Die Polizei in und um Koblenz hat nach einem guten Jahr viele Unsicherheiten im praktischen Umgang mit der Cannabis-Teillegalisierung „gut in den Griff“ bekommen. Das bestätigte im Gespräch mit unserer Zeitung Jürgen Süs, der Präsident des Polizeipräsidiums Koblenz, dem die vier Direktionen Koblenz, Mayen, Neuwied und Montabaur unterstellt sind. Generell hat sich der Umgang der Beamtinnen und Beamten mit der noch neuen Gesetzgebung also eingeschliffen, vieles wurde aus der Theorie in die Praxis überführt, manches muss aber auch noch geklärt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten mit Blick auf die Arbeit der Polizei in Sachen Cannabisgesetz.
Wie ging die Polizei anfangs mit dem neuen Gesetz um?
Aus dem Präsidium war vor einem guten Jahr noch zu hören, dass Polizei und Justiz zunächst Erfahrungswerte in Bezug auf die neue Gesetzgebung sammeln müssten. „Diese würden später betrachtet und bewertet, zumal noch gar nicht alle neuen Regelungen des Gesetzes in Kraft getreten seien“, hieß es im April 2024. Im Landeskriminalamt wurde ein Arbeitskreis „Cannabis-Legalisierung“ mit Polizisten und Justizexperten gegründet, dieser entwickelte Handlungsempfehlungen für die Beamten. „Am Anfang hat das Cannabis-Legalisierungsgesetz in seiner handwerklichen Umsetzung aus Sicht der Polizei zu einer Reihe von Fragen geführt“, erläutert Jürgen Süs. Er nennt Beispiele: „Wie gehen wir mit den Abstandsregeln um? Mit den Anbauvereinen? Der 25-Gramm-Regelung für den Eigenbedarf? Für welchen Verstoß sind wir als Polizei zuständig, für welchen die Kommunen?“ Da habe es Unsicherheiten gegeben.
Gibt es seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes vermehrt Kontrollen, ob dieses eingehalten wird?
Generell werde die Kontrolltätigkeit nicht erhöht, hieß es im vergangenen Frühjahr aus dem Präsidium. Eine Ausnahme nennt Jürgen Süs indes im Nachgang: Er bestätigt, dass es im vergangenen Sommer verstärkt Cannabiskontrollen im Straßenverkehr gab. „Unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes war es uns wichtig, ein Zeichen zu setzen“, betont er. Das sei landesweit passiert. „Trotz der Legalisierung darf man nach dem Konsum ja dennoch keine Kraftfahrzeuge führen.“

Wie handelt die Polizei heute bei Cannabiskonsum im öffentlichen Raum?
„Wenn die Kollegen Cannabisgeruch wahrnehmen und einem Bürger oder eine Bürgerin zuordnen können, dann verhält er sich zunächst einmal legal“, betont Jürgen Süs. Gehen die Polizisten dann also einfach weiter? Das würde er erwarten, sagt Jürgen Süs. „Das ordne ich ein wie den sozialverträglichen Tabakkonsum.“ Doch natürlich gibt es Ausnahmen, vor allem je nach Lokalität des Konsums. Jürgen Süs erläutert, was passiert, wenn in der Nähe einer Schule „gekifft“ werde. „Dann ist zunächst einmal zu überlegen: Wird die nötige räumliche Distanz zur Schule gewahrt oder nicht?“ Wenn sie nicht gewahrt sei, würden die Polizistin oder der Polizist einschreiten, die Personalien feststellen und der zuständigen Behörde diese Ordnungswidrigkeit anzeigen, ergänzt der Polizeipräsident. „Verbunden mit der herzlichen Bitte, die räumliche Grenze einzuhalten.“
Was passiert, wenn eine Ordnungswidrigkeit wegen Cannabis festgestellt wird?
Dann gibt es irgendwann Post vom Ordnungsamt, an das die Polizei den Vorfall weiterleitet, zum Beispiel das der Stadt Koblenz. Indes: „Die genauen Abläufe zwischen den Behörden müssen sich noch einschleifen“, sagt Jürgen Süs hierzu.

Am Altlöhrtor gibt es nun Gras für Vereinsmitglieder
Die erste Ernte ist geglückt, der Andrang groß: Der Koblenzer Cannabisclub „Breitseite“ versorgt seit Kurzem legal seine Mitglieder – diskret, unter strengen Auflagen und doch im Herzen der Stadt.
Erleichtert die Teil-Legalisierung den Polizistinnen und Polizisten die Arbeit?
Jürgen Süß hält fest: „Wir merken einen deutlichen Rückgang bei den Fallzahlen, wenn es um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in Bezug auf Cannabis geht.“ Über die Legalisierung sei das ja gut zu erklären. Das führe sicherlich etwa im Streifendienst zu Entlastungen. Allerdings gibt es auch Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei, bei denen die Arbeit im Bezug auf Cannabis nicht nachgelassen hat. Jürgen Süs nennt hier als Beispiel die Fachkommissariate, die sich mit Betäubungsmittelkriminalität beschäftigen.