenarbeit. Die Experten Heike Boomgaarden und Werner Ollig erklären im Interview, was den Garten der Zukunft ausmacht und welche Bäume und Sträucher mit Blick auf den Klimawandel nun in deutschen Gärten gedeihen können. Ein Beispiel für letzteres ist die Weißblühende Mandel.
Heike Boomgaarden (2), SiRo/stock.adobe.com

Wie wird aus meinem braun-grün-gefleckten Rasen eine Oase, die den Wetter- und Klimaveränderungen trotzt? Darüber, über den Garten der Zukunft, sprechen Heike Boomgaarden und Werner Ollig am Freitag in Weißenthurm – und vorab mit unserer Zeitung.

Mit dem Frühlingsanfang startet auch die Zeit der Gartenarbeit. Einen Vortrag zum Garten der Zukunft halten die beiden Gartenexperten Heike Boomgaarden und Werner Ollig am Freitag, 4. April, im Rathaus der Verbandsgemeinde Weißenthurm. Was einen solchen ausmacht, wie die eigene grüne Oase dabei helfen kann, dem Klimawandel entgegenzutreten und was man besser nicht im Garten der Zukunft machen sollte, verraten die beiden im Interview mit unserer Zeitung.

Frau Boomgaarden, Herr Ollig – Sie beide sind waschechte Gartenexperten. Wie sind Sie dazu gekommen? Was steckt hinter der Leidenschaft Garten?

Boomgaarden: Ich würde mal sagen, dass mir das schon in die Wiege gelegt wurde. Mein Name, Boomgaarden, heißt ja nichts anderes als Baumgarten. Und das hat sich bei mir dann auch im Beruflichen komplett durchgezogen: Ich habe Obstbauer gelernt und bin studierte Gartenbauingenieurin. Das Thema Garten war bei mir immer da, und ich finde, dass ich wirklich den schönsten Beruf der Welt habe.

Ollig: Bei mir war es das Gleiche: Ich bin auf einem Bauernhof in Koblenz aufgewachsen und war von klein auf immer draußen – im Feld, im Stall, überall. Mein Vater hat die Landwirtschaft gemacht, meine Mutter war Gärtnerin. Deswegen hatten wir auch einen großen Gemüsegarten – da habe ich auch immer mitgeholfen. Schlussendlich ist es die Liebe zur Natur, das Draußensein, das Anpacken und etwas aktiv tun zu können, was hinter der Leidenschaft für den Garten steckt.

Boomgaarden: Ja, die Liebe zur Natur, das ist es.

Die Fuge der Zukunft sei grün, sagt Heike Boomgaarden.
Heike Boomgaarden Heike Boomgaarden. Heike Boomgaarden

Ein schöner Garten, das ist ja nicht nur eitel Sonnenschein – da muss man auch raus, wenn es regnet. Wie motivieren Sie sich zur Gartenarbeit?

Ollig: Da liegt schon der Fehler: Garten ist keine Arbeit, sagen wir immer, sondern das ist etwas für Körper, Geist und Seele. Wir – als Gesellschaft – sitzen den ganzen Tag im Büro, machen irgendwelche kryptischen Dinge vor einem rechteckigen Bildschirm, sind digital unterwegs, sitzen in verdunkelten Räumen und sind doch eigentlich froh, wenn wir dann raus dürfen in die Natur und etwas mit unseren Händen tun können.

Statt Gartenarbeit – das sagen wir in unseren Vorträgen auch immer wieder – sollten wir von Gardening (dt. Gärtnern) sprechen. Man spart sich mit einem Tag im Garten den Besuch im Fitnessstudio, man bekommt den Kopf frei, hängt nicht dauernd am Handy und macht am Ende etwas Sinnhaftes.

Am Freitag, 4. April, halten Sie einen Vortrag zum Thema „Garten der Zukunft“ im Rathaus der Verbandsgemeinde Weißenthurm. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Boomgaarden: Dafür müssen Sie eigentlich nur rausschauen und einen Blick auf die aktuelle Situation werfen: Wassermangel, Verlust der Biodiversität, Klimawandel, Verlust von Humus sind dafür Beispiele. Wir versuchen mit unserem Vortrag, Lösungen dafür im eigenen Garten anzubieten.

Kann man denn im eigenen Garten wirklich etwas gegen den Klimawandel tun?

Ollig: Wir haben in Deutschland etwa eine Million Hektar Gärten – da sind Grünflächen, Parks und so etwas mit dabei. Ein Hektar sind 10.000 Quadratmeter, das heißt, das ist eine sagenhaft große Fläche. Wenn wir pro Hektar einen Baum pflanzen würden, wäre das schon eine Menge. Das kann man weiterspinnen: 10 oder 100 Bäume pro Hektar. Das Potenzial ist riesig, wenn wir unsere Gärten wieder naturnäher gestalten würden.

Was macht den Garten der Zukunft aus?

