St. Josef Klinikum Bendorf
Erschwert Stadtbeschluss Verkauf von ehemaliger Klinik?
Geschlossene Pforten seit 2023: Nachdem die orthopädische Fachklinik im Jahr 2020 nach Neuwied zog, hat die ehemalige St. Josef Klinik mehrere Nutzungen erfahren. Nun soll ein Investor Neues schaffen - doch den zu finden, ist nicht einfach. Laut Marienhausgruppe liegt das an einer Veränderungssperre der Stadt.
Stefanie Braun

Von 11 Millionen Euro auf knapp 7 Millionen: Das ehemalige St. Josef Klinikum in Bendorf wird wesentlich günstiger. Grund für den Preisnachlass sei die Veränderungssperre der Stadt, heißt es von der Marienhausgruppe. Was sagt die Stadt dazu?

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Seit Jahren ist die Stadt Bendorf um eine Institution ärmer: Das ehemalige St. Josef Klinikum schloss im September 2023 endgültig seine Pforten, vorher war es als Flüchtlingsunterkunft genutzt worden, davor als potenzielle Corona-Klinik. Denn 2020 war die frühere orthopädische Fachklinik nach Neuwied gezogen.

Dann im Juni 2024 meldet unsere Zeitung, das 18.000 Quadratmeter große Gelände soll verkauft werden. Bei der Stadtverwaltung wurden viele Ideen – von Wohnraum über Einkaufsmöglichkeiten bis neuem Verwaltungssitz – geweckt. Doch laut Marienhausgruppe erschwert eine Veränderungssperre der Stadt den Verkauf. In den Augen von Stadtchef Christoph Mohr unverständlich, er bekommt gespiegelt, dass Investoren begrüßen, wenn eine Stadt genau weiß, was sie will. Die Marienhausgruppe habe reagieren müssen, heißt es weiter, und die Riesenimmobilie günstiger gemacht – um 4 Millionen Euro.

So war die Situation vor einem Jahr: Das Gebäude stand schon Monate leer, als Stadtchef Christoph Mohr gegenüber unserer Zeitung erste Gedanken äußerte: Wohnraum wird überall dringend benötigt, ebenso ein neuer Verwaltungssitz, Einkaufsmöglichkeiten sind nie verkehrt. All dies – neben der existierenden Kirche, dem ehemaligen Schwesternwohnheim und einem Kindergarten am Platz – könnte ein so großes Gelände mitten in der Innenstadt hergeben.

Auch von der Marienhausgruppe, dem Träger der ehemaligen Einrichtung, wurde signalisiert, dass man bestrebt sei, „die Liegenschaft möglichst einer auch für die Gemeinde sinnvollen Nutzung“ zuzuführen. Ein Verkauf wurde exklusiv über das Maklerbüro von Poll angestoßen. Auf deren Immobilienseite wurde das riesige Areal für rund 11 Millionen Euro angeboten. Doch dabei blieb es nicht.

Christoph Mohr im Juni 2024 bei einem Gespräch vor dem ehemaligen St. Josef Klinikum in Bendorf. Damals stand das Gebäude bereits seit etwa einem Jahr leer.
Stefanie Braun

Das ist seither passiert: Im September 2024 wurde eine Stadtratssitzung einberufen. Thema waren mehrere „Werkzeuge“, mit denen man den sinnbildlichen städtischen Werkzeugkoffer füllen wollte, um bei einer Veräußerung der Klinik ein möglichst großes Mitspracherecht zu haben. Die Werkzeuge sind Flächennutzungs- und Bebauungspläne, Vorkaufsrechte und Veränderungssperren, die die Stadt gegenüber Investoren oder Käufern erheben kann. Nichtsdestotrotz stehen die Zeichen weiter auf die potenziellen Möglichkeiten für Einkaufen, Wohnen und eben einem neuen Verwaltungssitz.

Sich dieses „Filetstück“ in Innenstadtlage als Chance entgehen zu lassen, wäre eine Schande, sagte auch Diplom-Ingenieurin Annette Weber vom Stadtplanungs- und Ingenieurbüro Faßbender Weber. Das Areal werde eine entscheidende Rolle in der Stadtentwicklung spielen, betont Stadtchef Christoph Mohr. Mehr noch: Andere Entwicklungsmaßnahmen wären Makulatur, wenn mitten in der Innenstadt der große Leerstand bleibe.

Das sagt die Marienhaus Holding heute: Man befinde sich nach wie vor in der Vermarktung des ehemaligen Klinikstandorts, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion von der Pressestelle der Marienhaus GmbH. Daher würden auch Maßnahmen zum Erhalt der Immobilie wie regelmäßige Begehung, Pflege der Außenbereiche oder Prüfung der Technik vorgenommen. Grundsätzlich sei es in ländlichen Regionen schwieriger, ein größeres und umfangreiches Objekt wie die ehemalige Klinik zu veräußern. Zudem habe sich aufgrund der negativen wirtschaftlichen Entwicklung eine Kaufzurückhaltung auch im Bereiche Gewerbeimmobilien und Objektentwicklung ausgebildet.

