Interview Diana Bäßler leitet das Forum Mittelrhein und will Koblenz für möglichst viele Zielgruppen attraktiver machen
Eine Frau hat im Forum Mittelrhein den Hut auf: 39-Jährige leitet Koblenzer Einkaufszentrum

Kümmert sich im Forum Mittelrhein um alles, auch um Notfälle: Die 39-jährige Diana Bäßler leitet das Einkaufszentrum in Koblenz. 

Katharina Demleitner

Koblenz. Eine gebürtige Schwäbin ist seit 2015 Chefin des jüngsten Einkaufszentrums in Koblenz, des Forums Mittelrhein auf dem Zentralplatz. Im Interview mit unserer Zeitung schildert Diana Bäßler, wie sie der Internetkonkurrenz Paroli bieten will, was Koblenz so besonders macht und wie sie mit Männern umgeht, die ihr mit Gönnerblick die Welt erklären.

Kümmert sich im Forum Mittelrhein um alles, auch um Notfälle: Die 39-jährige Diana Bäßler leitet das Einkaufszentrum in Koblenz. 

Katharina Demleitner

Wie starten Sie am Morgen in Ihren arbeitsreichen Tag?

Ich beginne jeden Tag erst mal im Büro, prüfe, was anliegt. Wenn möglich, mache ich dann den täglichen Rundgang mit meinem technischen Leiter. Das schaffe ich zwar nicht immer, aber meistens. Denn jeder Tag ist anders, das macht meinen Job so spannend. Wir kontrollieren, ob alles in Ordnung ist im Center. Hell, sauber, freundlich und sicher soll es sein, also schauen wir, ob alle Läden offen sind, und sind für die Mieter direkt ansprechbar. Wir prüfen die Beleuchtung und die Rolltreppen, die Standorte der Mülleimer, die Sauberkeit der Kinderspielfläche, und wir sorgen natürlich für Abhilfe, wenn irgendetwas nicht passt, es zum Beispiel Verunreinigungen gibt. Wir sind auch für das Gebäudemanagement verantwortlich, das ist zeitaufwendig. Wir kümmern uns um alles, auch um Notfälle.

Welche Notfälle kommen denn vor?

Da erlebt man als Centermanagerin die tollsten Sachen. Rentner, die ihre Autos nicht mehr wiederfinden, Eltern auf der Suche nach ihren Kindern oder umgekehrt, aber auch Menschen mit gesundheitlichen Problemen. Wir haben einen Sanitätsraum für Notfälle. Als ich früher ein Center in Baden-Württemberg leitete, hat dort eine hochschwangere Frau beinah ihr Baby bekommen. Es bleibt einem nichts Menschliches fremd, wenn man ein Einkaufszentrum leitet.

Im Durchschnitt kommen täglich 18.000 Besucher ins Forum Mittelrhein. Was wollen Sie ihnen bieten?

Ich betrachte ein Center als urbanen Marktplatz der Zukunft. Wir sind wie der herkömmliche Wochenmarkt auf einem zentralen Platz mit Cafés drum herum, aber in einer anderen Form und mit einem Dach drauf. Mein Ziel ist, dass das Forum Mittelrhein ein Ort der Begegnung ist. Die Geschäfte unserer Mietpartner sorgen für das Shoppingerlebnis, wir sind dafür zuständig, dass die Leute Spaß haben und sich wohlfühlen. Dazu gehört nicht nur eine schöne Ausstattung des Centers wie das eben erneuerte Mobiliar. Mir ist wichtig, dass da nicht einfach eine Sitzgelegenheit steht, sondern eine schöne Bank in einem netten Ambiente. Und wir machen niederschwellige, kostenlose Entertainmentangebote wie den Tortenwettbewerb, den Dance-Contest oder die Halloween-Aktion. Entscheidend ist, dass die Menschen ein richtig tolles Erlebnis haben, das sie begeistert und glücklich macht. Wenn ich erreiche, dass die Leute sagen: „Das war super!“, dann habe ich Geld und Energie richtig investiert.

Wie etabliert ist das noch junge Forum Mittelrhein, das lange umstritten war und erst vor fünf Jahren eröffnete?

Es dauert natürlich, bis sich Netzwerke bilden, aber das Forum Mittelrhein ist ein Teil von Koblenz. Bei uns packt man die Leute, kann nebenbei Input geben. So hatten wir eine hoch emotionale Ausstellung des hiesigen Frauenhauses, die ebenso gut besucht war wie eine Fotoausstellung der Jugendkunstwerkstatt. In vier Wochen hatte die Schau 700 Besucher, das ist enorm. Mir ist wichtig, dass ständig was los ist im Forum. Meine Vorgängerin hat eher auf wenige, große Aktionen gesetzt. Daher ist es auch wichtig, dass die Centermanager immer mal wieder wechseln und ein anderer Stil, andere Vorlieben greifen. Am besten läuft bei uns der Dance-Contest, den wir 2018 – so viel sei verraten – ein wenig verändern wollen. Trotzdem ist das Forum Mittelrhein natürlich noch nicht so etabliert wie das Löhr-Center.

Das Löhr-Center gibt es seit 1984, das Forum Mittelrhein kam später dazu. Wie funktioniert das Nebeneinander der beiden ECE-Center?

