Attraktive Bedingungen für Kinder und Jugend sind Karin Küselwichtig - Gemeinde möchte dörflichen Charakter erhalten
Dörflichen Charakter erhalten: Urbar ist lebenswerter Ort in stetem Wandel
Die kleine, aber feine Höhengemeinde Urbar ist ein lebenswerter Ort in stetem Wandel.
Mira Zwick

Auf der rechten Rheinseite kurz hinter Koblenz biegt man rechts ab und gelangt in die kleine, aber feine Höhengemeinde Urbar. Schon kurz nach der Begrüßung macht Ortsbürgermeisterin Karin Küsel mit einer Prise Lokalpatriotismus deutlich: „Wir sind nicht Koblenz, sondern ein kleiner, eigenständiger Ort. Das macht uns auch aus.“

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Die kleine, aber feine Höhengemeinde Urbar ist ein lebenswerter Ort in stetem Wandel.
Mira Zwick

Dass sie seit rund achteinhalb Jahren die Geschicke Urbars leiten darf, überraschte sie einst selbst. Denn sie ist keine Ur-Urbarerin, sondern „nur“ zugezogen – aber mit einem großen Herz für ihre Wahlheimat.

Von ihrem Büro aus blickt sie herab zu den spielenden Kindern der kommunalen Kita „Unter dem Regenbogen“. Als Schmelzpunkt kommunaler Einrichtungen befinden sich dort direkt angrenzend das Bürgerhaus, die Feuerwehr und die Turnhalle, die vom Kindergarten, Vereinen sowie der benachbarten Grundschule genutzt wird. Mit deren Drittklässlern organisiert Küsel alljährlich eine Pflanzaktion, bei der sie rund 1000 Tulpenzwiebel in Grünanlagen der Gemeinde pflanzt: „So machen alle Urbarer Kinder bei dieser Aktion mit, und ich habe das Gefühl, dass die Wertschätzung für die Ortsbepflanzung steigt.“

Beete naturnaher gestalten

Überhaupt schenkt Küsel der Gestaltung der Blumenrabatte und Bepflanzung im Ort ein besonderes Augenmerk. Auf den ersten Blick sehen die städtischen Beete am Straßenrand jetzt im Spätherbst unaufgeräumt aus. Doch Küsel verfolgt dabei einen größeren Plan: Die Beete sollen naturnaher gestaltet werden. Herabgefallenes Laub bietet Schutz für kleinste Tiere, unterdrückt den Unkrautwuchs und versorgt die Erde beim Verrotten mit Nährstoffen, erläutert sie. An verschiedenen Stellen hat Küsel bereits Stauden gepflanzt: „Die Blühpflanzen plane und gestalte ich größtenteils selbst. Die Grünanlagen sind ein Steckenpferd von mir“ – und im kommenden Jahr wird ein Tulpenmeer entlang des Weges am modernen Bürgerhaus vorbei zu den Mondlöscher-Figuren erblühen.

Ortsbürgermeisterin Karin Küsel leitet seit rund achteinhalb Jahren die Geschicke Urbars.
Mira Zwick

Die Geschichte der Mondlöscher, die Pate für den Spitznamen der Urbarer stehen, geht verkürzt so: An einem Herbstabend Ende des 19. Jahrhunderts färbte sich der Himmel hinter dem Mallendarer Berg blutrot. Die Urbarer vermuteten einen Scheunenbrand und rückten mit einem Spritzenwagen den Krebsberg hinauf aus. Oben angekommen, entdeckten sie die Ursache: Kein Feuer, sondern ein blutroter Mond hatte den Horizont in ein seltenes Licht getaucht. „Der Einsatz hat sich nicht gelohnt, es war kein Feuer, es war der Mond“, steht auf der Inschrift der beiden gen Mallendarer Berg blickenden Figuren.

Der Weg, den die Ortschefin beim Spaziergang durch ihre Gemeinde einschlägt, führt durch die Straße „Am Sportplatz“, die Schulstraße und am Kirchplatz vorbei, „alles Namen, die etwas bezeugen, was es heute nicht mehr gibt“, sagt sie mit einem Grinsen: die Kirche ist in den letzten Kriegstagen zerbombt worden, Schule und Sportplatz umgezogen.

Kita ausbauen

Dafür steht sie nun vor der ehemaligen katholischen Kita, in die perspektivisch die eingangs erwähnte kommunale Kita einziehen wird, weil diese – vor 14 Jahren wegen des aufkommenden Mehrbedarfs durch das Neubaugebiet als Provisorium gebaut und einmal erweitert – ihre Kapazitätsgrenzen sind erreicht. Doch vor dem Umzug muss die ehemalige katholische Kita komplett entkernt und saniert werden – Küsel rechnet mit Kosten von rund 3 Millionen Euro, Geld, das wegen des Rechtsanspruchs auf Betreuung in die Hand genommen werden muss. „Das ist mir eine Herzensangelegenheit, dass wir ein gutes Angebot für Kinder und Jugendliche haben. Das ist einfach wichtig für den Ort“, ist Küsel überzeugt.