Stellt die Veränderungssperre ein Problem dar? Aber die Marienhaus-Gruppe spricht auch die „Werkzeuge“ der Stadt an – darunter besonders die Veränderungssperre, die erschwerend wirke: „Wir mussten erfahren, dass Investoren, die beispielsweise eine Umwidmung in ein Wohnareal ins Auge gefasst hatten, dadurch abgeschreckt wurden.“

Laut Marienhaus-Gruppe führt die Sperre dazu, dass Interessenten zu langwierigen Verhandlungen hinsichtlich der Gestaltung der Fläche gezwungen sind, und das Bauvorhaben bis zuletzt scheitern kann. Das hatte bereits Auswirkungen auf den Preis von 11 Millionen, der auf knapp 7 Millionen herabgesetzt wurde. Ein „sehr guter Preis“ wie die Marienhaus GmbH gegenüber unserer Zeitung sagt.

Von Verwaltungsseite heißt es, dass die Veränderungssperre dazu dient, den Entwicklungsprozess „planungssicher zu steuern“. Also, dass „keine vorschnellen, isolierten Nutzungsentscheidungen getroffen werden, die einer ganzheitlichen Quartierentwicklung entgegenstehen“, schreibt Mohr. Solange kein Bebauungsplan vorliegt, können Maßnahmen und Nutzungsänderungen „nur in Abstimmung mit der Stadt erfolgen“.

„Eine solche Haltung schafft Verlässlichkeit und verhindert unkalkulierbare Entwicklungen im Umfeld.“
Bendorfs Bürgermeister Christoph Mohr

Dabei unterstreicht Mohr, dass Investoren explizit gespiegelt hätten, dass sie es als „positiv und investitionsfördernd“ empfinden, wenn eine Stadt einen klaren Gestaltungswillen zeigt: „Eine solche Haltung schafft Verlässlichkeit und verhindert unkalkulierbare Entwicklungen im Umfeld – beides zentrale Faktoren für langfristige Investitionsentscheidungen.“ Als Stadt stehe man ausdrücklich zur Entscheidung und sehe die Sperre nicht als „Signal des Stillstands, sondern Ausdruck eines Anspruchs“, das Areal gemeinsam sinnvoll, nachhaltig und im Einklang mit der Bürgerschaft zu entwickeln.

Die Sperre gilt nach Satzung zwei Jahre und könnte um ein Jahr verlängert werden, gegebenenfalls werde man dies tun, sagt Mohr. Allerdings werde nach anderen Lösungen gesucht. Und: „Falls sich kein geeigneter Investor findet, wird auch der Erwerb durch die Stadt Bendorf mithilfe von Städtebaufördermitteln nicht völlig ausgeschlossen.“ Die Sperre könne jederzeit durch den Rat aufgehoben werden, wenn ein Investor den Willen der Gremien im Sinne der Planungshoheit erfüllt, heißt es weiter: „Einer schnellen Entwicklung steht sie also keinesfalls im Weg.“

Wie soll es nun weitergehen? Gespräche mit Interessenten wurden geführt, schreibt die Marienhausgruppe. Auch aktuell gebe es erste Gespräche mit Interessenten, deren Konzepte sich an den Gegebenheiten und den Bebauungsplänen der Stadt orientieren: „Unser Ziel ist es, die rund 17.000 Quadratmeter in attraktiver Innenstadtlage in diesem Jahr zu veräußern.“

Auch die Stadt Bendorf ist offen für private Investoren, die zu einer Innenstadtentwicklung beitragen wollen, wie Mohr gegenüber unserer Zeitung versichert. Der Planungswille der Stadt geht weiter in Richtung Wohnraum, „idealerweise auch bezahlbar und generationsübergreifend“, Einzelhandel, Dienstleistungen oder Gesundheit sowie die „mögliche Ansiedlung von Verwaltungseinheiten“.

Klar sei die Bedeutung des Standorts im Herzen der Stadt: „Umso wichtiger ist es, dass Eigentümer, mögliche Investoren und die Stadt eng und konstruktiv zusammenarbeiten.“ Als Stadt wolle man seinen Beitrag leisten: „Sei es über planungsrechtliche Unterstützung, Gespräche mit potenziellen Partnern oder durch eigene Nutzungsperspektiven etwa im Verwaltungsbereich.“ Dabei sei nicht das Ziel „einfach irgendeine Nachnutzung umzusetzen“, sondern gemeinsam ein „städtebaulich hochwertiges, nachhaltiges und lebensnahes Quartier zu schaffen“.

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