Dank des großen Einzugsgebiets funktioniert das Nebeneinander gut, das gibt es nicht so häufig in einer Stadt dieser Größe. Wir wollen Koblenz für möglichst viele Zielgruppen attraktiv machen. Das Löhr-Center ist ein klassisches Center, das nach der Sanierung toll aussieht. Wir sind ein bisschen frecher, sprechen eher junge Leute an und sind daher eine gute Ergänzung. Und wir stimmen uns natürlich auch ab. Zudem verstehen wir Center uns als Ergänzung zur Innenstadt. In Koblenz gibt es viele tolle Geschäfte in der Altstadt, die Fußgängerzone ist sehr attraktiv, die Stadt hat die Entwicklung dort über die Wirtschaftsförderung gut im Blick. Die kritisierten Billigläden halte ich für eine Übergangslösung. Gerade für große Flächen finden sich nicht so schnell interessante Mieter. Das braucht Zeit.

Welchen Einfluss hat der Online-Handel auf den stationären Handel?

Der Online-Handel ist eine Herausforderung und ein neuer Wettbewerber, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Dem muss sich der stationäre Handel stellen und punkten beim Umgang mit dem Kunden, der Optik des Ladens, aber auch mit Angeboten wie Bestellmöglichkeiten oder Lieferservice. Denn auf ein so riesiges Sortiment wie ein Internet-Händler wird ein Laden vor Ort nie zugreifen können. Andererseits überzeugt der reine Online-Handel auch nicht, weil die Kunden nichts anfassen und ausprobieren können. Ich denke, Ziel muss sein, das Einkaufserlebnis so positiv wie möglich zu gestalten. So testet ECE in einigen Centern gerade die Möglichkeit, online die Verfügbarkeit beispielsweise eines Geschenks, das ich kurzfristig brauche, abzufragen. Auf der Internetseite kann ich den Artikel reservieren und bekomme ihn sicher noch am selben Tag. Das schafft kein Online-Händler.

Bei ECE werden rund 45 Prozent der Center von Frauen, 55 Prozent von Männern geleitet. Welche Erfahrungen haben Sie als Frau im Laufe Ihrer Karriere gemacht?

Meine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel habe ich in einem Stuttgarter Haushaltswarengeschäft gemacht, wurde dort Abteilungsleiterin. Aber mehr Weiterbildung ließ der Arbeitgeber nicht zu, weil ich ja ohnehin schwanger würde und dann weg wäre. Diese Vorstellung sitzt noch tief in den Köpfen. Ich habe dann Betriebswirtschaft studiert, mich bei ECE beworben, und als ich mit 31 Jahren ein Center in Leonberg übernahm, hieß es: „So eine junge Frau wie Sie, wie kommt denn das?“. Einen Mann hätte man für einen tollen Kerl gehalten. Ich habe erlebt, dass ich als Frau mehr geprüft werde. Frauen prüfen aber auch sich selbst stärker: Männer können eher über etwas hinweggehen, Frauen wollen es perfekt machen und werden dadurch angreifbarer.

Haben Sie während Ihrer Arbeit auch Belästigungen erlebt?

Oh ja! Bei einer Veranstaltung in einer meiner vorherigen Positionen saß ein Stadtrat schon mal fast auf meinem Schoß, erkundigte sich nach meinem Beziehungsstatus und empfahl mir einen anderen Teilnehmer als Partner. Dabei war das ein Businesstreffen und kein Speeddating! Oder in Sitzungen lehnen sich Männer gerne mal lässig nach hinten, legen den Fuß aufs andere Knie und erklären mir als Frau mit so einem Gönnerblick die Welt. Da hilft nur dagegenhalten. Aber es ist nicht immer und mit allen Männern schwierig. Sehr viele agieren auf Augenhöhe.

Hat es Vorteile, eine Frau zu sein?

Auch das habe ich durchaus erlebt. In einem Center, das ich leitete, sind Besucher aggressiv geworden. Mir als Frau gegenüber haben sie sich doch beherrscht und sind gegangen, ohne dass es ausartete. Mit einem Mann wäre die Situation wohl konfliktreicher gewesen.

Was unterscheidet einen männlichen Centermanager von einer Centermanagerin?

Das kann ich nicht eindeutig sagen. Ich denke, jeder lässt in den Job seine Erfahrungen, seine Persönlichkeit und seine Interessen und Begabungen einfließen. Diese sind sicher auch von Geschlechterrollen beeinflusst, aber wie die jeder für sich umsetzt und lebt, ist vermutlich total unterschiedlich.

Welche Pläne haben Sie für das Forum Mittelrhein 2018?

Im Frühjahr wollen wir mit Modedesignern eine besondere Fashion-Aktion starten und eigene Kleidungsstücke der Besucher verändern, aufpeppen, anpassen. Außerdem ist geplant, dass der tolle Gullydeckel mit dem Schängel auf T-Shirts gedruckt werden kann. Das wird bestimmt großartig – und einzigartig, denn den Schängel gibt es nur in Koblenz.

Wie gefällt es Ihnen in Koblenz?

Das Schwäbisch ist momentan wieder stärker, weil ich viel in meiner Heimat bin. Ein ehemaliger Vorgesetzter aus Celle war mal – natürlich mit einem Augenzwinkern – aufgefordert, mir Hochdeutsch beizubringen. Wie man hört, ohne Erfolg. Aber Koblenz war mein Wunschstandort. Mich hat die Aufgabe in dem neuen Center hier gereizt, außerdem finde ich es hier landschaftlich sehr schön. Ich bin gerne an der Mosel, mag den Wein. Die Stadt und die Region bieten eine tolle Lebensqualität. Die Gegend, das Center und ich passen gut zusammen, finde ich.

Das Gespräch führte Katharina Demleitner

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