Koblenz
Diskussion mit Innenminister in Koblenz: Übergriffe auf Polizei immer häufiger

Symbolbild

dpa

Koblenz. Personell und materiell scheint die Polizei in Rheinland-Pfalz gar nicht so schlecht aufgestellt zu sein, wie Kritiker gerne behaupten. Dennoch wird die Arbeit der Beamten immer schwieriger und gefährlicher - vor allem weil der Respekt vor Uniformierten stark gesunken ist.

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Von unserem Mitarbeiter Reinhard Kallenbach

Die Folge: Übergriffe und Körperverletzung. Sogar die Mitarbeiter von Rettungsdiensten sind von diesem schlimmen Trend betroffen. Vor diesem Hintergrund hatte die Koblenzer SPD Bürger im Rahmen ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Stadt – Land – Bund“ zu Bestandsaufnahme und Diskussion eingeladen.

„Das geht gar nicht“, so Roger Lewentz beim Auftakt der Runde in der Koblenzer Brauerei. Der Innenminister erinnerte an einen folgenreichen Zwischenfall aus dem Rhein-Lahn-Kreis, bei dem ein Polizist von zwei Streithähnen derart zugerichtet wurde, dass er noch heute unter seinen Verletzungen leidet und den Polizeidienst verlassen musste. Das Extrembeispiel steht für einen besorgniserregenden Trend: Meldete das Innenministerium für 2011 noch 1115 Angriffe auf Polizeibeamte, waren es 2012 bereits 1584.

Ein Jahr später gab es noch mal einen Anstieg auf 1683 Fälle – die allerdings meistens glimpflich ausgingen. Die Zahl der tatsächlichen Körperverletzungen liegt deutlich niedriger. Für 2011 wurden 465 Fälle gemeldet, für 2012 eine Steigerung auf 522 und 2013 dann ein leichter Rückgang auf 493 Fälle. Anders das Bild bei den gefährlichen Körperverletzungen. Wurden für 2011 50 Fälle gemeldet, stieg die Zahl 2012 auf 67 und ein Jahr später auf 90 Fälle.

Roger Lewentz machte als Brennpunkte vor allem Fußballstadien aus. „Das geht bis zur fünften oder sechsten Liga hinunter“, erklärte der Innenminister. Das bedeutet: Zusätzliche Belastungen für die Bereitschaftspolizei, die bekanntlich bei größeren Ereignissen auch in anderen Bundesländern aushelfen muss. Diese Zunahme von Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft führt aber auch dazu, dass die Beamten vor allem in den kleineren Polizeiinspektionen oft am Limit arbeiten.

Es kam nicht von ungefähr, dass sich mehrere Polizeibeamte und ein Repräsentant der Polizeigewerkschaft in der Runde zu Wort meldeten, die nach Aussage der Gastgeber David Langner und MdB Detlev Pilger keine Wahlveranstaltung sein sollte. Und so nutzten Bürger die Chance nachzuhaken. Natürlich spielten dabei die jüngsten Auseinandersetzungen über die Abhöraktion der Geheimdienste auch eine Rolle – die freilich nicht in der Zuständigkeit des Ministers liegen. Lewentz versicherte, dass die Eingriffe des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes marginal seien.

Intensiv war die Diskussion über die personelle Ausstattung der Polizei. Laut Innenministerium stehen derzeit rund 9317 Polizisten im Dienst des Landes. Der Minister erinnerte daran, dass es 1991 noch 8800 Beamte waren. Die Diskussion machte deutlich: Beim Vergleich muss man jedoch berücksichtigen, dass der Anteil der Teilzeitstellen gestiegen ist. Allerdings verwies Roger Lewentz darauf, dass die bereits 2003 vom Landtag einstimmig beschlossene Reduzierung auf 9014 Beamte (was 8800 Vollzeitstellen entsprechen würde) nicht umgesetzt wurde. Im Gegenteil: Um die Pensionierungswelle abzufangen, werden jährlich nicht mehr 350, sondern 450 Anwärter eingestellt.

Aktuell studieren an der Polizeihochschule am Flugplatz Hahn 1300 junge Männer und Frauen. Eine rheinland-pfälzische Spezialität ist, dass alle Polizisten im gehobenen Dienst arbeiten. Bewerber mit mittlerer Reife werden über die Berufsfachschule in Lahnstein an die Fachhochschulreife herangeführt.

Auch für die „alten Hasen“ soll es Anreize geben. Im Mai 2015 soll es 1000 Beförderungen geben. Insofern verwundert es nicht, dass die Besoldung nicht moniert wurde. Ein wunder Punkt bleibt dagegen angesichts steigender Gewaltbereitschaft die Frage nach der personellen Ausstattung.

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