Boomgaarden: Wir fangen in unserem Vortrag immer mit der Pflege des Bodens an. Der Boden ist die Grundlage eines guten Gartens. Im Boden leben mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde – hier kommt dann die Frage: Wie füttere ich diese Organismen? Und da kommen wir dann zum Punkt Wassermanagement. Den Garten der Zukunft zeichnet auf jeden Fall ein neues Wassermanagement aus. Ziel ist, das Regenwasser möglichst im Garten zu behalten. Dafür gibt es dann unterschiedliche Systeme, wie der Regendieb oder zum Beispiel Raingarden-Systeme, bei denen Beete so angelegt werden, dass alles an Dach- und Oberflächenwasser reinlaufen kann und viele schöne Pflanzen in den Beeten wachsen.

Ollig: Ein anderes Kennzeichen vom Garten der Zukunft ist die Wohlfahrtswirkung der Pflanzen. Dafür gibt es einen Fachbegriff, der heißt Ökosystemleistungen. Ein Beispiel dafür: Bäume machen keinen Dreck, wenn ihre Blätter zu Boden fallen. Diese Blätter sind unglaublich wichtig für den Garten: Hängen sie an den Bäumen, produzieren sie Sauerstoff und kühlen die Umgebung. Fallen sie zu Boden, kann daraus Humus werden, der dann die Pflanzen nährt – also vorausgesetzt, die Blätter werden nicht entfernt.

Wir halten in unseren Vorträgen immer ein flammendes Plädoyer dafür, dass die Leute wieder mehr Bäume und Sträucher in ihren Gärten pflanzen. Das ist im Übrigen auch gut für Rasenfreunde: Bäume und Sträucher spenden Schatten. Hat man nur weite Rasenflächen und wundert sich darüber, dass diese in der prallen Sonne austrocknen und braun werden, sage ich immer: Dann gib dem Rasen doch Schatten mit Bäumen und Sträuchern. Es ist ja auch viel schöner, auf einen abwechslungsreichen Garten zu schauen als nur auf einen Rasen mit braunen Flecken.

Garten sei keine Arbeit, sondern etwas für Köpfer, Geist und Seele, sagt Werner Ollig.
Heike Boomgaarden

Das heißt: Im Garten der Zukunft sollte man weniger machen und mehr der Natur überlassen, den Garten auch Garten sein lassen?

Ollig: Genau. Man muss nicht immer alles penibel ordentlich halten. Im Garten fällt kein Müll an. Habe ich zum Beispiel Totholz im Garten, kann das ein Lebensraum für Insekten sein.

Boomgaarden: Ein anderes Beispiel ist das Schneiden der Hecke. Das, was dabei zu Boden geht, den Strauchschnitt sollte man nicht wegwerfen, sondern unter die Hecke packen. Dadurch entsteht ein Lebensraum für die Glühwürmchen, deren Larven Unmengen von Schnecken fressen. Macht man das, hat man also schöne Glühwürmchen im Garten und keine Schnecken.

In Wäldern wird seit einigen Jahren darüber gesprochen, neue Baumsorten zu pflanzen, die mit den veränderten klimatischen Bedingungen besser klarkommen. Gibt es das auch im Bereich Garten?

Boomgaarden: Das gibt es. Mittlerweile können wir sogar Olivenbäume pflanzen – das sehen wir ja schon in einigen ehemaligen Weinbergen. Ein anderes Beispiel wäre die Weidenblättrige Birne, die sieht wunderschön aus, ein bisschen wie eine Olive und gehört zu den Wildobstarten.

Ollig: Oder die Weißblühende Mandel – ein wunderbarer Baum, dessen Früchte im Gegensatz zur Rosablühenden Mandel essbar sind. Dann gibt es Ölweiden, die Früchte haben oder die Indianerbanane als neue Frucht.

Jetzt haben wir über die „Do’s“ im Garten der Zukunft gesprochen. Was sind denn die „Don’ts“?

Ollig: Jede Woche Rasenmähen (lacht). Also, wie gesagt: Große Rasenflächen sind ein „Don’t“, aber zum Beispiel auch Plastikzäune statt Hecken würde ich auf diese Liste packen.

Boomgaarden: Und das Fugenspritzen, das muss auch drauf. Die Fuge der Zukunft ist grün.

Ollig: Ja, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist auch ein „Don’t“. Ansonsten sollte man in den Garten als Ökosystem nicht zu sehr eingreifen. Und wenn man den Rasen stutzen möchte – bitte nicht so oft wie gesagt – statt eines Rasenmähers mal zur Sense greifen.

Das Gespräch führte Eva Hornauer

Vortrag zum „Garten der Zukunft“

Heike Boomgaarden und Werner Ollig halten am Freitag, 4. April, ab 17 Uhr im Ratssaal der Verbandsgemeinde Weißenthurm, Kärlicher Straße 4 in Weißenthurm, einen Vortrag zum „Garten der Zukunft“. Die Veranstaltung ist der Auftakt der Reihe „Heimat entdecken – Zukunft gestalten“. Die Begrüßung übernimmt VG-Bürgermeister Thomas Przybylla. Um Anmeldung auf www.vhs-weißenthurm.de wird gebeten, Kurzentschlossene sind auch willkommen, wie die Verwaltung auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt.

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