Vorerst keine Klubnacht mehr
Electric City in Koblenz: Eine Pause mit offenem Ende
Die Klubnacht Electric City wurde in Koblenz seit 2001 insgesamt 20 Mal gefeiert, im vergangenen Jahr aber das vorerst letzte Mal.
Matthias Kolk

Eines der größten Klubevents in und um Koblenz legt eine Pause ein – und niemand kann absehen, wie lange sie dauert. Die Gründe für das vorläufige Ende von Electric City sind vielschichtig – und mitunter gravierend für eine ganze Szene.

Nachts durch die Klubs ziehen, zu Elektromusik von international bekannten DJs abtanzen und mit Freunden feiern: Dafür stand Electric City in Koblenz in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten. Doch die Zeit der großen Klubnacht ist zu Ende, zumindest vorerst. Electric City legt eine Pause ein. Und wer sich in der Szene umhört, zweifelt womöglich an einer zeitnahen Rückkehr. Denn die Gründe sind wunde Punkte in der Branche.

Rückblick: In den 1990er-Jahren eroberte Elektromusik die Herzen in Deutschland. Ein Jahr nach der Jahrtausendwende haben sich Techno, House und EDM längst etabliert. 2001: In Koblenz steht die Erstauflage von Electric City an. Vier Klubs, ein Ticket für 25 D-Mark und Feiern bis zum Morgengrauen: Das Konzept zog damals 3000 Menschen in die Klubs und belebte das Nachtleben. In den Folgejahren wuchs Electric City stetig: mehr Klubs, mehr Glamour am DJ-Mischpult und mehr Elektrofans. „Zu Peak-Zeiten hatten wir rund 10.000 Feiernde“, erzählt Oliver Vordemvenne vom Veranstalter I-Motion aus Mülheim-Kärlich im Gespräch mit unserer Zeitung. DJ-Größen wie Hugel, Zedd oder Gary Beck legten in Koblenz auf.

Große Klubs sind Mangelware

Doch die fetten Jahre liegen mittlerweile einige Jahre zurück. Und die (erneute) Pause von Electric City ist letztlich Folge eines Trends. „Die Klub- und Eventszene in Koblenz ist stetig geschrumpft“, sagt Oliver Vordemvenne. Vor allem große Klubs gebe es nicht mehr so wie früher, dabei seien gerade die wichtig, um Kapazitäten zu haben und um bekannte Künstler anzuziehen. Anfang 2015 machte beispielsweise das Nachtwerk in Mülheim-Kärlich zu, im Sommer 2016 folgte das Aus des Dreams in der Koblenzer Innenstadt. In diesem Jahr hat die Nachtarena – ehemals Agostea – ihr Ende verkündet.

Bereits 2017 und 2018 pausierte Electric City, kehrte 2019 aber mit einem leicht angepassten Konzept zurück. Zwei Jahre später folgten zwei Zwangspausen wegen Corona. Doch nach der erneuten Rückkehr in 2023 und 2024 hat sich Electric City nicht mehr gerechnet, gibt Vordemvenne offen zu, „wir mussten beide Male Geld drauflegen. Corona hat den Klubs und der Klubkultur allgemein nicht gutgetan.“

Das „Nachwuchsproblem“ der Klubs

Das Klubsterben ist dabei nur das eine Problem. Auf der anderen Seite fehlt die Jugend, die gerne in Klubs feiern geht, sagt Vordemvenne. „Die Feierkultur ist in manchen Jahrgängen sicher verloren gegangen.“ Dem kann Arne Kurth nur zustimmen. Als Betreiber der Wilden Heimat, des Zenits und des Werks 56 war er zuletzt sogar mit drei Locations bei Electric City vertreten. In seinen Klubs fehlen aktuell vor allem die 18- bis Anfang-20-Jährigen, die in der Coronazeit erwachsen geworden sind, sagt Kurth im Gespräch mit unserer Zeitung. Für das Aus von Electric City hat er deshalb Verständnis, findet es aber trotzdem „schade. Früher war das für uns eine ganz wichtige Veranstaltung, weil sie viele Leute zu uns gebracht hat, die vorher nie da waren.“

Arne Kurth betreibt aktuell das Zenit und die Wilde Heimat in Koblenz.
Sascha Ditscher (Archiv)

Ähnlich wie Arne Kurth reagiert Ralf Prestenbach. Sein Circus Maximus war bei Electric City eine Konstante, schon bei der Erstauflage 2001 dabei. Verwundert ist er über die jüngsten Entwicklungen aber nicht. Das Klubsterben sei schon seit vielen Jahren real, die Zeiten, in denen man vom Klubgeschäft gut leben kann, seien auch längst vorbei, sagt er. „Die Kosten sind einfach immens geworden.“ Der Circus Maximus trage sich auch nur dadurch, dass es neben dem Klub im Keller weitere Standbeine gibt.

Ralf Prestenbach, Betreiber des Circus Maximus
Matthias Kolk (Archiv)

Das Dilemma mit den hohen Gagen

In hohen Kosten liegt auch nach Ansicht von I-Motion ein weiterer Grund für die Pause von Electric City. „Die Gagen für Künstler sind exponentiell nach oben gegangen“, sagt Vordemvenne. Woran das liegt? Elektromusik habe sich globalisiert, sei mittlerweile in viel mehr Ländern beliebt als früher, überall gebe es Festivals, die Konkurrenz um große Acts sei riesig, was wiederum die Preise nach oben treibe. Ein regionales Event wie Electric City stellt diese Entwicklung vor ein Dilemma: Einerseits will man die Ticketpreise erschwinglich halten, andererseits sind bekannte Künstler bekanntermaßen Zugpferde für den Ticketverkauf.

Die hohen Gagen, zu wenig (große) Klubs und aktuell nicht genug Klubgänger: All das zusammen bewegt I-Motion dazu, dass sich bei Electric City erstmal keiner mehr zu Elektrobeats bewegt. Auch für 2026 macht sich Oliver Vordemvenne wenig Hoffnung. Danach, meint er, sei alles offen. „Es gibt immer mal Zyklen, immer mal Trends, das ist normal. Klubs und das Feierngehen werden auch eine Renaissance erleben.“ Die offene Frage ist nur, wann.

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