Koblenzer Hilfe in Kenia
Eine Schule verändert viele Schicksale
Kinder und Jugendliche lernen in der Mirisa-Schule in Kenia.
Petra Schmidt-Sauer

Vor 20 Jahren war es eine Idee, ein kleines Projekt. Dass daraus eine Riesensache werden würde, eine große Schule in Kenia, in der Hunderte Kinder unterrichtet werden, konnte niemand ahnen. Es ist noch lange nicht zu Ende.

Die beiden Koblenzer Paul Sauer und seine Frau Petra schwelgen in Erinnerungen. Was alles passiert ist in den vergangenen 20 Jahren! Damals, 2005, war Paul Sauer, der als Bauunternehmer an der Ausbildung von Straßenbauern beteiligt war, mit einer Gruppe von jungen Leuten nach Kenia gereist, um einen Wasserbehälter zu bauen. Was folgte, ist ein jahrzehntelanges Engagement für eine Region, in der es sehr viel Armut und wenig Infrastruktur gibt. „Die Schere zwischen Arm und Reich wird sogar immer größer“, sagt Petra Schmidt-Sauer nachdenklich.

Vor ein paar Tagen hat das Ehepaar zum 20-jährigen Bestehen den Stand des Projekts bei einer kleinen Feier einer Gruppe von Sponsoren und Spendern vorgestellt. Denn ohne die große Unterstützung wäre das, was in Kenia passiert, nicht möglich.

„Und dann haben wir gedacht, wir sind fertig.“
Mehr als einmal schien das Projekt beendet zu sein, sagt Paul Sauer. Doch es gab immer neue Aufgaben.

Wo heute ein großes Schulzentrum steht, war vor 20 Jahren nichts. „Im ersten Jahr waren wir mit neun Leuten da, im zweiten mit 19“, erzählt Paul Sauer beim Kaffee in der Koblenzer Innenstadt. Die Auszubildenden bauten erst einen Wasserbehälter, dann eine Wasserleitung – Flüge und Unterkunft zahlten sie alle selbst. „Und dann waren wir eigentlich fertig. Haben wir gedacht.“

Aber dann gab es einen Kontakt zu einer Vorschule, und diesmal flog auch Petra Schmidt-Sauer mit nach Kenia. „Die Kinder hatten Hungerbäuche, Krätze, man sah viel Armut und schlechte Gesundheit“, sagt die 67-Jährige nachdenklich. Die Gruppe von Unterstützern in Koblenz, die sich gebildet hatte, beschloss, ein Grundstück zu kaufen und eine Vorschule zu errichten. So nahm es seinen Lauf.

Das Leitungsteam: Petra Schmidt-Sauer, Paul Sauer und Paul Kipsang Mites, der Schulleiter.
Sylvia Schuster

Und wuchs. Nach der Vorschule, die – wie in Deutschland die herkömmliche Kita – von Drei- bis Sechsjährigen besucht wird, wurde eine kleine Grundschule gebaut. Denn die Kinder wachsen heran, und wenn man sie einmal beim Start ins Leben begleitet hat, kann man sie schlecht wieder im Stich lassen.

Die frühere Initiative hatte sich unterdessen unter das Dach des Koblenzer Vereins Friedenskinder begeben. „So kommt es, dass wir seit 20 Jahren in Kenia aktiv sind, obwohl es die Friedenskinder in der Form erst seit 15 Jahren gibt“, sagt Petra Schmidt-Sauer, die selbst Lehrerin war und viel bei der Planung der Schulen mitgewirkt hat.

Seit 2012 liefen Bau und Ausbau der Primary School, die die Kinder bis zur sechsten Klassenstufe besuchen. Jedes Jahr kam ein neuer Jahrgang hinzu, die Schule wuchs und wuchs. In Gärten wird so viel angebaut, dass es für das Schulessen der Kinder reicht, und auch ein Spielplatz gehört zum Gelände. „Denn das Motto der Friedenskinder ist doch ,Damit Kinder Kinder sein dürfen’“, sagt Petra Schmidt-Sauer. Das passe zum Motto der Mirisa-Schule „step by step ever forward“, Schritt für Schritt nach vorn, es ergänze sich hervorragend, sagt die Koblenzerin.

„Und dann haben wir wieder gedacht, wir sind fertig“, sagt Paul Sauer und lacht. Aber das Verantwortungsgefühl endete wieder nicht: Seit 2022 wurde die auf der Grundschule aufbauende Junior Secondary School geplant und gebaut. Und als sie fast fertig schien, musste sie ausgebaut werden, weil es eine Schulreform gab, nach der nun neun statt acht Schuljahre verpflichtend sind und die Schulen Labore haben müssen.

Die Schülerinnen und Schüler im neuen Labor.
Petra Schmidt-Sauer

Die Mirisa-Schule der Friedenskinder ist privat, aber sie wird staatlich kontrolliert, damit die Abschlüsse zählen. „Unsere Schüler zahlen aber nur ganz geringes Schulgeld. Und die, deren Familien es nicht aufbringen können, zahlen gar nichts“, sagt das Ehepaar Sauer. Dies führt dazu, dass von Deutschland jeden Monat rund 5000 Euro über Patenschaften und Spenden überwiesen werden, damit die Schule mit den circa 30 Angestellten und derzeit 400 Schülern läuft.

Insofern gehört die Mirisa-Schule nicht zu Projekten, die irgendwann selbst ans Laufen kommen können – das ginge nur, wenn das Schulgeld enorm erhöht würde. Aber dann könnten es sich die Familien der Tagelöhner wieder nicht mehr leisten. Für die Schüler, die die Friedenskinder-Schulen durchlaufen, öffnen sich aber ganz neue Wege, berichtet das Ehepaar Sauer.

Die Schüler lernen viele praktische Fertigkeiten.
Petra Schmidt-Sauer

Die Ausbildung ist sehr praxisorientiert, sodass die Jugendlichen mit ihren Fertigkeiten in Werken oder Gartenbau nach der Schule etwas anfangen können. Gleichzeitig ist die Bildung aber auch so gut, dass viele in die Stadt ziehen und eine Ausbildung machen oder gar studieren können.

„Wir hatten Kontakt mit einigen Ehemaligen“, berichtet Paul Sauer, „es ist so schön zu sehen, was aus ihnen wird.“ Und, sagt seine Frau lächelnd, „sie erzählen noch heute, wie gern sie zur Schule gingen. Und wie gut das Essen an der Schule war und dass sie immer satt wurden.“ Keine Selbstverständlichkeit für Kinder und Jugendliche in dieser Region.

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