Seine Rede auf dem Koblenzer Zentralplatz ist fast an ihren Schluss gelangt. Viel ging es darin um Verteidigungsbereitschaft und andere handfeste und nicht immer einfache Themen dieser Zeit. Doch zum Ende hin lässt Boris Pistorius doch noch ein paar Frühlingsgefühlen ihren Lauf, immerhin scheint die Sonne, und es ist ein paar Grad wärmer als in den vergangenen Tagen. „Ich bin verliebt“, gibt der Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland zu. Und ergänzt sodann: „Nicht nur in meine Frau, sondern in unser Grundgesetz.“
Es sei Wert, jeden Tag dafür einzutreten, ergänzt Pistorius. Der Sozialdemokrat macht klar, dass er das Grundgesetz für die beste Verfassung hält, die Deutschland jemals hatte, aber auch, dass es – und das ist dann schon wieder weniger romantisch – in diesen Zeiten gehörig unter Druck steht. Die mehrfach in verschiedenen Nuancen aus verschiedenen Mündern zu hörende Bitte, die über den Platz weht, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wählt am Sonntag, Leute, am besten bitte doch SPD, aber bitte zumindest demokratisch!
Auf dem Zentralplatz in Koblenz
Verteidigungsminister Pistorius, dezidierter Umfragestar seiner Partei, ist am Donnerstagnachmittag nach Koblenz gekommen, um den Genossen in der Region im Bundestagswahlkampf-Endspurt noch einmal Schützenhilfe zu geben. Organisiert wurde der Auftritt von der Landes-SPD. Die örtlichen Bundestagskandidaten stehen auf der von Securitys und Leibwächtern bewachten Bühne an seiner Seite. Ans Mikrofon, wenn auch jeweils kürzer, treten neben Pistorius Thorsten Rudolph, Abgeordneter für den Wahlkreis Koblenz, Tanja Machalet (Wahkreis Montabaur und Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz) sowie Ferdi Akaltin – er tritt im Wahlkreis Ahrweiler an, zu dem Teile des Landkreises Mayen-Koblenz gehören.
Vor einigen Hundert Zuhörern spricht Machalet unter anderem darüber, dass auch soziale Sicherheit nicht vernachlässigt werden dürfe. Ferdi Akaltin betont: „Sicherheit und Freiheit waren nie so bedroht wie heute“, der Bundeswehroberst taucht später noch einmal in die Untiefen von Internet-Algorithmen ein, spricht darüber, wie Techfirmen aussteuern können, welche Inhalte in sozialen Medien angezeigt werden und wie dadurch Meinungen oder (Des-)Informationen platziert und verstärkt werden können.

Der Koblenzer SPD-Vertreter in Berlin, Thorsten Rudolph, betont einmal mehr die Bedeutung seiner Heimatstadt als wichtiger Bundeswehrstandort („Wir sind darüber froh und stolz“) und führt in das beherrschende großpolitische Thema der vergangenen Tage ein. Dass aus den USA nun ein anderer Wind weht und man sich in der deutschen Politik dringend darauf einstellen muss, macht Rudolph klar, einfach, indem er aufzählt: Grönland, Kanada, der Panamakanal, Gaza, und „nun die 180-Grad-Wende in der Ukraine“. Es werden, so schätzt es der Schängel und Sozialdemokrat, keine einfachen Jahre.

Auch Boris Pistorius spricht in seiner Rede über die jüngsten Ereignisse. Im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz ist er seinem neuen US-amerikanischen Amtskollegen, Verteidigungsminister Pete Hegseth, begegnet. Die umstrittene Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance hat er gesehen. Zu Ersterem sagt er, dass man sich zusammengesetzt und gesprochen habe. Zu Amtsvorgänger Lloyd Austin hatte er ein gutes Verhältnis, aber mit wem man an der Stelle zusammenarbeite, das bestimme eben der amerikanische Wähler. Vance kritisiert er, nicht zum ersten Mal, mit deutlichen Worten für dessen Sätze auf der Konferenz: Das gehöre sich nicht unter Demokraten, sagt Pistorius.
Genossen sprechen sich Mut zu
Generell will er nicht den Schwarzmaler spielen. „Ich bin ein Sonnenschein“, sagt er mit Verweis auf familiäre Einschätzungen. Doch der Verteidigungsminister beschwört in Koblenz erneut mit Blick auf Putin, was er schon oft in verschiedenen Facetten betonte: Bedrohungen würden nicht kleiner, wenn man sie ignoriere. Er arbeitet auch heraus, dass auch nach dem Telefonat zwischen Trump und Putin die Angriffe auf die Ukraine unvermittelt und mit großer Härte weitergingen.
Und wie das nun alles zusammenbringen? Mehr in Verteidigung investieren, dennoch den sozialen Frieden bewahren, den Sozialstaat erhalten? Was der Bundeskanzler hierzu bereits sagte, erwähnt auch Pistorius: Die Schuldenbremse müsse reformiert werden. „Wie wichtig ist die Schuldenbremse, wenn es doch um die Verteidigung unserer Freiheit geht?“, fragt er rhetorisch.

Pistorius in Koblenz: Ein volles Schiff, eine Stunde Weltpolitik und die Sehnsucht der SPD nach klaren Worten
Er ist der oberste Landesverteidiger und der derzeit wohl beliebteste Politiker, den die SPD zu bieten hat: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat am Montag zwischen Abhöraffairen-Bewältigung und Skandinavienreise mal eben noch Koblenz besucht.
Gemeinsam sprechen sich die Abgeordneten und Kandidaten und der Verteidigungsminister am Ende noch Mut zu, mit Blick auf den nahenden Sonntag und die nicht eben überragenden Umfragewerte der SPD. „Von hinten sticht die Biene“, zitiert Boris Pistorius einen alten Skatspruch. Und Tanja Machalet fügt ein Kurt-Beck-Zitat hinzu: „Am Abend werden die Hühner gezählt.“ Will heißen: Die wirklichen Prozentverhältnisse stehen erst am Sonntag fest, wenn alle Stimmen ausgezählt sind.