Wermutstropfen ist jedoch die starke Verkehrsbelastung, von der die teils engen Arenberger und Hauptstraße betroffen sind.
Mira Zwick

Künftig werden die Kindergartenkinder der kommunalen sowie der katholischen Kita Hof an Hof spielen können, denn diese ist jüngst in den angrenzenden Neubau umgezogen. In unmittelbarer Nähe zu diesen Einrichtungen befindet sich auch der Jugendtreff der Gemeinde. Um den zu realisieren, hat die Gemeinde einen nicht alltäglichen Deal mit der katholischen Kirche abgeschlossen: Er befindet sich im Keller der katholischen Kirche St. Peter und Paul, deren Neubau vor rund zwei Jahren fertiggestellt wurde.

„Dass sie neu gebaut wurde, stand immer auf des Messers Schneide“, erzählt Küsel und ist froh über die Lösung, die gefunden wurde: Die Kommune finanzierte den Bau des Jugendtreffs, nicht zuletzt durch eine großzügige Spende von Eberhard Ehl, wie Küsel erwähnt, die Kirche den Rest. Lediglich der alte Glockenturm ist vom Vorgängerbau geblieben.

Über ein Pfädchen, der noch hergerichtet werden soll, gelangen Fußgänger auf die Straße „In den Büngerten“, die in die Gartenstraße mündet, und die Küsel wegen des starken Verkehrs vor allem zu Bring- und Holzeiten der Kitakinder Sorgen bereitet. „Wir überlegen, dass die Straßen zu Einbahnstraßen werden“, berichtet die Ortschefin – eine von vielen weiteren Maßnahmen, die in einem Verkehrskonzept, erarbeitet von Ortsgemeinde und Gremien, zusammengefasst sind. „Eine Planerin wird die nächsten Schritte vorgeben und die Umsetzung begleiten“, erklärt Karin Küsel. 2023 soll es an die Umsetzung gehen.

Sorge bereiten ihr aber auch Haupt- und Arenberger Straße, die den Ort durchschneiden, abschnittsweise nur einspurig befahrbar ist und schon jetzt mit viel Verkehr belastet sind. Und das Verkehrsaufkommen wird sich durch den Ausbau der Fritschkaserne, wo Wohnraum für 2000 Menschen sowie Büroräume entstehen sollen, noch weiter verschärfen, vermutet Küsel. Eine Dunkelampel für Busse in dem Bereich, wo der Verkehr nur einspurig möglich ist, sei bereits beschlossen. Als weitere Lösung schlägt sie beispielsweise auch für die Hauptstraße Einbahnstraßenverkehr vor. „Das wird nicht konfliktfrei vonstattengehen“, ist sie sich jetzt schon sicher, doch es ist ihr wichtig, den dörflichen Charakter der Gemeinde zu erhalten und weiter herauszustellen.

Eine frühere Maßnahme war dazu, die ehemalige Kreisstraße, die nach Mallendar führt, herabzustufen. Dadurch ist die Gemeinde zwar für die Unterhaltung der Straße zuständig, ist damit aber auch in der Lage, auf die Gestaltung Einfluss zu nehmen: „Sie soll mehr Ortsstraßencharakter bekommen“, kündigt Küsel an.

Ultranet: Gemeinde will Einfluss nehmen

Ein weiteres Thema, das Karin Küsel auf den Nägeln brennt und worauf sie bald möglichst Einfluss nehmen möchte, ist das Ultranet-Projekt, das Urbar direkt betrifft. Denn die Stromtrasse, über die künftig Gleich- und Wechselstrom fließen sollen, führt direkt über Urbar hinweg. Dem Vorschlag, die Leitungen unterirdisch zu verlegen, wurde bereits eine Absage erteilt. Doch Küsel steht in den Startlöchern: „Wir warten derzeit auf die Vorgaben von Amprion, um dann dazu Stellung zu beziehen.“ Wie es ausgeht, wird die Zukunft zeigen.

Aber auch dieses Beispiel zeigt, dass es Küsel wichtig ist, den Ort aktiv mitzugestalten. „Urbar ist groß genug, um viele Möglichkeiten bei der Gestaltung zu haben, und klein genug, um über die dörfliche Struktur den Überblick zu behalten“ – auch wenn es viel Arbeit sei. Doch das Amt der Ortschefin und das entgegengebrachte Vertrauen bedeuten ihr sehr viel: „Ich bin viel im Gespräch mit den Bürgern. Wenn sie ein Anliegen haben, dann schaue ich, dass ich helfen kann. So verstehe ich mein Amt.

Zahlen, Fakten, Wissenswertes

Erstmals urkundlich erwähnt: 1167 unter der Bezeichnung Overare

Einwohnerzahl: 3171 (Stand 31. Dezember 2021)

Fläche: 3,46 km2

Ortsbürgermeisterin: Karin Küsel

Sehenswertes: Klostergut Besselich, einst ein Frauenkloster, in dem auch Beginen lebten; Ausblick auf Rhein, Mosel und Niederwerth, beispielsweise vom Aussichtspunkt, auf den ein Fußweg in Höhe der Hauptstraße 104 führt

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