Sichtlich gerührt steht das neue Möhnenpaar – Obermöhn Martina I., Steuerfrau der Freibeuter, im Herzen grün mit Blick auf das Drei-Städte-Eck und ihr Möhnerich Andrea I., Kapitän der drei Stadtteile mit Weitblick zum goldenen Piratenschatz – am Freitagabend auf der ersten Prunksitzung der Mülheimer Möhnen in der Kurfürstenhalle. Gleich werden sie als die offiziellen Tollitäten des Möhnen-Clubs 1950 Mülheim proklamiert.
Neben ihnen und ihrem Hofstaat stehen unter anderem auch die Husaren aus Urmitz-Bahnhof auf der Bühne – denn in diesem Verein haben die neuen Tollitäten ihre närrischen Wurzeln. Überreicht bekommen die beiden ihre Ketten übrigens von der kleinen Obermöhn Victoria Brandt, dem Patenkind der großen Obermöhn. Ihr Auftritt wird im Publikum mit einigen „Ohs“ honoriert – etwas fürs Herz, das darf beim Karneval nicht fehlen.

Die Feierlichkeiten zur Proklamation des neuen Möhnenpaars in Mülheim-Kärlich begannen traditionsgemäß aber schon vor dem offiziellen Einzug in die Kurfürstenhalle – sie wurden von Freunden, Familie, Bekannten und Kollegen abgeholt. Gemeinsam zogen die baldigen närrischen Herrscherinnen dann gen Kurfürstenhalle für eben jene Proklamation und zum Feiern der ersten Prunksitzung des Mülheimer Möhnenvereins. Mit dabei auch der Musikverein aus Lonnig, der dem Marsch und dem späteren Einzug die richtige musikalische Untermalung bot.

Bevor aber die Halle – und damit schlussendlich auch das Mülheim-Kärlicher Narrenvolk – seine neuen Tollitäten zu Gesicht bekommt, verabschiedet sich in der Halle zunächst das alte Möhnenpaar per Videobotschaft. Obermöhn Beatrix I. und Möhnerich Kerstin I. bedanken sich für ihre zweijährige Regentschaft bei ihrem Hofstaat und den Sponsoren. Es folgt der Einzug des neuen Hofstaates, natürlich samt Martina I. (Martina Müller-Schösser) und Andrea I. (Andrea Koch), die auch fernab des närrischen Treibens ein enges Band verbindet: Sie sind nämlich Schwestern. „Familie und Verein, das ist die Überschrift unseres neuen Möhnenpaars“, sagt Martina Niepagen, Präsidentin des Möhnenclubs, im Verlauf der Proklamation. Das Motto der beiden, man kann es an den Beinamen schon erahnen, ist Piraten.
„Familie und Verein, das ist die Überschrift unseres neuen Möhnenpaars.“
Martina Niepagen, Präsidentin des Möhnenclubs 1950 Mülheim
Nachdem das neue Möhnenpaar seine Ketten erhalten hat, den neuen Hofstaat vorgestellt und mit Orden versehen hat, wird getanzt – und zwar der Freibeuter-Möhnentanz. Getreu des Refrains „Alle solle danse so wie wir“ hält es das Publikum dabei nicht mehr auf den Stühlen, die Narren klatschen und ahmen die Choreografie des Hofstaates nach. Damit endet die Proklamation und es geht weiter im Programm der Prunksitzung, durch die Niepagen gekonnt führt. Der junge Ben Mattlener zeigte etwa solo als Tanzmajor oder zusammen mit Gardetanz-Partnerin Frieda Saxler warum er im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften im karnevalistischen Gardetanzsport als Sieger hervorging. Auch in diesem Jahr konnte er bereits einige Titel gewinnen und ist sowohl rheinland-pfälzischer als auch nordrhein-westfälischer Meister in seiner Disziplin.

Musikalisch wird es etwa mit den Hofsängern oder Katja Hohn, die über einen Kobold im Kopf singt – ein Lied der Band Versengold. Ein wenig Anspannung liegt in der Luft, als Andreas Bengel als Bademeister der Stadt die Bühne betritt. „Im vergangen Jahr hat er für Schlagzeilen gesorgt“, kündigt Niepagen den Redner an. Einige hätten sogar die Halle verlassen. In diesem Jahr bleibt es verhältnismäßig ruhig, die Stadtpolitik wird nur kurz gestreift, stattdessen erzählt Bengel von rauchenden Jugendlichen und tanzt mit dem Hofstaat zum nicht unumstrittenen Song „Bauch, Beine, Po“ von Shirin David.
Rednerin „Tusnelda“ (Serap Boos) aus Urmitz/Rhein bringt die Halle zum Kichern und Lachen, etwa als sie verlauten lässt, dass die Dating-App Tinder eigentlich auch nur das Schrottwichteln des 21. Jahrhunderts sei. Turniermariechen Alina Schneider schwebt mit der Leichtigkeit einer Feder über die Bühne. Bis in den frühen Morgen feiert das Narrenvolk ausgelassen.