Einheit Initiative feierte Grundrechte und Vertrag von Lissabon
Europäisches Eck: Neuer Name für einen Tag
Das Deutsche Eck mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal beim aktuellen leichten Hochwasser. Der Teil der Altstadt, dessen Namen an das Wirken des Deutschen Ordens in Koblenz erinnert, ist ein Ort, an dem deutsche und europäische Geschichte geschrieben wurde. Foto: Klaus Breitkreutz, Lehmen

Koblenz. Seit 2009 gelten die EU-Charta der Grundrechte und der Vertrag von Lissabon: Für die Bürgerbewegung „Pulse of Europe“ ist vor allem die Unterzeichnung des Vertrags vor zehn Jahren, also am 13. Dezember 2007, ein Anlass, die Europäische Union als Garanten für Frieden und Freiheit zu feiern; und zwar mit einem symbolischen Akt, dem die Stadtverwaltung zugestimmt hat – der Umbenennung des Deutschen Ecks in „Europäisches Eck“ für einen Tag.

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Das Deutsche Eck mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal beim aktuellen leichten Hochwasser. Der Teil der Altstadt, dessen Namen an das Wirken des Deutschen Ordens in Koblenz erinnert, ist ein Ort, an dem deutsche und europäische Geschichte geschrieben wurde. Foto: Klaus Breitkreutz, Lehmen

Die symbolträchtige Feierstunde an einem Ort, an dem zwei europäische Flüsse zusammenfließen, wurde mit der Enthüllung einer gigantischen europäischen „Patchwork-Fahne“ durch die Berufsfeuerwehr gekrönt. Sie enthält die Fahnen der 28 EU-Mitgliedsländer und soll vor allem eines symbolisieren: Das Zusammenwachsen Europas bringt mehr Chancen als Nachteile. Dafür zu werben, ist aus Sicht der Initiative Gebot der Stunde, weil nationalistische Kräfte in vielen Ländern den Einigungsprozess stoppen wollen. Es geht vor allem darum, das, was in mehr als fünf Jahrzehnten erreicht wurde, nicht kaputtzumachen, brachte es Arne Houben, einer der Initiatoren von „Pulse of Europe“ in der Region, auf den Punkt.

Das Netzwerk, das sich in etwa mit „Europas Puls“ übersetzen lässt, ist inzwischen bundesweit aktiv. Gegründet wurde es 2016 in Frankfurt von Anwälten, die auf Wirtschaftsrecht spezialisiert sind. Obwohl die Initiative inzwischen mehrfach ausgezeichnet wurde – unter anderem mit dem Marion-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung und Versöhnung – steht sie in der Kritik. Linke Gruppierungen werfen ihr vor, dass sie sich zu wenig in die Politik einmische und zu heterogen sei, rechte Kräfte sehen in der Initiative eine Werbetruppe für Brüsseler Zentralismus. Dabei ist die Initiative vor allem eines: eine Mitmach-Bewegung für jedermann. Dass sie in Koblenz gut aufgestellt ist, dürfte vor allem auch daran liegen, dass es mit dem Büro Europa Direkt bei der Stadtverwaltung eine Einrichtung gibt, die für EU-Projekte wirbt und sich an ihrer Realisierung beteiligt. Es kam also nicht von ungefähr, dass der Oberbürgermeister gestern nach vorn preschte. Joachim Hofmann-Göttig würdige besonders die Grundrechte-Charta, die Menschen in der EU nicht nur den Weg zur Chancengleichheit ebnet, sondern auch gewaltsame staatliche Übergriffe wie Folter ächtet – anders als zurzeit in den USA. Der OB sagte dies mit einem deutlichen Seitenhieb auf Donald Trump und ergänzte, dass „bornierter Nationalismus“ am Ende sogar wirtschaftsfeindlich und damit für alle schädlich ist.

Bei der Feier wurde eine riesige „Neue Europafahne“ enthüllt, die die Fahnen aller EU-Mitgliedsländer enthält. 

Reinhard Kallenbach

„Der Vertrag von Lissabon hat alles, was eine Verfassung hat“, betonte dagegen Hape M. Etzold, einer der Hauptinitiatoren von „Pulse of Europe“. Und Mirja-Hannele Ahokas vom Büro der EU-Kommission in Bonn verwies darauf, dass der Vertrag es für Bürgerinitiativen leichter gemacht hat, Politik mitzugestalten.

Fazit: Die wegen des miesen Wetters schlecht besuchte Veranstaltung war vor allem ein Anlass, positiv nach vorn zu schauen und nicht kritisch zu bilanzieren. Dass der Vertrag auch ein Ergebnis der gescheiterten Einführung einer EU-Verfassung ist, klang nur am Rande an. Und dass die meisten EU-Bürger nicht gefragt wurden, gar nicht. Außerdem hätte so mancher gerne etwas von Jean-Claude Juncker gehört. Die Übertragung der Videobotschaft des Präsidenten der Europäischen Kommission scheiterte leider am langsamen W-LAN.

Von unserem Mitarbeiter Reinhard Kallenbach

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