Darum geht es: Nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit im Projekt Wenigerbachtal stellt Ingenieur Dirk Gastring als Sachverständiger ein Starkregenkonzept vor. In den vergangenen Jahren haben sich große Änderungen in der Betrachtungsweise – nicht nur wegen den Ereignissen im Ahrtal – ergeben, berichtet er. So seien Karten, Starkregenindexe und Prognosen extrem aktuell, und Starkregenereignisse kämen auch deutlich öfter vor. Das Wenigerbachtal als Einzugsgebiet sei nicht riesig, aber aufgrund von seiner Topografie interessant und müsse genauer betrachtet werden, sagt Gastring.
Dazu zähle die Bodenerosion, um vorhersehen zu können, wo durch Bodenabtrag nicht nur Wasser, sondern ein Wasserschlammgemisch in Richtung Stadt abfließen würde. Günstig sei, dass der Großbach in komplett bewaldetem Gebiet fließe, wodurch so gut wie keine Bodenerosion stattfinden würde. Anders im Wenigerbachtal, zwar käme es im bewaldeten Gebiet auch zu so gut wie keiner Erosion, doch im letzten Zipfel befinde man sich auf landwirtschaftlicher Fläche. Hier ergebe sich hohe Bodenerosionsgefahr.
Als Konzeptmöglichkeit für das Wenigerbachtal stellt Gastring ein oberhalb des Tals liegendes Regenrückhaltebecken vor, hierfür hat er ein Gebiet ausgewählt, das laut Informationen dem Land Nordrhein-Westfalen gehört. Über ein Drei-Kanalsystem im Straßenraum soll das Wasser abgeleitet werden können. Irgendwo höre aber jede Berechnung auf, sagt Gastring, eine 100-prozentige Garantie könne man nie geben. Aber: Das vorliegende Konzept sei gut und erfülle in Abstimmung mit der SGD Nord die momentanen Kriterien für Überflutungs- und Hochwasserschutz.
Ausgiebig und zum Teil kontrovers wurde auf der jüngsten Sitzung des Bendorfer Stadtrats der Bebauungsplan „Im Wenigerbachtal“ diskutiert. Der Aufstellungsbeschluss selbst wurde bereits im Mai 2021 beschlossen.Rat diskutiert ums Wenigerbachtal: Auf dem Plan stehen ein Wohngebiet sowie Hotels und Gastronomie
Das sagen die Fraktionen: Nicht nur um das Konzept, sondern um die Pläne im Wenigerbachtal generell entbrennt eine lange Diskussion. Ein Punkt, an dem sich Fragen auftun, sind die Besitzverhältnisse, und ob das Land NRW die Fläche für die Maßnahme hergeben würde. Man befinde sich noch in der Vorplanungsphase, gab Gastring zu bedenken, grundsätzlich sei ihm aber kein Fall bekannt, in dem öffentliche Flächen nicht für solche Anlagen genutzt werden könnten. Konkrete Verhandlungen habe es aber noch nicht gegeben.
Anlage muss kein 100-jähriges Ereignis halten
Die CDU etwa hält für fraglich, ob die Anlage bei Starkregen ausreichend dimensioniert ist, Gräben setzten sich zudem schnell zu und bedürften andauernder Pflege. Gastring gibt dem Argument recht: Ab einem bestimmten Ereignis sind die Maßnahmen zu klein, das gelte aber für alle Anlagen in ganz Bendorf, Rheinland-Pfalz und der Bundesrepublik. Die Anlage müsse kein 100-jährliches Ereignis komplett zurückhalten können, das sei technisch und wirtschaftlich nicht zu leisten. Bürgermeister Mohr gibt zu bedenken, dass das Konzept an sich schon eine Verbesserung darstelle, weil es in der derzeitigen Bebauung überhaupt keine Rückhaltung gebe.
Das Areal gehört einer Investorgesellschaft, die es im November 2018 erstanden hatte. Damals hatte sich der Stadtentwicklungsausschuss positiv gegenüber den Ideen zur Weiterentwicklung des Gebiets gezeigt.Die Historie zum Projekt im Wenigerbachtal
Die FWG teilt die Bedenken wegen der Bebauung in dem engen Tal, zudem zweifelt sie an, ob es tatsächlich Bedarf für so eine große Bebauung gibt. Natürlich könne man Bedenken haben und dagegen stimmen, heißt es auch von der FDP, aber dann verbessere man die Situation nicht, sondern bleibe beim bestehenden Bebauungsplan. Der aktuell vorliegende minimiere zumindest teilweise die Bedenken.
Eine weitere Gefahr sieht die FDP darin, dass das Gebiet „verfällt und verfällt“. Ähnlich sehen es die Grünen: Man habe keine grüne Wiese vor sich und plane dort nun Gebäude, sondern es verfalle Leerstand, und man habe jetzt die Möglichkeit zu planen, wie es dort weitergehen soll. Der Investor habe alles gemacht, was der Rat von ihm verlangt habe, nun gehe man in jedem Schritt wieder in die Grundsatzdiskussion zurück, ob man überhaupt wolle oder nicht. Das mache unglaubwürdig und schrecke Investoren ab, etwas in Bendorf zu machen.
“Nicht der Ponyhof, den wir gerne hätten"
Die SPD bekennt klar, dem Antrag zuzustimmen, derzeit gebe es keine Rückhaltung, das jetzige Konzept sei zwar nicht „der Ponyhof, den wir gerne hätten“, aber Wohnraum werde in Bendorf benötigt. Die Fraktion wirft zudem ein, dass, sollte es ein Nein vom Rat geben, der Investor mit dem alten Bebauungsplan noch mehr Spielraum behalte als wenn man nun dem überarbeiteten Plan zustimme.
So wird entschieden, und das bedeutet der Beschluss: Der Beschluss des Tagesordnungspunktes setzt die Verwaltung vor ein Novum: Zwar nahmen die Ratsmitglieder die Anregungen und Bedenken zum Wenigerbachtal an, doch stimmten sie gegen ein Voranschreiten der Beteiligung. Bürgermeister Mohr erklärt: Die bisherigen Einwände und Bedenken vonseiten der Bürger, aber auch öffentlicher Belange wie Forst, Naturschutz, Energieträger und Bergbau, wurden nach Eingang in den Bauantrag überarbeitet und auch beschlossen. Der Antrag wurde entsprechend überarbeitet und angepasst, was zu dem vorgestellten Starkregenkonzept führte (Angenommen mit 11 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen).
Nun müsste es weitergehen mit einer Beteiligung der Öffentlichkeit zu dem neuen Stand, dies lehnte der Rat jedoch mit 12 Nein-Stimme gegenüber 10 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen ab. Die Frage sei nun, wie man mit diesem Beschluss umgehe. Für das Projekt selbst sei dies kein Todesstoß, sagt Mohr, aber schon ein kleiner Rückschlag. Denn: Erst mal geht es nicht voran. Man werde nun mit dem Investor Kontakt aufnehmen und schauen, wie es weitergehen kann. Hierzu werde man wohl mit dem nächsten Rat nach der Kommunalwahl noch einmal in die Diskussion gehen müssen.